Tennis Trainieren wie die Profis

Hilden · Talent allein reicht nicht, um einmal Tennis-Profi zu werden. Wie es richtig geht, erklärt Marc-Kevin Goellner, der im deutschen Davis-Cup-Team stand, begabten Kindern in der Bungert-Ranch.

 Tobias Varzandeh (l.) und Carolin Raschdorf lernen vom Davis-Cup-Gewinner Marc-Kevin Goellner.

Tobias Varzandeh (l.) und Carolin Raschdorf lernen vom Davis-Cup-Gewinner Marc-Kevin Goellner.

Foto: Olaf Staschik

Marc-Kevin Goellner hat im Tennis eine Menge erlebt. 14 Jahre lang war er als Profi auf der Tour unterwegs, stand sieben Jahre unter den Top 100 der Weltrangliste. Seine beste Position: Rang 26 im Einzel, Rang 25 im Doppel. Zu seinen sportlichen Höhepunkten gehörte 1991 der Sieg im Davis-Cup-Finale - es war sein erster Einsatz für Deutschland überhaupt. Danach trat der in Rio de Janeiro geborene Deutsche noch acht Jahre für das Davis-Cup-Team an.

Der Sohn eines Diplomaten wuchs in verschiedenen Ländern auf, wurde letztlich mit 16 in Deutschland sesshaft. Zu seinen größten Erfolgen auf der ATP-Tour gehörte 1993 der Sieg in Nizza im Einzel-Finale über Ivan Lendl. An der Seite von David Prinosil gewann er im Doppel bei den French Open und bejubelte mit seinem Partner 1996 bei den Olympischen Spielen in Atlanta Bronze.

Heute spielt Marc-Kevin Goellner für den TTC Brauweiler in der 1. Verbandsliga. Sein Fokus im Tennis liegt längst auf der Förderung des Nachwuchses und deshalb gründete er 2009 eine eigene Tennisakademie. Das Ziel: Kinder und Jugendliche auf den Sport mit all seinen Unwägbarkeiten vorzubereiten. Denn Goellner selbst hat in seiner Karriere nicht nur Höhen erlebt, sondern auch Tiefen. Und seine Erfahrungen - die guten wie die schlechten - will der 45-Jährige an Tennis-Talente weitergeben, damit sie sich bestmöglich entwickeln können.

Seinen Stützpunkt hat Goellner in Köln, doch einmal die Woche kommt er für einen Tag nach Hilden in die Tennis-Ranch von Wilhelm Bungert, um hier begabte Kinder aus dem Raum Düsseldorf zu fördern. Das Training ist intensiv, denn neben anderthalb bis zwei Stunden Tennis steht auch noch eine einstündige Konditionseinheit auf dem Programm. "So intensiv habe ich früher nicht trainiert", sagt Goellner. Und betont: "Die Kinder sollen lernen, professionell zu trainieren." Denn Kleinigkeiten entscheiden über Sieg oder Niederlage. In puncto Technik sind "fast alle gleich stark", erklärt Goellner. Den Unterschied mache die Athletik: "Die Geschwindigkeit im Tennis hat sich enorm erhöht." Spannende Matches, die über mehrere Stunden gehen, erfreuen den Zuschauer, dem Spieler aber fordern sie körperlich eine Menge ab. Wer nicht fit ist, bekommt Muskelkrämpfe und kann dann sein spielerisches Potential nicht mehr ausschöpfen.

Zur Fitness gehört eine gesunde Ernährung. Auch dieses Bewusstsein will Goellner bei den Tennis-Talenten entwickeln. Ein weiterer Aspekt ist das Mentaltraining. "Die Kinder sollen sich besser konzentrieren und eine Niederlage schneller abhaken können", erklärt der ExProfi. Das wirkt sich übrigens nicht nur auf den Sport aus, sondern fördert auch die schulischen Leistungen. So hat Tom Varzandeh, der heute gemeinsam mit Carolin Raschdorf in der Bungert-Ranch an der Schlagtechnik feilt, seinen glänzenden Notendurchschnitt noch einmal von 1,5 auf 1,2 verbessert. Trotz des intensiven Trainings, das neben den schulischen Herausforderungen seinen Wochenrhythmus bestimmt.

Auf die Frage nach seiner Schule muss Tom seine Antwort wiederholen, weil sie über zehn Meter Entfernung nicht genau zu hören ist. Deshalb hakt Goellner bei dem Zwölfjährigen mehrfach nach. Und erläutert dann: "Wir üben das Lautsprechen - das ist auch eine Charakterschulung. In dem Alter können wir den Kinder vieles einfach spielerisch beibringen. Mit 19 oder 20 fällt es schwerer, das zu lernen." Fitness, Ernährung, Mentaltraining, Körpersprache - vieles greift ineinander, bevor ein Talent den Sprung auf die Profi-Ebene schafft. Gefühl für Ball und Schläger reicht längst nicht mehr aus.

Wilhelm Bungert, Besitzer der gleichnamigen Tennis-Ranch in Hilden, hört Goellners Ausführungen aufmerksam zu. "Das war auch für mich interessant", unterstreicht der nunmehr 77-Jährige, der vor 60 Jahren seine erste Berufung in die deutsche Davis-Cup-Mannschaft erhielt. Ein besonderer sportlicher Höhepunkt war für Bungert 1967 der Einzug ins Wimbledonfinale - als Amateur wohlgemerkt.

(RP)
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