Mettmann Was ein Schreiber in der Region erlebt

Mettmann · Einen höchst vergnüglichen literarischen Abend erlebte das Publikum im Sommergarten des Neanderthal Museums. Tilman Strasser, ein Tausendsassa unter den Literaten, weilte auf Einladung des Literatur- Residenzprogrammes der zehn Kulturregionen in NRW im Bergischen Land und stellte seine dort entstandenen Texte vor.

 Regionenschreiber Tilman Strasser als Vorleser. Dem Vernehmen nach will er noch eine Weile auf eigene Rechnung im Tal bleiben.

Regionenschreiber Tilman Strasser als Vorleser. Dem Vernehmen nach will er noch eine Weile auf eigene Rechnung im Tal bleiben.

Foto: Köhlen, Stephan (teph)

 Hinter diesem etwas sperrigen Titel verbirgt sich eine geniale Idee: Autoren können sich um ein Stipendium bewerben, in einer bestimmten Region des Landes die Funktion eines (mittelalterlichen) Stadtschreibers einzunehmen. Für vier Monate können sie dort wohnen und leben, um Land und Leute kennenzulernen und ihre Erlebnisse niederzuschreiben.

Martin Richter, Kreisdirektor und Kämmerer des Kreises Mettmann und auch zuständig für Kultur und Tourismus, würdigte in seiner Laudatio die federführende Arbeit von Meike Utke vom Regionalen Kulturprojekt, denn für das Stipendium galt es rund 130 Bewerbungen zu sichten und zu bewerten und alles in Corona-Zeiten zu organisieren. 

Damit es zum Abschluss des Stipendiums nicht „nur“ eine Lesung wurde, war auch der freischaffende Autor Yannik Han Biao Federer eingeladen, der selbst vor kurzem als Regionalschreiber im westfälisch-lippischen Bereich tätig war. In Mettmann half er dabei, Tilman Strasser und seine Arbeit zu ergründen. Allein das Zwiegespräch der beiden Wortkundigen war die Anreise wert.

Strassers Tor zum Bergischen Land waren die Menschen. Und so hat er sich aufgemacht, welche zu finden, mit ihnen ins Gespräch zu kommen, um dann seine Eindrücke in Worte zu kleiden. So entstand ein Baustein für das kulturelle Mosaik NRW. Köstlich das Gespräch mit dem Besitzer eines Bestattungsunternehmens. Der Nimbus des Todes, das verkrampfte Umgehen mit dem natürlichen Ende: Der Bestatter hat zwei Stunden nonstop geredet, auf frühere Zeiten verwiesen, als Tote noch zu Hause im besten Zimmer, das nur zu ganz besonderen Anlässen geheizt wurde, von Kindern und Enkeln verabschiedet wurde. Dass Kinder heute ferngehalten werden von Beerdigungen, obwohl sie eigentlich die besten Trauerbegleiter sind. Tod muss keine Angst machen. Nein, der Abschied soll gefeiert werden, sogar im Brauhaus. Von den 37 Fragen, die sich Tilman Strasser notiert hatte, konnte er wegen der Redefreudigkeit des Bestatters gerade einmal zwei zu stellen. 

Strasser ist Literaturvermittler, Journalist, Theaterkritiker, Drehbuchautor und Autor seines bisher ersten Romans.„Hasenmeister“. In der Stille des Neandertals hat der Schreiber die Ruhe gefunden, das Konzept für einen zweiten Roman zu entwerfen. Der Gegensatz Großstadt und ländliches Gebiet nimmt in seinen Empfindungen großen Raum ein. Eine Region wie das Bergische Land im vier Monaten zu begreifen, das ist unmöglich. Aber einzelne Menschen, die ihm in großer Offenheit entgegenkamen, ihn teilhaben ließen und die Ruhe, die ihm konzentriertes Arbeiten ermöglichte, das vermittelte ihm eine andere Anschauung, erzählte er.

„Wie schaffst du das, derartunterschiedliche Themen und Anforderungen, Journalist, Autor, auseinander zu halten,“ fragte Yannik Han Biao Federer. „Das ist kein Problem – wie in einer Kommode, ein jedes Thema ist in einer Schublade.“ Und noch einem weiteren Metier widmet sich Tilman Strasser, dem Limmerick (scherzhaftes Gedicht in fünf Zeilen). Ein Beispiel: „Ein Ritter aus bergischem Lande/stritt einst mit diebischer Bande/er stritt gar mächtig und ritterte prächtig/ und floh – aber das nur am Rande.“

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