Mettmann Warum wir (nicht mehr) rauchen

Mettmann · In Kneipen und Restaurants, auf Bahnsteigen sowie in öffentlichen Gebäuden ist das Rauchen schon lange verboten. Es gibt weniger Raucher, auch bei Jugendlichen. Dennoch bleibt der Tabakkonsum auf hohem Niveau.

 2014 wurden in Deutschland 80 Milliarden Fertigzigaretten und 40 Milliarden selbst gedrehte Zigaretten geraucht.

2014 wurden in Deutschland 80 Milliarden Fertigzigaretten und 40 Milliarden selbst gedrehte Zigaretten geraucht.

Foto: dpa, fz ah

2014 wurden in Deutschland 80 Milliarden Fertigzigaretten und 40 Milliarden selbst gedrehte Zigaretten geraucht. Jeden Tag sterben 300 Deutsche an den Folgen des Tabakkonsums. Am Sonntag ist Weltnichtrauchertag. Die Weltgesundheitsorganisation will so auf durch Tabakkonsum verursachten Todes- und Krankheitsfälle aufmerksam machen.

 Uwe Reimann, RP-Redakteur

Uwe Reimann, RP-Redakteur

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13 Jahre ohne Zigarette

Rauchen aufhören muss man von heute auf morgen. Anders funktioniert das nicht. Und bitte nicht die verschwurbelten Formeln vom Noch-nicht-ganz-bereit-sein oder Ich-brauche-erst-ein-echtes-Ziel. Die verlängern nur die letzte Zigarette.

Ich habe 20 Jahre geraucht, am Ende war eine Packung am Tag Standard. 2002 dann die letzte Zigarette. Sofort, ohne Sinkphase . . . 3 . . . 2 . . .1. Der Entzug ist ohnehin hart genug. Das Denken an die Kippe vor dem morgendlichen Zähneputzen hört erst auf, wenn die ersten Partys mit rauchenden Freunde und viel Alkohol überstanden sind. Diese Unruhe im Kopf ist schrecklich. Der körperliche Entzug und auch der seelische können dauern. Zum ersten Mal weiß man nicht wohin mit den Händen, wenn dort zwischen den Fingern bisher eine Kippe steckte.

Doch der Lohn ist ein großer. Das Atmen nach etlichen rauchfreien Jahren ist grandios. Und wer zum ersten Mal die Sensibilität seiner Nase entdeckt, weiß, dass Gerüche viel mehr sind als nur heiß-kalt oder süß-sauer.

Das hat noch einen anderen entscheidenden Vorteil. Wer als Raucher früher morgens um Vier von einer rauchgeschwängerten Party nach hause kam, zog am nächsten Tag ohne Hemmungen sein T-Shirt oder Hemd wieder an. Da roch nix. Besser gesagt: Da konnte man nichts riechen, denn wer das heute als Nichtraucher macht, glaubt eher an einen Teergehalt von mindestens 50 Prozent im Hemd.

Studien sagen: Nach zehn rauchfreien Jahren sollen alle körperlichen Beeinträchtigungen und Schäden weg sein. Selbst wenn's nicht ganz stimmen sollte: Man fühlt sich aber so.

UWE REIMANN

 Christoph Zacharias, RP-Redakteur

Christoph Zacharias, RP-Redakteur

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Endlich Nichtraucher

Ein bisschen stolz bin ich schon: Seit drei Monaten bin ich rauchfrei. Der Entschluss weg vom Glimmstängel war schon länger gereift - doch alle bisherigen Versuche schlugen leider fehl. Viel geraucht habe ich freilich nie. Das lag daran, weil ich immer Sport getrieben habe. Früher mehr - im Alter weniger. Anfangs rauchte ich filterlose Zigaretten, dann welche mit Filter (manchmal habe ich ihn abgebrochen), schließlich nur "leichte" Zigaretten. Trotzdem habe ich gemerkt, dass mir das Rauchen nicht bekommt.

Die Grippe in diesem Februar hatte etwas Gutes. Ich hatte kein Verlangen mehr nach einer Zigarette. Als ich nach einer Woche wieder gesund war und hätte rauchen können, ließ ich es einfach sein. Schalter im Kopf umgelegt. Von heute auf morgen. Okay: Einfach war es anfangs nicht. Beim Gläschen Wein im Freundeskreis bekam ich schon Lust auf eine Zigarette. Doch ich blieb standhaft. Seitdem geht es mir viel besser: mehr Luft, keine Magenprobleme, keine Kopfschmerzen mehr. Joggen macht wieder Spaß, weil ich mehr Kondition habe und länger laufen kann. Das Problem: Ich habe zugenommen. Der Bauch muss weg. Also Ernährung umstellen und mehr Sport. Das Fahrrad habe ich überholen lassen. Es wird wieder mehr als früher genutzt. Und noch was: Vor vier Jahren hatte ich einen Herzinfarkt, durfte eigentlich gar nicht mehr rauchen. Habe es aber dennoch getan. Eigentlich unverantwortlich. Ich glaube, ich habe es jetzt geschafft und bin endgültig im Club der Nichtraucher angekommen. Übrigens: Meine Frau und meine Kinder finden es ganz toll, dass ich nicht mehr rauche, und sind auch ein bisschen stolz auf mich.

CHRISTOPH ZACHARIAS

 Marita Jüngst, RP-Redakteurin

Marita Jüngst, RP-Redakteurin

Foto: Janicki, Dietrich (jd-)

Qualmen ist ein Genuss

Ehemalige Raucher haben es leicht davon zu erzählen, warum sie aufgehört haben und wie sie es geschafft haben. Zurecht können sie stolz auf sich sein. Doch was sollen die Raucher sagen? Gibt es einen triftigen Grund zu rauchen? Wohl nicht. Die Frage nach dem warum lässt sich deshalb auch kaum beantworten. Warum esse ich Fisch in allen Variationen, mag aber keine Linsensuppe? Und warum mag ich die Farbe Rot lieber als Blau? Auch auf diese Fragen finde ich so recht keine Antwort. Zumindest nicht auf die Schnelle.

Was sich aber halbwegs erklären lässt, ist die Lust auf eine Zigarette nach einem leckeren Essen. Da kommt Genuss zu Genuss - aus Sicht eines Rauchers versteht sich. Aber das Vergnügen kann man sich heute nur noch in den eigenen vier Wänden leisten. Sonst heißt es verzichten oder raus vor die Tür.

Und dort trifft man dann die anderen Raucher, die sich mittlerweile wie eine verschworene Gemeinschaft um den Aschenbecher vorm Lokal aufreihen und dabei wie selbstverständlich ins Gespräch kommen. Das kann dann auch schon mal etwas länger dauern. Und da die Nichtraucher drinnen nicht so lange allein am Tisch sitzen wollen, gesellen sie sich irgendwann dazu. Also alles so wie früher, nur nicht mehr drinnen, sondern draußen.

Ach ja, die Frage nach dem warum haben wir immer noch nicht geklärt. Ich werde mal genauer darüber nachdenken, oder vielleicht doch aufhören, nur um dann beim nächsten Weltnichtrauchertag stolz davon zu erzählen, warum es doch viel besser, gesünder und befreiender ist, Nichtraucher zu sein. Dann hätte ich bestimmt viel mehr zu erzählen.

MARITA JÜNGST

(RP)
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