Landwirte spüren den Klimawandel So ackern die Bauern für ihre Kunden

Kreis Mettmann · Erntedankfeste fallen coronabedingt aus. Heimische Landwirte werden kreativ und stellen Strohpuppen auf.

 Die Landwirte Jan Zimmermann, Johannes Paas und Martin Dahlmann, Vorsitzender der Kreisbauernschaft (v. l.), werben für regionale Produkte.

Die Landwirte Jan Zimmermann, Johannes Paas und Martin Dahlmann, Vorsitzender der Kreisbauernschaft (v. l.), werben für regionale Produkte.

Foto: RP/Fries, Stefan (frs)

Zwei riesige Strohpuppen auf dem Gelände des Sackerhofes in Tiefenbroich bringen manch einen Passanten zum Schmunzeln. Doch der Hintergrund, warum sie aufgestellt wurden, ist wenig humoristisch. Drei Jahre Trockenheit, bürokratische Hürden und nicht zuletzt Corona bringen die heimischen Landwirte in arge Bedrängnis.

„In Corona-Zeiten ist es schwer, mit den Verbrauchern in Kontakt zu kommen“, so Martin Dahlmann, Vorsitzender der Kreisbauernschaft Mettmann. Viele Erntedankfeste fallen aus. Kurzentschlossen sind Landwirte kreativ geworden und haben Strohpuppen in verschiedensten Variationen zum Gedenken an Erntedank aufgestellt. Plakate mit der Aufschrift „Wir ackern für Dich“ rufen regionale Produkte in Erinnerung.

„Wir bemerken den Klimawandel deutlich in unserer Arbeit“, so Dahlmann. „Wir verzeichnen in den vergangenen drei Jahren eine unterdurchschnittliche Ernte. Das gilt besonders für Getreide und Futtermittel. Viele Landwirte mussten Heu, Silage und Mais zukaufen. Das bringt den ein oder anderen Betrieb in Liquiditätsnöte.“ Ein Preisaufschlag auf die Produkte hilft den Bauern nicht. „Preise für Getreide und Fleisch orientieren sich am Weltmarkt“, erklärt Dahlmann. „Wenn heimische Landwirte teurer verkaufen, wird die Ware aus dem Ausland importiert.“

Die Landwirte reagieren bereits, indem sie klimaresistentere Pflanzen anbauen. Auch die Bodenbearbeitung wandelt sich. Pflügten die Bauern früher tiefe Furchen, werden Äcker heute nur noch minimal bearbeitet, damit sie nicht an Feuchtigkeit verlieren. „Da ist viel High Tech im Spiel.“ Doch auch gesetzliche Vorgaben machen den Bauern das Leben schwer. „Die Politik muss jetzt gegensteuern. Wir brauchen ein ganzheitliches Konzept“, appelliert der Vorsitzende der Kreisbauernschaft und spielt damit zum Beispiel auf den Flächenverbrauch und die Bodenversiegelung an. Dies mindert nicht die landwirtschaftlichen Nutzflächen; sondern zerstört Frischluftkorridore, die für das urbane Klima von existenzieller Bedeutung sind.

Auch das Image der Bauern gerät immer wieder in die Kritik. Neben Vorwürfen, das Tierwohl nicht zu berücksichtigen oder nicht nachhaltig zu wirtschaften, müssen sich die Landwirte auch für den Nitratgehalt im Grundwasser rechtfertigen. Dahlmann erklärt: „Wir haben im Kreis Mettmann keine Probleme mit Nitraten. Damit das so bleibt, arbeiten wir seit 25 Jahren eng mit den Wasserwerken zusammen.“

Den Strukturwandel, der auch in der Landwirtschaft stattfindet, können Landwirte, Verbraucher und Politik nur gemeinsam gestalten. Deshalb ruft die Kreisbauernschaft zum Dialog auf: „Egal, ob es ums Tierwohl oder den Klimaschutz geht, welche Pflanzen auf den Feldern wachsen, warum Gülle ausgebracht oder welche Arbeiten vorgenommen werden – sprechen Sie Landwirte an“, so Dahlmann. „Diese stehen Ihnen Rede und Antwort.“

Corona hatte jedoch auch einen positiven Nebeneffekt: „Viele Bürger haben sich auf regionale Produkte besonnen und den Bauern Hilfe angeboten“, sagt Martin Dahlmann. Nicht wenige haben festgestellt, „dass Landwirtschaft ein Knochenjob ist“.

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