Boxen Boxen: Technik und Taktik entscheiden

Hilden · In Hilden trainieren Athleten aus der gesamten Region. Uwe Ottehenning betreut sie am Leistungsstützpunkt und bietet den Sportlern die Gelegenheit, sich bis zu sechsmal pro Woche auf Wettkämpfe vorzubereiten.

Drei Gründe, warum Boxen für ihn so faszinierend ist? Uwe Ottehenning muss nicht lange über diese Frage nachdenken. "Boxen ist eine der fairsten Sportarten überhaupt, trainiert jeden Muskel des Körpers und kann bis ins hohe Alter betrieben werden", zählt er mühelos auf. Der Trainer und Vorsitzende des Boxrings Hilden hat auch einen bildhaften Vergleich parat, der sein Verständnis des Faustkampfes verdeutlicht: "Boxen ist wie Fechten mit der Hand." Offensichtlich gelingt es dem 53-Jährigen, seine Leidenschaft für unbedingte Disziplin, technisch sauberes und taktisch anspruchsvolles Boxen sehr gut zu vermitteln, denn zur Trainingszeit in der Stadtwerke Hilden Arena sind über 80 Teilnehmer keine Seltenheit. Seit 2008 gehört die Itterstadt zu den Leistungsstützpunkten in Nordrhein-Westfalen und ist damit Anlaufstelle für Amateurwettkämpfer aus der gesamten Region.

"Die Entscheidung, Hilden zum Stützpunkt zu machen, hat die Landessporthilfe getroffen, der Landesboxverband NRW hat ihn letztlich installiert", erklärt Ottehenning. Für die Itterstadt hätten mehrere Punkte gesprochen, vor allem die verkehrsgünstige Lage und die mit über 20 sehr hohe Anzahl von Wettkampfboxern, ergänzt er. Der Stützpunkt erfüllt ihm zufolge in erster Linie die Aufgabe, den Sportlern, die aktiv an Meisterschaften und Turnieren teilnehmen, eine zusätzliche Trainingsgelegenheit neben ihrem Stammverein zu bieten. "Wir sind offen für jeden Boxer, der Mitglied in einem Verein ist und zum Beispiel zur Wettkampfvorbereitung eine Möglichkeit sucht, sich in Kämpfen gegen verschiedene Sparringspartner zu verbessern", stellt der Trainer fest. Unter dem Strich könnten die Boxer dank des Stützpunktes bis zu sechsmal pro Woche trainieren.

Das Training in der Stadtwerke Hilden Arena leiten Ottehenning und sein Sohn Tim (26) zusammen, unterstützt werden sie von Francesco Panfilo. Er wurde schon als zehnjähriger Knirps Mitglied im Boxring, trat lange und auf hohem Niveau bei Wettkämpfen an. "Mein Onkel hat mich neugierig gemacht, und während er wieder aufgehört hat, bin ich dabei geblieben", berichtet der 49Jährige. Bis heute liebt er die besondere Atmosphäre, die beim Boxen herrscht. Viele Talente haben er und Ottehenning schon entdeckt und begleiten sie im Training. So zum Beispiel den 17 Jahre jungen Jamal Temou, den die Trainer vor zwei Jahren unter ihre Fittiche genommen und zu einem der momentan stärksten Halbweltergewichtler bis 64 Kilogramm in der Region gemacht haben. Oder Nadine Apetz (29), die schon dreimal Deutsche Meisterin im Weltergewicht geworden ist, derzeit bei der Europameisterschaft in Bulgarien im Einsatz und sogar Chancen hat, für den Olympia-Kader 2016 berufen zu werden.

Die Mischung aus Box-Anfängern und erfahrenen Kämpfern ist Teil des Erfolgsrezeptes am Stützpunkt. Denn in der Halle trainieren sie alle zusammen, unterstützen sich gegenseitig. "Es ist für alle von Vorteil, denn wer noch kein starkes Selbstbewusstsein hat, entwickelt es im Umgang mit denen, die schon über eines verfügen. Und wer schon selbstbewusst ist, übernimmt Verantwortung und teilt seine Erfahrung", erläutert Ottehenning. Auch das Zusammenspiel verschiedener Temperamente, Nationalitäten und Altersgruppen empfindet er als Bereicherung. Jeder sei bemüht, ständig zu lernen - auch er als Trainer. Er ist froh, dass Boxer inzwischen längst kein Schläger-Image mehr hätten. "Heute trainieren bei uns Leute aus allen möglichen Berufen und auch sehr viele Studenten. Die Altersspanne liegt zwischen vier und über 60 Jahren", betont Ottehenning, der als Landschaftsgärtner sein Geld verdient.

Dass auch schon mal über 100 Boxer zum Training kommen, beim Aufwärmen bis auf das Quietschen der Sohlen auf dem Hallenboden und dem Schnaufen der Sportler jedoch nichts zu hören ist, liegt auch an den Trainern. Neben den regulären Einheiten steht dienstags ein zweistündiges Wettkampftraining auf dem Programm, bei dem die Boxer spezielle Aufgaben für ihre Sparringskämpfe erhalten. "Auch Anfänger dürfen Sparring ausprobieren, um ihre Grenzen auszutesten", bemerkt Ottehenning. Er lässt seine Schützlinge auch gerne das Boxsportabzeichen ablegen, ohne ihnen zu verraten, warum sie gewisse Übungen machen sollen. "Bei der Weihnachtsfeier überreiche ich dann als Überraschung das Abzeichen", erzählt er.

Doch nicht nur die hohe sportliche Kompetenz der Trainer ist entscheidend für den Erfolg des Konzeptes. Am Leistungsstützpunkt herrscht höchste Disziplin aufgrund klarer Regeln und Hierarchien, Amtssprache ist Deutsch, wer außerhalb der Halle als Schläger auffällt, fliegt aus dem Verein. "Aggressionen können beim Boxen abgebaut werden. Wer Wettkämpfe bestreiten will, muss hart trainieren. Technik und Taktik entscheiden über Sieg oder Niederlage", stellt Ottehenning fest. Seine Schützlinge sprechen in den höchsten Tönen über "ihren" Uwe, er genießt enorm großen Respekt - weil er gerade für manche Jungs auch Ersatzvater und Vorbild ist. Er selbst bringt sein Credo in einem Satz auf den Punkt: "Für mich hört der Verein nicht vor der Tür der Halle auf."

(doe)
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