Politik und Tierschutz Mettmann plant ein Taubenhotel

Mettmann · Bereits seit mehreren Jahren diskutiert Mettmann über Innenstadttauben. Nun schlägt die Verwaltung nach eigenen Worten „erstmalig“ vor, einen Taubenschlag in der Innenstadt zu betreiben. In einer Vorlage für den Feuerwehr- und Ordnungsausschuss (Montag, 17 Uhr, Rathaussaal) nennt Bürgermeisterin Sandra Pietschmann zwei mögliche Standorte: Entweder das Hallenbad am Lavalplatz oder das „Parkdeck der Galerie“ am Königshof.

 Beispiel für einen Taubenschlag unterm Dach: Die Tiere brauchen Futter- und Schlafplätze.

Beispiel für einen Taubenschlag unterm Dach: Die Tiere brauchen Futter- und Schlafplätze.

Foto: Evers, Gottfried (eve)

Die Eigentümer müssten einer solchen Nutzung noch zustimmen.

Rund 200 Tauben flattern am Himmel über Mettmann Mitte – schätzt die Verwaltung. Eine genaue Zählung wäre laut der Vorlage eigentlich angebracht, weil über den städtischen Taubenschlag ein Rückgang der Taubenpopulation erreicht werden soll. Solch eine Taubenzählung sei in anderen Städten jedoch als zu kostspielig verworfen worden.

Für die Kosten eines städtischen Taubenschlags in Mettmann nennt die Informationsvorlage „Orientierungswerte“. Die Einmalkosten für den Schlag mit angemessenen Futter- und Schlafplätzen setzen sie auf der Basis von Baumarktpreisen mit 1500 bis 2000 Euro an. Der Schlag brauche einen Strom- und einen Wasseranschluss. Die Addition der laufenden Kosten im künftigen Mettmanner Taubenhotel sieht so aus: Die ehrenamtlich Betreuer sollen mit einer Aufwandsentschädigung bei der Stange gehalten werden. Schließlich müssten sie mehrmals pro Woche den Schlag säubern und neues Futter einstreuen. Zudem müsse mit Kosten für Taubenfutter, Grit, Schutzkleidung, Desinfektionsmittel sowie gelegentliche Tierarztkosten gerechnet werden. Die Musterrechnung für die Futterkosten eines Taubenschlags sieht so aus: Eine Stadttaube brauche pro Tag etwa 50 Gramm Körnerfutter. In einem mit 150 Tauben besiedelten Schlag würden so 7,5 Kilo Futter pro Tag benötigt. In einer Woche kämen etwa 50, pro Monat rund 200 Kilogramm zusammen. Bei einem Preis von 15 Euro pro 25-Kilogramm-Sack Mischfutter lägen die monatlichen Futterkosten bei 120 Euro.

 Rund 200 Tauben sollen regelmäßig ihre Runden durch die Mettmanner Mitte drehen.

Rund 200 Tauben sollen regelmäßig ihre Runden durch die Mettmanner Mitte drehen.

Foto: Udo Teifel

Mitarbeiter der Stadtverwaltung sollen nicht die Taubenpflege über den Dächern von Mettmann übernehmen. Zurzeit würden Gespräche geführt, eine „möglichst große Anzahl an ehrenamtlichen Helfern zu gewinnen, die sich verbindlich und langfristig um die Betreuung des Taubenschlags“ kümmern.

Der Vorsitzende des Tierschutzvereins Mettmann, Wolfgang Kohl, hat der Suche nach ehrenamtlichen Taubem-Kümmerern bereits eine Absage erteilt. Kohl schätzt, dass ein Taubenturm mindestens eine Höhe von sieben Metern haben muss. Es sei „viel Manpower für die Versorgung nötig“: Dort müsse Futter eingebracht und Kot entfernt werden und vor allem müssen alle gelegten Taubeneier durch Porzellaneier ersetzt werden. „Das ist viel Arbeit.“ Die meisten der knapp 200 Mitglieder im Mettmanner Tierschutzverein seien eher im höheren Alter. Deshalb beurteilt Kohl einen ehrenamtlichen Einsatz als „unzumutbar“: „Ich kann da ja niemanden ungesichert den Turm raufklettern lassen.“ Das sei Aufgabe der Verwaltung, „für so etwas muss man die Kommune im Boot haben“.

Und noch eine weitere Schwierigkeit tut sich in Mettmann auf: Würden Tauben weiterhin unkontrolliert und großzügig in der Innenstadt gefüttert – zum Beispiel am Marktplatz rund um die Pfarrkirche St. Lambertus, dann könnte es passieren, dass die freiheitsliebenden Tiere den mit viel Mühe installierten und mit ehrenamtlichem Einsatz betriebenen städtischen Taubenschlag gar nicht annehmen würden. Die ganze Mühe wäre schlicht vergebens. Dennoch will Bürgermeisterin Sandra Pietschmann das Experiment wagen, um Tauben-Befürworter und Tauben-Gegner in der Stadt miteinander zu versöhnen. Die einen sorgen schon jetzt für Futternachschub und sorgen sich um die stetig wachsende Zahl gefiederter Gurrer. Die anderen ekeln sich vor deren Hinterlassenschaften und wähnen in Stadttauben einen Quell von Parasiten und Krankheiten. Gegen sie wappnet sich die Stadt mit einem Rechtsgutachten der Stadt Berlin. Danach soll eine Kommune für Stadttauben Halterpflichten nach dem Tierschutzgesetz haben.

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