Erkrath Sechs Kitze von Mähmaschinen getötet

Erkrath · Jäger und andere Bürger sind entsetzt. Ihr Vorwurf: Landwirte treffen keine Vorsorge, um die Jungtiere zu schützen.

 Für Landwirte beim Mähen leicht zu übersehen: Rehkitze, die die Ricke im Gras abgelegt hat.

Für Landwirte beim Mähen leicht zu übersehen: Rehkitze, die die Ricke im Gras abgelegt hat.

Foto: mfr

"Die Bilanz der Ignoranz", nennt es Jagdaufseher Winfried Edelmann aus Erkrath. Damit meint er die sechs Rehkitze, die von Ende Mai bis jetzt von den Mähmaschinen der Bauern auf Erkrather Gebiet zermalmt wurden. So schlimm sei es an manchen Wiesen in Alt Erkrath, dass der Kadavergeruch über der Landschaft liege, schreiben Spaziergänger sich ihr Entsetzen beim sozialen Netzwerk Facebook von der Seele.

 Edelmann geht vor dem Mähen mit seinen Hunden die Wiese ab.

Edelmann geht vor dem Mähen mit seinen Hunden die Wiese ab.

Foto: DJ

Auch Edelmann ist sauer: "Das muss nicht sein", sagt er, "das ist reine Gedankenlosigkeit und Bequemlichkeit der Landwirte. Es ist ihnen zu lästig, uns Jäger vor dem Mähen zu informieren. Wir gehen dann mit den Hunden die Wiesen ab und scheuchen dabei in der Regel die Kitze auf."

Ganz sicher ist die Methode zwar nicht, weil die jungen Rehe keinen Eigengeruch haben und so von den Hunden nicht gewittert werden. "Aber das Abgehen ist schon deshalb hilfreich, weil wir für die Ricken die Wiesen verstänkern und die ihre Jungen dann meist wegtragen."

Zur Erklärung: Nach dem Werfen legt die Ricke ihre bis zu drei Jungen in einer Wiese ab und geht dann selbst fressen. Fünf- bis sechsmal kehrt sie am Tag zurück, um die Jungtiere zu säugen. Die übrige Zeit sind die Kitze allein. "Meist laufen sie noch nicht mal weg, wenn man sie anstuppst", sagt Edelmann. "Wir Jäger tragen sie mit Gras aus der Gefahrenzone, so dass die Mutter sie findet und weiter säugt."

Aber es gibt auch noch andere Methoden, die Rehkitze vor dem Tod oder — fast noch schrecklicher — vor Amputationen durch die scharfen Messer zu schützen. "Der Jagdverband empfiehlt, von innen nach außen zu mähen statt umgekehrt, dann können die Tiere flüchten. Aber kaum ein Bauer hält sich daran, weil das etwas aufwendiger ist", sagen Edelmann und sein Jagdkollege Olaf Zimmermann.

Darüber hinaus kann man Tüten auf dem zu mähenden Rasenstück aufhängen. "Dann kommt die Ricke und sieht, dass etwas anders ist als normal und trägt die Kitze davon", sagt Edelmann. Ein geringer Aufwand mit großem Erfolg. "Warum die Bauern das nicht machen, weiß ich nicht", so Edelmann. "Wer einmal ein Rehkitz gefunden hat, dessen Vorderläufe abgemäht wurden — das ist furchtbar. Die Tierchen verstehen nix, diese Angst in den Augen . . . ". "Die Landwirte dulden das alles. Aber wenn ein Taubenschwarm ihre Einsaat auffrisst, rufen sie uns sofort an." Gemeldet wird den Jagdpächtern der Wildschaden kaum. "Wir haben die toten Tiere in diesem Jahr nach einer selbst organisierten Nachsuche gefunden", sagt er.

Otto Liethen, selbst Jäger und Landwirt in Erkrath, hat in diesem Sommer in 20 Jahren zum ersten Mal ein Rehkitz in der Mähmaschine gehabt. "Diesen Anblick vergisst man so schnell nicht. Das ist passiert, obwohl ich die Wiese vorher mit dem Hund abgegangen bin", sagt er.

Die Hauptschuld am Sterben der jungen Rehe tragen seiner Ansicht nach aber die Bürger, die den Tieren den Lebensraum nehmen, "weil sie nachts mit LED-Lampen am Mountainbike die Tiere aufschrecken, unangeleinte Hunde aufstöbern und hetzen lassen und nicht auf den Wegen bleiben.

Mehr zum Thema Tierschutz finden Sie auf pets.de, der Tierwelt von RP Online.

(RP/ila/anch/top)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort