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Erkrath Schulschwänzer bekommen "Zündstoff"

Erkrath · Projekt hilft Jugendlichen beim Weg zu Abschluss oder Ausbildung / Diskussion über Veränderung der Schullandschaft.

 Vanessa (14) und Joshua (15) zeigten (v.l.) Michaela Noll (MdB) und den Schulleitern Brigitta Schümmelfeder-Wanek, Heinz Peter Reyer und Karin Malzkorn, was sie in der Holzwerkstatt von "Zündstoff" geschaffen haben.

Vanessa (14) und Joshua (15) zeigten (v.l.) Michaela Noll (MdB) und den Schulleitern Brigitta Schümmelfeder-Wanek, Heinz Peter Reyer und Karin Malzkorn, was sie in der Holzwerkstatt von "Zündstoff" geschaffen haben.

Foto: Dietrich Janicki

Noch ein Streifen Klebefilm, dann ist das Papier mit dem Bild des Comic-Autos auf dem Holz befestigt. "Jetzt werde ich das Bild durchpausen, das Holz in die Auto-Form sägen und anmalen", erklärt Tim Schneider (Name von der Redaktion geändert). "Außerdem muss ich natürlich noch zwei Löcher hineinmachen, damit das Bild aufgehängt werden kann." Ein Weihnachtsgeschenk für seinen kleinen Neffen soll das hölzerne Auto werden. Ein Geschenk, in das der Jugendliche gerne einige Stunden Zeit investiert.

Dass er und die anderen Teilnehmer so zielstrebig an ihren Werken arbeiten, freut die Organisatoren und Begleiter des Projekts "Zündstoff/Die 2. Chance" — denn das war bei den Schülern nicht immer so.

Das Projekt des Sozialdienstes Katholischer Frauen und Männer Erkrath (SKFM) möchte Schulverweigerer motivieren und ihnen den Wiedereinstieg in eine Regelschule erleichtern.

"Am Verstand liegt es nicht, dass die Schüler in der Schule nicht mehr klarkommen", betont SKFM-Geschäftsführer Norbert Baumgarten. Schulische und vor allem häusliche Probleme seien meistens die Ursache, dass einige Schüler entweder die Schule schwänzen oder geistig nicht anwesend seien.

Bei "Zündstoff" bekommen die Schüler nicht nur theoretischen Unterricht, sondern können ihr Wissen direkt in der Praxis anwenden — etwa in der hauseigenen Werkstatt. "Dort rechnen sie Maße aus oder die Kosten für das Material und merken plötzlich, dass die das Schulwissen wirklich gebrauchen können", hat er festgestellt.

Da sich die Schullandschaft immer wieder verändert, trafen sich nun unter anderem Vertreter des SKFM, Erkrather Schulleiter sowie die Bundestagsabgeordnete und Schirmherrin der Aktion, Michaela Noll (CDU), um gemeinsam die Auswirkungen für das Projekt zu erörtern. So waren bisher etwa nur Haupt- und Förderschüler in das Programm aufgenommen worden. Der Leiter der Realschule Hochdahl sieht allerdings auch bei einigen seiner Schüler einen speziellen Förderbedarf. "Die sozialen Probleme haben in den vergangenen Jahren massiv zugenommen. Unsere Beratungslehrerin kommt gar nicht mehr zur Ruhe. Den Lehrern fehlt leider die Zeit, sich um jeden intensiv zu kümmern. Bei diesem Projekt haben die Schüler wieder eine Perspektive", sagt Heinz-Peter Reyer.

Der Erfolg gibt dem Projekt Recht: Von den 157 Schülern, die in den vergangenen Jahren die Maßnahme durchlaufen haben, sind 83 Prozent erfolgreich an eine Schule zurückgekehrt oder direkt in eine berufsvorbereitende Maßnahme vermittelt worden. Einige der Älteren haben bei Berufspraktika so gute Leistungen gezeigt, dass sie sogar ohne Schulabschluss eine Ausbildung beginnen konnten, präsentiert SKFM-Fachbereichsleiterin Karin Tost die Statistik.

Auch wenn es in Zukunft eine Änderung in der Schullandschaft geben sollte — etwa die Abschaffung einiger Schulstandorte in Erkrath und neue Sekundarschulen in der Umgebung — gehen die Beteiligten davon aus, dass sich an der Problematik der Schulverweigerer nichts ändern wird. Die Beteiligten halten es eher für sinnvoll, jüngere Schulverweigerer so früh wie möglich durch die Maßnahme zu motivieren, so dass sie nach etwa sechs bis zwölf Monaten im Programm an die Regelschule zurückkehren können.

(arm)
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