An(ge-)dacht Vieles vermag uns strahlen zu lassen

Mettmann · Paul hat Geburtstag. Als er sein Geschenk überreicht bekommt, ist er zunächst enttäuscht. Offensichtlich ist es kein Smartphone. Auch Inliner, die er sich gewünscht hat, können es nicht sein, weil er nur einen Umschlag bekommt.

Als er den Umschlag öffnet, findet er darin eine Eintrittskarte zu dem Spiel der Fortuna in Frankfurt. Paul strahlt und macht einen Luftsprung. Und als er den beiliegenden Brief liest, strahlt er noch viel mehr: Papa und Onkel Matthias fahren mit nach Frankfurt. Anschließend schauen sie sich gemeinsam noch ein wenig die Stadt mit ihren riesigen Wolkenkratzern an. Mama hat wie immer den Fotoapparat in der Hand und schießt ein Foto nach dem anderen. Eigentlich mag Paul das nicht, aber heute lässt er das über sich ergehen. Einen ganzen Tag mit Papa und Onkel Matthias! Er kann es noch gar nicht fassen.

Aus der Bibel kennen wir ein solches Strahlen auch: Wir nennen die Szene auf einem Berg Verklärung. Es heißt: Jesu Gesicht leuchtete wie die Sonne. Das wichtigste dieser Szene ist dabei die Stimme, die spricht: Du bist mein geliebtes Kind; du gefällst mir. So wie Paul strahlt, als er den Wert des Geschenkes erfasst, so strahlen alte Menschen im Krankenhaus, wenn sie lieben Besuch bekommen. Ein nettes Wort, eine Aufmerksamkeit in der Partnerschaft, ein Lob, ein Kompliment: Vieles vermag uns strahlen zu lassen.

Und das gerade, weil es die andere Seite der Medaille auch gibt: Leid und Freud, Licht und Schatten liegen oft nah beieinander. Wenn wir uns aufmerksam begegnen, können in Leid und Schmerz Augenblicke der Verklärung dringen, Momente, die geradezu verzaubern und einen strahlen lassen.

In Pauls Gesicht bleibt das zufriedene Grinsen mindestens bis zum Spielbeginn in Frankfurt erhalten. Hoffentlich spielt Fortuna gut und am besten ist, sie gewinnt, aber auch das ist nur eine Seite der Medaille. Die Hauptsache für Paul ist, dass am Samstag Papa und Onkel Matthias den ganzen Tag nur für ihn da sind.

Joachim Lenninghausen, Katholischer Krankenhausseelsorger im Evangelischen Krankenhaus Mettmann

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort