Erkrath Nussknackerin im Kirchenhaus

Düsseldorf · Frauen wehren sich in Brasilien gegen Großgrundbesitzer und deren Viehherden. Die Bewegung der Babacu-Nussknackerinnen kämpft um die wirtschaftliche Existenz von 300 000 Familien und des Regenwaldes.

Selten sah man das Café im Haus der Kirchen am Hochdahler Markt so gut besucht. Sogar auf Treppe und Galerie drängten sich die Besucherinnen, um dem Vortrag der Nussknackerin Maria do Rosario Ferreira aus Brasilien zu lauschen. Das Team des Eine-Welt-Ladens und Gleichstellungsbeauftragte Annegret Pohlmann hatten zu der Veranstaltung anlässlich des Internationalen Frauentags eingeladen.

Landarbeiterinnen engagieren sich

Mit anschaulichen Bildern berichtete Rosario als Koordinatorin der "Bewegung der Babacu-Nussknackerinnen" (MIQCB) vom Engagement der Landarbeiterinnen. Doch was haben wir in Deutschland eigentlich zu tun mit Frauen, die irgendwo im Amazonasgebiet eine Nusssorte ernten, von der wir noch nie gehört haben? Auf den ersten Blick abgesehen von allgemeiner Frauen-Solidarität nicht viel. Doch beim Zuhören erschloss sich den Besuchern auf erschreckende Weise der globale Zusammenhang und unsere Mitverantwortung.

Traditionell sammeln die Nussknackerinnen im natürlich gewachsenen Regenwald auf nachhaltige und umweltverträgliche Weise die etwa zehn Zentimeter großen Babacu-Nüsse. Die Palmfrüchte enthalten Kerne, die zu wertvollem Öl gepresst werden, das als Speiseöl oder in Medizin und Kosmetik Verwendung findet.

Auf dem Boden sitzend demonstrierte Rosario, wie die steinharten Nüsse mittels Beil und Knüppel geöffnet werden. Aus dem Mark entsteht Mehl für Gebäck und Brei, aus der Schale wird Holzkohle hergestellt. Die Blätter der Palme werden für Dächer, Hauswände, Körbe und Matten genutzt.

Etwa 300 000 Familie sichern im östlichen Amazonasgebiet ihr Überleben mit den Produkten der Babacu-Palme. Doch die meist illegale, aber tolerierte Abholzung des Regenwaldes geht fast ungebremst weiter. Rinderzüchter umzäunen riesige Landflächen mit Stacheldrähten und verwehren den Frauen Durchgang und Zutritt zu ihrer Nahrung- und Einkommensquelle. Für die extensive Viehwirtschaft werden die Flächen brandgerodet, der Boden wird in wenigen Jahren unfruchtbar.

Als sich die Situation verschärfte, gründeten die Frauen vor etwa 20 Jahren die MIQCB, um für ihre Sammelrechte zu kämpfen. Regionalbüros bauen mit Hilfe der Aktionsgemeinschaft Solidarische Welt e.V. den eigenen Vertrieb und die Verarbeitung der Nüsse aus. Mit 300 000 Mitgliedern ist die MIQCB in dem riesigen und unübersichtlichen Land zugleich eine Kontrollinstanz, um den Landraub zu dokumentieren und anzuprangern.

Selbst vor der Nachfrage nach Bio-Produkten macht der Raubbau an Mensch und Natur nicht halt: Neuerdings sollen die wertvollen Nüsse industriell für den Europäischen Markt zu Holzpellets verarbeitet werden.

(RP)
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