Kampfsport Der Karate-Jugend fehlt die Geduld

Haan · Der Goju-Ruy Karate-Club feierte sein 40-jähriges Jubiläum. Doch der Nachwuchs ist nicht mehr so lernwillig

 Christian Tober und Viola Stump trainieren gemeinsam - und werden von Trainer Michael Fleßer (2.v.r.) kritisch beäugt.

Christian Tober und Viola Stump trainieren gemeinsam - und werden von Trainer Michael Fleßer (2.v.r.) kritisch beäugt.

Foto: Staschik, Olaf (OLA)

Der Weg ist das Ziel und dieser Weg dauert - zumindest beim Karate - ein Leben lang. Hier geht es nämlich nicht nur darum, Techniken zu erlernen - sie sollen immer verfeinert werden. Ein langer Weg eben. "Es ist ein Marathon, kein Fußball-Spiel", sagt Michael Fleßer, Sprecher des Goju-Ruy Karate-Club Haan. Er hat 1987 mit dem japanischen Kampfsport angefangen und zählt zu den ältesten Mitgliedern des Vereins, der im vergangenen Jahr sein 40-jähriges Bestehen gefeiert hat. "Von der ersten Generation, die den Klub damals mitaufgebaut haben, ist niemand mehr dabei."

Nur zu seinem Gründer besteht nach wie vor ein enger Kontakt: Kiyoshi Ogawa Sensei. Der Japaner und inzwischen Träger des 7. Meistergrades (Dan) wollte damals vor allem die Stilrichtung Goju Ruy in Deutschland etablieren. Neben seiner Schule gründete er mehrere Vereine rund um Düsseldorf und ist immer noch ein gefragter Lehrmeister. "Ihn umgibt eine ganz spezielle Aura. Als Trainer ist er äußerst geduldig und erklärt alles mit viel Hingabe", beschreibt Michael Fleßer, der zu seinen höheren Schülern (Sempai) zählt und selbst als Trainer seine Erfahrungen weiter gibt.

Je mehr er sich über die Wirkung der verschiedenen Techniken bewusst geworden ist, umso sensibler geht er damit um. "Bei einem seitlichen Fußtritt kann ein gut trainierter Karateka mit der Kraft von 1,5 Tonnen auf den Gegner einwirken." Bei einem Besuch in der Kölner Altstadt konnte er sich so selbst mal gegen einen Angreifer zur Wehr setzen. "Der kam von hinten, ein Freund hat mich gewarnt und ich habe reflexartig reagiert. Der andere ist sofort in sich zusammen gesackt." Die eigene Verteidigung ist jedoch nur ein Nebeneffekt. Im Zentrum steht für den Haaner vielmehr die körperliche und geistige Entwicklung. "Obwohl die Grundformen beim Kata immer gleich bleiben, lässt sich immer etwas verbessern. Das ist für mich das Faszinierende am Karate."

Die Beharrlichkeit, an sich selbst zu arbeiten, vermisst er bei vielen jüngeren Athleten. "Die geistige Ausdauer hat sich verändert. Früher haben wir Übungen ständig wiederholt, um die Abläufe zu verbessern, heute müssen wir ständig etwas Neues bieten. Vielen Jugendlichen, die bei uns anfangen, fehlt das Durchhaltevermögen", sagt Michael Fleßer. Er hat schon häufig beobachtet, dass junge Karateka bis zum ersten Meistergrad intensiv trainieren und danach aufhören.

"Sie sind eines Tages nicht mehr da, das ist ganz merkwürdig." Nur wenige sind dem Verein so lange treu wie Simone Seidel. Sie hat in der Kindergruppe von Bettina Heilmann angefangen, ist inzwischen selbst Dan-Trägerin und Leiterin der Kindergruppe. "Mich hat es gereizt, mich immer weiter zu verbessern. Persönlich bin ich sehr ausdauernd", sagt sie. Früher seien die Trainingsmethoden um einiges härter gewesen. "Gerade bei den Erwachsenen ging es mit Liegestützen und Klappmessern richtig zur Sache. Heute ist das alles deutlich gesundheitsorientierter", betont Simone Seidel.

Der nächsten Generation nicht nur körperliche Fitness, sondern gleichzeitig Werte zu vermitteln, hat sich der Verein zum Ziel gesetzt. "Wir versuchen, auf Respekt und Etikette im Miteinander zu achten", sagt Michael Fleßer. Es gehe nicht um einen Wettlauf um Gürtelfarben, es komme vielmehr darauf an, seinen Verstand zu schärfen und an sich zu arbeiten, denn der Weg selbst ist das Ziel.

(RP)
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