Lokalsport Die Unbestechlichen

Hilden · 25 Prüfer nehmen am Bandsbusch rund 300 Aktiven das Deutsche Sportabzeichen ab. Sie helfen jedem, aber schummeln nie.

 Hans Jürgen Rech legt beim Kugelstoßen das Maßband zentimetergenau an, während Hildegard Skudlarek im Sitzen die Weiten notiert, die ihr Prüferkollege nach jedem Versuch ansagt.

Hans Jürgen Rech legt beim Kugelstoßen das Maßband zentimetergenau an, während Hildegard Skudlarek im Sitzen die Weiten notiert, die ihr Prüferkollege nach jedem Versuch ansagt.

Foto: Olaf Staschik

Drei Kilogramm blankes Metall in der Hand, ein weites Rasenfeld vor Augen und eine Erinnerung an die Schulzeit im Kopf: "Ich war bei Ihnen im Sportunterricht - damals", sagt die Athletin zu Hilde Skudlarek. Die lächelt und nickt aufmunternd. Sie freut sich immer darüber, von Ehemaligen wiedererkannt zu werden. Aber natürlich hat so ein unverhofftes Wiedersehen am Ring mit dem halbmondförmigen Holzbalken in Stoßrichtung auch eine Kehrseite. "Da kommt man sich dann manchmal so vor, als sei man Methusalem", sagt die Dame im türkisfarbenen Polohemd der Wertungsrichterin. Dieser Gedanke kann einem im Alter von 96 mitunter auf die Nerven gehen, weshalb der Small Talk rasch sportlich wird: "Na dann weißt Du ja, wie die Kugel gehalten und gestoßen werden muss." Das bestätigt sich sofort. Die Weite von mehr als sieben Metern liegt klar im Goldbereich dieser Altersklasse.

Es ist Halbzeit beim Sportabzeichen. Auf der Sportanlage am Bandsbusch signalisiert ein halboffenes Törchen links vom Parkplatz den rund 300 dort Aktiven, dass der Freitagabend von 18 bis 20 Uhr im Zeichen von Kraft, Schnelligkeit, Ausdauer und Koordination steht. Jede dieser Fertigkeiten muss mit einer unter gestrengen Prüferaugen absolvierten Leistung unter Beweis gestellt werden. 1826 Hildener legten im vergangenen Jahr ihr Sportabzeichen ab. Die hierfür zu erbringenden Werte sind nach Alter und Geschlecht gestaffelt - und werden mit Bronze, Silber, Gold honoriert. Seit der großen Reform des Deutschen Sportabzeichens im Jahr 2013 weht da ein Hauch von Olympia durch den Breitensport. Früher rutschten Absolventen durch hartnäckiges Wiederholen automatisch in die Goldränge. Nun werden die Karten in jedem Jahr neu gemischt.

Die 25 unbestechlichen Prüfer sind deshalb noch wichtiger geworden. Es handelt sich um erfahrene Sportler. Die Hildener Beauftragte für das Sportabzeichen, Helga Schmidt-Schlegel, hat 65,4 Jahre als Altersdurchschnitt für die Sportabzeichen-Prüfer ermittelt. Viele sind seit Jahrzehnten dabei - wie Hilde Skudlarek, die mit 80 die eigene Aktiven-Laufbahn beendete und seither über die ordnungsgemäße Ausübung der Disziplinen wacht.

"Wir sind eine große Familie", sagt Helga Schmidt-Schlegel stolz. Jeder besitzt eine Übungsleiterlizenz des Deutschen Sportbundes und den Anspruch an sich, die Aktiven im Alter zwischen sechs und 80 Jahren fair und gerecht zu bewerten. Beim Medizinball-Weitwurf zum Beispiel schauen heute Michael Schindowski, Jörg Margall und Ralf Hupp nach dem Rechten - das Polizei-Trio im Prüferteam. Bei den Ordnungshütern, aber auch der Feuerwehr und der Bundeswehr gehört das jährliche Sportabzeichen zur Jobbeschreibung.

"Wir können jeweils genau erklären, worauf es bei den einzelnen Disziplinen ankommt", sagt Schindowski. Da die Absolventen des Deutschen Sportabzeichens ihren Leistungsstand möglichst objektiv feststellen wollen, habe noch niemand nach einem, nun ja, rheinisch-großzügigen Urteil der Wertungsrichter gefragt. Andererseits: Wegen eines Millimeters oder einer Zehntelsekunde würden diese drei Herren hoffnungsvolle Anwärter nicht hängen lassen.

Zwischen Mai und September kann man seine Wunschdisziplinen so oft wiederholen, wie man möchte. Die Ergebnisse werden auf Karteikarten notiert und am Ende auf einen Meldebogen übertragen. Regelmäßig wird es eng gegen Ende des Sportjahres. "Dann entdecken manche, dass sie auch noch ihre Schwimmdisziplinen absolvieren müssen", berichtet Helga Schmidt-Schlegel. Sondertermine im Oktober im Hildorado-Bad sollen verhindern, dass Sportabzeichen-Träume sang- und klanglos untergehen.

"Für größere Gruppen richten wir auch schon mal einen Sondertermin ein", wirbt Schmidt-Schlegel. Es sei alles eine Sache der Absprache. Gibt es die Möglichkeit, jetzt noch in den Wettlauf um die einzige Sportlerehrung von Ordensrang einzutreten? "Auf jeden Fall, wir haben ja noch drei Monate Zeit!" Für Interessierte gibt es Informationen auf der Webseite des Hildener Stadt-Sportbundes. Und Helga Schmidt-Schlegel beantwortet individuelle Nachfragen gerne auch telefonisch (02103/66882) - Sportabzeichen-Ehrensache.

www.ssv-hilden.de

(dne)
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