Fußball, Oberliga Schwächephase verhindert bessere Lage

Analyse | Ratingen · Die Hinrunde in der Fußball-Oberliga hat Ratingen 04/19 mit einem 1:0-Heimsieg gegen Spitzenreiter SSVg Velbert abgeschlossen, der Rückstand des Tabellensechsten beträgt nun elf Punkte. Wann dieser so angewachsen ist, ist ziemlich eindeutig.

Die Startelf-Konstante: Ali Can Ilbay hat für Ratingen 04/19 in dieser Saison jedes der 20 Ligaspiele von Anfang an bestritten und dabei drei Tore und vier Vorlagen gesammelt.

Die Startelf-Konstante: Ali Can Ilbay hat für Ratingen 04/19 in dieser Saison jedes der 20 Ligaspiele von Anfang an bestritten und dabei drei Tore und vier Vorlagen gesammelt.

Foto: Achim Blazy (abz)

Zum Abschluss der Hinrunde in der Fußball-Oberliga hat Ratingen 04/19 den Tabellenführer SSVg Velbert 1:0 bezwungen – und schließt die erste Saisonhälfte auf Rang sechs mit 35 Punkten ab. Das sind elf Zähler weniger als beim Spitzenreiter und neun Rückstand auf den Tabellenzweiten ETB Schwarz-Weiß Essen, aber auch nur vier auf den -dritten KFC Uerdingen. Eine Bilanz der Ratinger Hinrunde.

Bereits der erste Spieltag bot schon viel von dem, was 04/19 in der weiteren Saison begleitete: Beim 5:3-Sieg beim TSV Meerbusch gab es fünf verschiedene Torschützen, die sowohl aus dem Spiel heraus als auch bei einem Standard erfolgreich waren, aber auch individuelle Fehler, die bestraft wurden. Aufgrund des Angriffswirbels, der zu einem 4:0-Vorsprung in den ersten 39 Minuten führte, kosteten die mehr oder weniger kleinen Aussetzer zum Start keine Punkte.

Das änderte sich am dritten Spieltag, als 04/19 bei ETB Schwarz-Weiß Essen trotz 70-minütiger Überzahl die 1:0-Führung aus der 46. Minute nicht zu einem Sieg nutzen konnte, weil Innenverteidiger Mike Koenders an der Torauslinie ein Fehler unterlief, den Essen zum 1:1-Endstand nutzte. Das Spiel zeigte aber auch: 04/19 hat Alternativen. Bei der Roten Karte für Essen in der 21. Minute hatte sich Rechtsverteidiger Bo Lasse Henrichs schwer am Fuß verletzt und hat bislang kein Oberligaspiel mehr absolviert, doch der Torschütze zur Führung an diesem Tag war Simon Busch, der für Henrichs eingewechselt worden war. Dass es nicht zum Sieg reichte, kostete die Ratinger da die Tabellenführung, die sie nicht wieder erobern konnten.

Am vierten Spieltag wechselte Trainer Martin Hasenpflug erstmals auf der Torhüterposition – notgedrungen, weil Dennis Raschka erkrankt war. Mit Dario Ljubic im Tor gab es die erste Saisonniederlage, das 1:3 gegen den VfB Hilden ist aber sicher nicht dem Schlussmann anzulasten, der am Spieltag darauf beim 1:0-Sieg bei Turu Düsseldorf ebenfalls im Kasten stand. Vielmehr fehlte Hasenpflug da noch die Eingespieltheit seiner Mannschaft, die er beim Gegner herausstellte. Die Automatismen seien vermutlich erst ab dem zehnten Spieltag komplett da. An dem hatten die Ratinger frei.

Am elften Spieltag – inzwischen wieder mit Raschka im Tor – hatte sich 04/19 wieder auf Rang vier der Tabelle vorgearbeitet, das 2:1 im Heimspiel gegen den MSV Düsseldorf war der sechste Sieg bei je zwei Remis und Niederlagen. Diese Partie war ein Kraftakt, der MSV war früh in Führung gegangen, und dann passierte etwas, das vorher nicht vorgekommen war, in den folgenden neun Partien bis zur Winterpause aber noch zweimal geschah: Ratingen kassierte in Hälfte eins eine direkte Rote Karte. Dieser Platzverweis gegen Emre Demircan, der zuvor noch das 1:1 geschossen hatte, war schon hart, die folgende Vier-Spiele-Sperre überhart. Doch 04/19 jubelte am Ende des Tages, weil Innenverteidiger Phil Spillmann einen an Ali Can Ilbay verursachten Strafstoß in der dritten Minute der Nachspielzeit zum Siegtreffer nutzte.

