Mettmann Stadt zeigt Rolli und Rollator die Kante

Mettmann · Mettmann steckt voller Barrieren für Menschen mit Gehhilfen. Die Awo dokumentiert Stolperfallen in App-Einträgen..

 Rollstuhlfahrer Gernot Schönenberg stößt im Straßenverkehr auf viele Hindernisse.

Rollstuhlfahrer Gernot Schönenberg stößt im Straßenverkehr auf viele Hindernisse.

Foto: stephan köhlen

Hier zeigt Stadtplanung Gernot Schönenberg die klare Kante: Gegenüber vom Parkhaus Neanderstraße verhindert ein Bürgersteig das Fortkommen des Rollstuhlfahrers. Aus eigener Kraft käme er nicht über den Rinnstein hinaus: "Ich müsste etliche Meter bis zur nächsten Straßenecke auf der Fahrbahn fahren, um es dort zu versuchen", sagt Schönenberg, leise resignierend. Er kennt das längst. Schon der nächste Autofahrer könnte Schönenberg in seinem Rolli mit Elektroantrieb auf der Fahrbahn übersehen.

Um Barrieren wie diese für Rollstuhlfahrer und Rollatornutzer ging es bei einer Stadtrunde der Arbeiterwohlfahrt, Awo. Ein Dutzend Menschen mit und ohne Handicap machte sich am Dienstagnachmittag auf den Weg. Die Polizei entsandte Polizeihauptkommissar Elmar Graé. Beamtete Stadtplaner waren ebenfalls eingeladen, hatten aber wie zuvor im Februar nicht reagiert, so Barbara Buscher-Sander vom Awo-Treff an der Gottfried-Wetzelstraße: "Wir hoffen, dass die ehrenamtliche Behinderbeauftragte Mabel Stickley unsere Erkenntnisse weiterträgt."

Und da gibt es einiges. Stadtgeschichtshaus und Caritas-Geschäftsstelle in der Oberstadt haben ebenso wie ein neu eröffnetes Sanitätshaus etliche Treppen vor den Eingangstüren. "Wir halten für unsere Kunde eine Rampe bereit", ruft die Verkäuferin des Gesundheitsladens, als die Awo-Gruppe vor dem Schaufenster stoppt. Die Rampe muss allerdings extra aufgebaut werden . "Da wäre es gut, wenn Sie sich telefonisch anmelden würden."

Eben! Genau darum geht's: Spontan per Rollstuhl oder Rollator in Mettmann etwas zu unternehmen oder einzukaufen - das ist kaum möglich. Seniorin Marlies Boeken stuckert mit ihrem Rollator und bemerkenswerter Energie das Pflaster zum Markt in der Oberstadt hinauf. "Wenn es hier wenigstens eine glatte Fahrspur für uns gäbe; das würde schon helfen", sagt sie, während die schwarzen Griffe unter ihren Händen regelrecht ausschlagen. Klaus Bartel von der Initiative Oberstadt, gibt ihr sofort Recht - ABER: "Für das Pflaster hier gab es Fördermittel. Es darf noch mehrere Jahre lang nicht verändert werden."

So ist immer etwas, selbst an der Kante Neander-/Bismarkstraße. Die sieht für Nicht-Betroffene optimal aus: Nur drei Finger hoch, mit abgerundeter Kante. "Das ist ein echtes Hindernis", warnt Rollstuhlfahrerin Nicole Meyer. Nur wer den Mini-Absatz rückwärts anfährt, kommt weiter. Die Mini-Vorderräder würden sofort steckenbleiben.

Nicole Meyer be-sitzt einen Nobel-Rolli. Mit großer Batterie, großen Rädern und Joystick-Steuerung. "Wenn andere Autofahrer zu dicht an meinem Wagen parken, kann ich den Heck-Lift nicht benutzen", weiß sie. Und neulich im Kino verbrachte sie den Abend auf dem nagelneuen Behindertaufzug. Der sollte laut Aufschrift 400 Kilogramm heben, machte aber unter 250 Kilogramm Mensch und Maschine schlapp. "Es dauerte anderthalb Stunden, mich zu befreien." Da war der Film längst gelaufen.

(RP)
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