Foodsharing in Mettmann Sie will der Verschwendung ein Ende bereiten

Mettmann · In Mettmann gibt es eine Bewegung, die Lebensmittel „rettet“, die sonst im Müll landen würden. Gertraude Hartung-Neumann ist ihre Botschafterin.

 Gertraude Hartung-Neumann erhält eine Kiste mit Lebensmitteln, die immer noch genießbar sind.

Gertraude Hartung-Neumann erhält eine Kiste mit Lebensmitteln, die immer noch genießbar sind.

Foto: "Köhlen, Stephan (teph)"/Köhlen, Stephan (teph)

Gertraude Hartung-Neumann ist Botschafterin nicht für ein Land, sondern eine Idee: Sie ist die Foodsharing-Botschafterin für Mettmann. Zu ihrer Aufgabe gehört es, die bundesweit tätige Initiative, die zum Ziel hat, die Verschwendung von Lebensmitteln zu reduzieren und nicht mehr benötigte Lebensmittel vor der Tonne zu retten, in der Region bekannt zu machen. „Wir holen in Betrieben, auf Veranstaltungen oder auch direkt bei der Tafel Lebensmittel ab, die diese nicht gebrauchen kann. Wir kooperieren mit der Tafel, aber sie hat immer Vorrang“, berichtet Hartung-Neumann, die selbst einen Großteil ihrer Zeit damit verbringt, Lebensmittel zu retten.

Die abgeholten Lebensmittel wie Obst, Gemüse, Tee, Kaffee, Backwaren oder Süßigkeiten werden an Interessierte verteilt. „Wir essen auch selbst davon, verteilen an Nachbarn und haben uns über Whats App vernetzt“, erzählt sie. „Auch beim Kochen richte ich mich danach, was gerade anfällt.“

Wichtig sei, dass nichts unnötig im Abfall lande. Denn auch, wenn ein Geschäft nichts mehr mit einem Lebensmittel anfangen könne, sei das oft noch verwertbar. „Wenn bei einem Bio-Salat die äußeren Blätter nicht mehr so gut aussehen, macht man sie eben ab. In die Herstellung von Lebensmitteln sind unheimlich viele Ressourcen geflossen, die kann man nicht einfach wegschmeißen“, ist ihre Überzeugung. Das Mindesthaltbarkeitsdatum ist für sie dabei nur eine grobe Richtschnur. „Lebensmittel mit Verbrauchsdatum wie etwa Hackfleisch werden von uns allerdings nicht weiter gegeben“, klärt sie auf.

In Mettmann holt Foodsharing übrig gebliebene Lebensmittel nicht nur bei der Tafel, sondern auch an Marktständen, auf Blotschenmarkt und Heimatfest ab. „Da bleibt schon mal angebrochener Ketchup übrig, Crepeteig oder Suppe“, berichtet sie. „Zubereitete Nahrung muss natürlich schnell gegessen werden. Und besonders im Sommer ist die schnelle Verteilung sehr wichtig.“ Entsprechende Behälter dabei zu haben sei ebenfalls angeraten: „Fünf-Liter-Eimer sind eine gute Währung“, sagt sie lächelnd.

Auf der Internetseite www.foodsharing.de werden außerdem virtuelle Essenskörbe angeboten, die man nach Kontaktaufnahme beim Anbieter abholen kann. „Die Idee, dem einen etwas zu geben, was der andere nicht mehr braucht, hat mich schon immer begeistert“, sagt Gertraude Hartung-Neumann, die schon auf Verschenkportalen unterwegs war, bevor sie über eine Freundin von Foodsharing erfuhr und gleich begeistert war: „Man tut etwas Sinnvolles und trifft tolle Menschen. Und man sieht immer zweimal strahlende Gesichter: Wenn man die Lebensmittel abholt und wenn man sie weitergibt.“

Bedürftigkeit sei bei Foodsharing kein Kriterium, betont sie. In Düsseldorf, wo sie – neben Erkrath und Haan – ebenfalls aktiv ist, gebe es bereits einige „Fair-Teiler“, eine Art Tauschregal, das die einen mit nicht mehr benötigten Lebensmitteln befüllen, während die anderen sich etwas rausholen – teilweise sind die Fair-Teiler sogar mit Kühlschrank ausgestattet. „Das können die Äpfel vom Nachbarn sein, die der eine abgibt und der andere nimmt, weil er gerade Hunger hat“, nennt sie ein Beispiel, „eine tolle Idee.“ In Mettmann soll der erste Fair-Teiler in Kürze im Mehrgenerationenhaus eingerichtet werden, erzählt sie von ihren Plänen.

In der Stadt sind rund 80 Helfer damit beschäftigt, Lebensmittel zu verteilen, weitere sind willkommen. Bevor sie helfen dürfen, müssen sie aber erst ein Quiz absolvieren und erfahrene Abholer begleiten. „Höflichkeit und Zuverlässigkeit sind uns wichtig“, sagt Gertraude Hartung-Neumann. „Wir machen das aber alle ehrenamtlich und geldfrei.“ Natürlich spielt die Nachhaltigkeit beim Foodsharing eine wichtige Rolle – und deshalb holt die Botschafterin selbst die Lebensmittel nicht mit dem Auto, sondern mit Rucksack und Trolli ab.

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