Mettmann Streit um Opfertafeln und Herbrig-Platz

Mettmann · Die CDU hat Vorbehalte gegen Anträge von "Mettmann gegen Rechts" und vom Bündnis für Zivilcourage und Toleranz.

 Markus Kier, Mitglied des Mettmanner Bündnisses für Toleranz und Zivilcourage, stellte den Antrag, drei Tafeln am Mahnmal am Lavalplatz mit 162 Namen von Menschen aufzustellen, die unter dem Naziregime gelitten hätten beziehungsweise ermordet worden seien.

Markus Kier, Mitglied des Mettmanner Bündnisses für Toleranz und Zivilcourage, stellte den Antrag, drei Tafeln am Mahnmal am Lavalplatz mit 162 Namen von Menschen aufzustellen, die unter dem Naziregime gelitten hätten beziehungsweise ermordet worden seien.

Foto: Blazy, Achim

Der Bürgerausschuss beschäftigte sich in seiner jüngsten Sitzung unter anderem mit zwei Themen, die die Geschichte Mettmanns während der Naziherrschaft betreffen.

Der Verein "Mettmann gegen Rechts - für Menschenwürde" hatte den Antrag gestellt, einen Platz in Höhe des Kreisverkehrs an der Bismarckstraße nach Max Herbrig zu benennen. Diese Fläche soll im Rahmen des Innenstadt-Entwicklungskonzeptes in den nächsten Monaten ein neues, sprich schöneres Gesicht bekommen.

Arnd Julius, der Enkel von Max Herbrig, war extra aus Forchheim zur Bürgerausschuss-Sitzung nach Mettmann gekommen und schilderte in bewegenden Worten das Schicksal seines Großvaters. Demzufolge war der in Thüringen geborene Feinmechaniker im Jahre 1923 aus Gelsenkirchen nach Mettmann gezogen. Im gleichen Jahr wurde er Leiter des Mettmanner Büros des Deutschen Metallarbeiterverbandes und kurz darauf als SPD-Fraktionsvorsitzender zum Mitglied der Stadtverordnetenversammlung gewählt. Herbrig engagierte sich vor allem für soziale Belange in den Mettmanner Betrieben und für den genossenschaftlichen Wohnungsbau. Außerdem war Herbrig Mitglied der antifaschistischen "Eisernen Front" gewesen und nach einer Durchsuchung des Gewerkschaftsbüros durch SA-Schergen für mehrere Tage in "Schutzhaft" genommen worden.

Max Herbrig floh daraufhin zu seiner Tochter nach Thüringen, um dort unter ständiger polizeilicher Kontrolle zu leben und sich "still" zu verhalten. Nach der Rückkehr nach Mettmann wurde er nochmals im Zuge der "Aktion Gewitter" für einige Tage in "Präventivhaft" genommen. Beim Einzug der Amerikaner wurde Herbrig am letzten Kriegstag am 16. April 1945 durch einen Granatsplitter im Garten des Wohnhauses der Familie an der Gartenstraße schwer verletzt. Am Abend starb er im evangelischen Krankenhaus. Nach Aussagen seines Enkels wurde ihm eine Bluttransfusion verwehrt. Ein Mettmanner Nazi habe dies verhindert. "Es wäre eine große Ehre posthum für meinen Großvater und für meine Familie, wenn ein Platz oder eine Straße nach Max Herbrig benannt würde", sagte Arnd Julius sichtlich gerührt. "Die Nazis haben das letzte Jahrzehnt meines Großvaters zerstört. Er konnte kein freies Leben mehr führen." Die Aussage, dass Herbrig am Tag des Einmarsches der Alliierten betrunken vom Frühschoppen auf den Jubiläumsplatz getorkelt sei, gehöre ins Reich der Märchen und habe mit der Wahrheit nichts zu tun. Die CDU hatte Vorbehalte gegen eine Platz- oder Straßenbenennung. Man könne schlecht eine Prioritätenliste aufstellen, die aufzeige, wer es verdiene, im Zusammenhang mit erlittener Nazigewalt besonders gewürdigt zu werden, sagte Richard Bley von der CDU-Fraktion. Alle anderen Fraktionen folgten dem Antrag von "Mettmann gegen Rechts" und votierten dafür, das Thema im Planungssauschuss zu behandeln.

Markus Kier, Mitglied des Mettmanner Bündnisses für Toleranz und Zivilcourage, stellte den Antrag, drei Tafeln am Mahnmal am Lavalplatz mit 162 Namen von Menschen aufzustellen, die unter dem Naziregime gelitten hätten beziehungsweise ermordet worden seien. Rainer Köster habe nach jahrelangen Recherchen diese Liste zusammengestellt, die sich auf Archive und Aussagen von Zeitzeugen stützt. Die drei Tafeln würden insgesamt 720 Euro kosten. Die CDU wollte diesen Antrag gar nicht behandeln und von der Tagesordnung nehmen. Grund: Der Antrag sei auf einem Vordruck des Jugendamtes Mettmann (Kier arbeitet dort) geschrieben worden und nicht auf einem Blatt Papier mit dem Briefkopf des Bündnisses für Toleranz und Zivilcourage. Außerdem sei es problematisch, Menschen, die von der Gestapo für einige Stunden verhört worden seien, im gleichen Atemzug mit denjenigen Mettmannern zu nennen und ihrer zu gedenken, die im KZ oder in einer Nazi-Hinrichtungsstätte ermordet wurden. Und: Möglicherweise seien die Recherchen von Köster doch nicht so "wasserdicht", wie dargestellt. Und was passiere, wenn weitere Namen hinzugefügt werden müssten? Die CDU war gegen eine Überweisung in den Kulturausschuss, alle anderen Fraktionen stimmten dafür.

(RP)
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