Fußball Mehr Respekt verbessert den Umgang

Mettmann · Auch weiterhin bleiben verbale und körperliche Angriffe auf Fußball-Schiedsrichter im Kreis ein großes Problem. Bernd Biermann, Vorsitzender der Schiedsrichtervereinigung Düsseldorf, hat Nachwuchssorgen.

 Schiedsrichterobmann Bernd Biermann wirbt für den Job des Unparteiischen.

Schiedsrichterobmann Bernd Biermann wirbt für den Job des Unparteiischen.

Foto: Archiv/Staschik

In den vergangenen Jahren häuften sich im Kreis die Beleidigungen von Schiedsrichtern. Doch nicht immer bleibt es bei verbalen Angriffen, auch körperlicher Gewalt sind die Unparteiischen ausgesetzt. Vor allem in den unteren Ligen geht es auf dem Spielfeld und am Rand hoch her. RP-Mitarbeiterin Laura Schameitat sprach mit Bernd Biermann, Vorsitzender der Schiedsrichtervereinigung Düsseldorf, über die Probleme und eventuelle Lösungen.

2010 haben wir schon einmal ein großes Interview mit Ihnen geführt. Was hat sich seitdem geändert? Haben die Angriffe zu- oder abgenommen?

Biermann In der letzten Saison gab es im Bereich Düsseldorf wieder eine Flut von meldepflichtigen Ereignissen. Dazu gehörten der Einsatz von Pyrotechnik, rassistische und sexistische Beleidigungen gegenüber Schiedsrichtern und auch körperliche Gewalttaten. Unser Kreis ist damit leider wieder trauriger Spitzenreiter in Deutschland.

Wie reagiert ihre Vereinigung darauf?

Biermann Wir haben angefangen, Workshops für Trainer und Schiedsrichter gemeinsam zu organisieren, um alle Beteiligten für das Problem noch mehr zu sensibilisieren.

Was war der genaue Inhalt dieser Workshops?

Biermann Wir sind sowohl auf die Probleme der Schiedsrichter als auch der Trainer eingegangen und haben zusammen Leitsätze für mehr Respekt erarbeitet.

Welchen Effekt hatten diese Zusammenkünfte? Ist die Lage auf den Sportplätzen schon besser geworden?

Biermann Es ist noch zu früh, um das eindeutig sagen zu können, aber ich habe schon das Gefühl, dass der Aufwand nicht ganz fruchtlos war. Im Moment ist es jedenfalls relativ ruhig.

Wie wirkt sich die angespannte Situation auf die Schiedsrichter aus? Haben viele aufgegeben?

Biermann Wir haben einen rapiden Rückgang zu vermelden. Im Moment stehen wir bei 160 Schiedsrichtern. Zum Vergleich: In besonders guten Zeiten hatten wir 225, in besonders schlechten 130. Wir steuern also erneut dem historischen Tiefstand entgegen. Die Situation ist wirklich kritisch. Ein Schiedsrichter sagte mir: "Ich kann es meiner Familie einfach nicht mehr zumuten, dass ich jedes Wochenende Gefahr laufe, verprügelt zu werden."

Was bedeutet das für die Vereine? Bei diesen Zahlen kann doch nicht mehr für jedes Spiel ein Schiedsrichter gestellt werden, oder?

Biermann Wir mussten aufgrund dessen neue Durchführungsbestimmungen einführen. Im Jugendbereich gilt jetzt: Spiele bis einschließlich A-Jugend-Leistungsklasse müssen stattfinden, auch ohne Schiedsrichter. Bei den Senioren gilt das für die Kreisliga C und D. Die Heimmannschaft muss dann jeweils einen Spielleiter stellen. Dass das den Mannschaften nicht gefällt, ist klar. Im Moment mag das noch gehen. Schwierig wird es am Ende der Saison, wenn es um die Wurst geht.

Wie ist die Altersstruktur bei den Schiedsrichtern derzeit?

Biermann Die Mittelschicht — also zwischen 30 und 40 Jahren — ist uns komplett weggebrochen. Und im Moment laufen uns die Jungen reihenweise weg. Für sie sind vor allem die Zuschauer ein Problem, die sie von außen beleidigen.

Wie wollen Sie die Jungen bei Laune halten?

Biermann Durch gezielte Förderung. Momentan sind wir zum Beispiel auf einem Lehrgang in Lübeck. Mit der Stadt führen wir schon seit Jahren einen Austausch. Wir haben zum Beispiel Florian Meier (Anm. der Red.: bekannter Bundesliga-Schiedsrichter) getroffen. Das motiviert natürlich.

Es gab im Sommer Überlegungen, die gelben Karten künftig zu registrieren, zu zählen und Spieler bei einer bestimmten Anzahl auch zu sperren. Was ist aus dieser Idee geworden?

Biermann Das ist in den unteren Ligen schlichtweg nicht machbar. Einfach deshalb, weil keine Schiedsrichter da sind, die das kontrollieren könnten. Außerdem wird dort oft auch auf falsche Pässe gespielt.

Die Schiedsrichtervereinigung in Düsseldorf feiert in diesen Tagen ihr 100jähriges Jubiläum. Was sind Ihre Wünsche und Hoffnungen für die Zukunft?

Biermann In der Chronik, die wir anlässlich unseres Jubiläums herausgeben, ist zu sehen, dass es über die Jahrzehnte hinweg immer Mitgliederfluktuationen gab. Das werte ich als gutes Zeichen, dass es auch wieder aufwärts geht.

(RP)
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