Wülfrath Senioren Zeit schenken

Wülfrath · "Zeit hab ich genug. Und davon möchte ich abgeben!", sagt Elke Sabrowski. Seit vier Jahren besucht die 72-jährige Rentnerin regelmäßig eine Seniorin im Altenheim Haus-August-von-der-Twer, um mit ihr Zeit zu verbringen. Zeit, in der sich die beiden Damen oft und gerne unterhalten. Und "Freizeit sinnvoll gestalten", wie Elke Sabrowski es nennt. Genau wie sie denken insgesamt 20 Ehrenamtliche der vor acht Jahren gegründeten Gruppe "Zeit schenken"; eine gemeinsame Initiative der evangelischen und katholischen Kirchengemeinde, der Bergischen Diakonie sowie des städtischen Sozialamts.

 Pfarrer Ingolf Kriegsmann (stehend, r.) stellt mit Mitarbeitern die Gruppe "Zeit schenken" der evangelisch-reformierten Gemeinde Wülfrath vor.

Pfarrer Ingolf Kriegsmann (stehend, r.) stellt mit Mitarbeitern die Gruppe "Zeit schenken" der evangelisch-reformierten Gemeinde Wülfrath vor.

Foto: Dietrich Janicki

40 Anfragen

Derzeit noch zu wenig, wie Christian Busch, Koordinator Altenhilfe der Bergischen Diakonie, bemerkt: "Wir haben im Moment mehr Besuchsanfragen als Mitglieder und können die rund 40 Anfragen von Senioren nicht mehr eins zu eins bedienen." Im Idealfall begleite ein Zeitschenker einen Senioren, um eine starke persönliche Bindung zu ermöglichen. Daher sucht die Initiative verstärkt nach Menschen, die sich in die Gruppe integrieren und älteren Menschen ein Stück ihrer Zeit schenken möchten.

Es geht nicht um Pflege

Dabei gehe es nicht um Pflege- oder Haushaltshilfe, so Susann Seidel von Sozialamt. "Uns kommt es darauf an, Menschen zusammenzubringen, soziale Kontakte aufzubauen und eventuell gemeinsame Aktivitäten zu ermöglichen." Der Pflegedienst habe eine völlig andere Rolle, eine Funktion zu erfüllen. Die Stunden mit dem Zeitschenker dagegen würden das Bewusstsein bewirken: "Dieser Mensch kommt freiwillig und nur für mich."

Wie im Fall von Elke Sabrowski reicht manchmal schon das unterhaltende Gespräch, um ein Zeitschenker zu sein. Oder auch eine regelmäßige Verabredung zum Schach. "Vor anderthalb Jahren bekam ich die Anfrage eines Senioren zugeteilt, der seit 30 Jahren Schach spielt, aber keinen Mitspieler hat", erzählt Otmar Karla, der seitdem einmal pro Woche auf eine Partie bei dem älteren Herren vorbeischaut.

Dass die Zeitschenker oft in den persönlichen Raum der Senioren eintreten, sei zu Beginn manchmal schwierig. "Viele ältere Menschen müssen sich daran gewöhnen, eine zunächst fremde Person in ihre Privaträume einzuladen", sagt Christian Busch.

"Um den Einstieg zu erleichtern, begleiten wir den Zeitschenker beim ersten Besuch und führen ihn ein. Wohnt der zu besuchende Senior in einer Einrichtung, stellen wir den Zeitschenker auch dem Pflegepersonal vor." Dieses bemerke vor allem die entlastende Wirkung, die die Besuche der Zeitschenker auf die Pflegearbeit hat. "Die meisten Senioren sind durch die sozialen Kontakte unheimlich entspannt und dadurch im Alltag umgänglicher", so Susann Seidel.

(lac)
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