Es folgten fünf Spiele in 14 Tagen, in denen die Ratinger ungeschlagen blieben, ins Viertelfinale des Niederrheinpokals einzogen und mit einem überzeugenden 6:1-Heimsieg über einen bedauernswerten FSV Duisburg auf Rang drei der Tabelle stürmten – nur zwei Punkte hinter Spitzenreiter SSVg Velbert. Das sollte trotz der Belastung – im Achtelfinale des Niederrheinpokals in Schonnebeck hatte es nach 71 Minuten eine Rote Karte gegen Noah Jecksties gegeben, 04/19 kam aber nach Verlängerung und Elfmeterschießen, als Luca Fenzl zwei Essener Versuche parierte, mit einem 5:2-Sieg weiter – die beste Phase der Ratinger bislang werden.

Denn bis zum 1:0-Sieg gegen die SSVg am Sonntag vor einer Woche, dem letzten Hinrundenspieltag, gewann 04/19 in der Liga fünfmal in Folge nicht, kassierte dabei drei Niederlagen, wobei die beim damaligen Tabellenzweiten KFC Uerdingen (0:1) aufgrund eines außergewöhnlichen personellen Aderlasses und dennoch guter Torchancen nicht hätte sein müssen. Die 1:4-Niederlagen zuvor gegen TVD Velbert, als Busch in Halbzeit eins eine Rote Karte bekommen hatte, und gegen die Sportfreunde Baumberg stimmten allerdings ebenso bedenklich wie das etwas blutleere 1:1 beim SC Union Nettetal.

Das war die Partie, in der Hasenpflug das zweite Mal den Torhüter wechselte und auf Pokalheld Fenzl setzte – der seitdem den Platz zwischen den Pfosten besetzt hat. Und seit diesem 1:1 in Nettetal ist 04/19 Tabellensechster, die SSVg baute ihren Vorsprung in der Zwischenzeit aus. Dass er nicht höher als eben nun elf Zähler ausfällt, liegt indes auch an den Ratingern, die dem Spitzenreiter vergangene Woche Sonntag in Unterzahl nach der Roten Karte gegen Spillmann in Halbzeit eins die erst zweite Saison-Niederlage beibrachten. Das war das zweite große Highlight der Spielzeit nach dem historischen ersten Einzug ins Halbfinale des Niederrheinpokals, das 04/19 mit der besten Anfangsviertelstunde der Saison klargemacht hatte: Beim 3:0 bei Liga-Konkurrent SV Sonsbeck hatten die Gäste schon nach elf Minuten den späteren Endstand herausgeschossen. Das war das erste Spiel nach dem 1:1 in Nettetal.

Was bleibt aus dieser Hinrunde? Die Schwächephase mit fünf Ligaspielen ohne Sieg hat 04/19 eine bessere Ausgangslage gekostet – elf Punkte Rückstand auf Velbert sind viel, allerdings liegen zwischen dem Tabellendritten KFC Uerdingen und dem -siebten Sportfreunde Baumberg auch nur fünf Zähler. Die Ratinger liegen mit vier Punkten hinter dem KFC also durchaus in einem Umfeld, in dem sie noch alle Möglichkeiten in der zweiten Saisonhälfte haben, um ziemlich weit oben dran zu bleiben.

Ihr Plus ist, dass sie schwer auszurechnen sind. Aus nahezu allen Mannschaftsteilen produziert 04/19 Tore, die besten Schützen sind Tom Hirsch (10 Ligatreffer), Yassin Merzagua (6) und Demircan (5), es gibt Tore aus dem Spiel heraus und nach Standards. Hasenpflug hat zudem nicht nur alle drei Torhüter bereits in der Saison eingesetzt, sondern alle Spieler seines Kaders. Die größten Konstanten sind dabei Ilbay, der alle 20 Spiele von Beginn an machte, und Ali Hassan Hammoud, der Siegtorschütze gegen die SSVg am Sonntag vor einer Woche, der ebenfalls auf 20 Einsätze kommt, allerdings nicht in allen Spielen von Beginn an.

Bei Kapitän Erkan Ari verhinderte wahrscheinlich nur die Gelbsperre, wegen der er die Partie in Uerdingen verpasste, eine ebenfalls makellose Einsatzbilanz. Die Sperren sind allerdings etwas, das 04/19 dringend verbessern muss – drei Rote Karten jeweils in Halbzeit eins von 20 Spielen sind eine zu hohe Hypothek, hinzu kommt eine Gelb-Rote Karte gegen Gianluca Silberbach: Ein Fünftel der Spiele haben die Ratinger also in Unterzahl zu Ende spielen müssen. Das ist für höhere Ansprüche zu viel.

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