Nach Demo am Wochenende Mettmann wehrt sich gegen Nazis

Mettmann · Zwei Tage nach der Demonstration rechtsextremer Anhänger in der Mettmanner Innenstadt sitzt der Schock immer noch tief. Mettmann-Impulse plant jetzt Aktionen.

 60 Neonazis zogen Samstag durch Mettmanner Innenstadt. Für viele Anwohner ein bedrohliches Bild.

60 Neonazis zogen Samstag durch Mettmanner Innenstadt. Für viele Anwohner ein bedrohliches Bild.

Foto: Mikko Schümmelfeder/MIKKOO

Entsetzen und Betroffenheit, das zeigen die Mettmanner auch jetzt noch, zwei Tage nach der Demonstration von Anhängern der Partei „Der III. Weg“. „Ich bin immer noch sprachlos, was am Samstag hier in Mettmann geschehen ist“, schreibt eine Nutzerin auf einer der vielen Facebook-Plattformen. Auch Ingo Grenzstein von Mettmann-Impulse ist „entsetzt“: „Wir müssen Flagge zeigen, wir müssen jetzt von uns aus ein Zeichen setzen“, sagt er. Daher hat er ein Logo entworfen, das den Gedanken vieler aufnimmt: Mettmann ist bunt. Unter diesem Titel plant Mettmann-Impulse, der Zusammenschluss von rund 120 Händlern, Gewerbetreibenden und Firmen, auch weitere Aktionen. Sie werden heute, am Montagabend beraten.

Viele Mettmanner machen zudem Bürgermeister Thomas Dinkelmann Vorwürfe, dass er die Veranstaltung habe genehmigen lassen, die Öffentlichkeit nicht informiert und sich selbst nicht auf die Seite der wenigen Gegendemonstranten gestellt habe, die sich mit deutschen und türkischen Fahnen auf dem Jubiläumsplatz formierten.

 Spontan hat Ingo Grenzstein von Mettmann-Impulse dieses Logo entworfen und ins Internet gestellt. Grenzstein brachte einen Gedanken vieler Mettmanner ins Logo ein: „Mettmann ist bunt!“

Spontan hat Ingo Grenzstein von Mettmann-Impulse dieses Logo entworfen und ins Internet gestellt. Grenzstein brachte einen Gedanken vieler Mettmanner ins Logo ein: „Mettmann ist bunt!“

Foto: Mettmann Impulse

Wer hat die Demo gestattet? Die gestattende Behörde ist die Kreispolizei: Bei ihr hat die Partei „Der III. Weg“ am Donnerstag die Demo angemeldet. „Es gab keine gefahrenabwehrenden Gründe, die dagegen sprachen“, sagt der Sprecher der Polizei, Daniel Uebber, auf RP-Anfrage. „Der III.Weg“ sei eine zugelassene Partei, die sich laut Versammlungsrecht im Rahmen der Gesetze bewegen dürfe.

Warum wurde die Öffentlichkeit nicht informiert? Gerne hätten sich noch mehr Mettmanner zu einer Gegendemonstration zusammen gefunden: „Das unglaublich Schlimme ist, wir wären mehr gewesen. Wenn die auf 2000 Mettmanner gestoßen wären, hätten wir die quasi weggepustet“, postet ein User auf Facebook. Genau das aber wollte die Polizei vermeiden: Sie sei eine Sicherheitsbehörde und habe nicht die Aufgabe, die Öffentlichkeit im Vorfeld über die Demo zu informieren. „Wir mussten sicherstellen, dass die Demo sicher durchgeführt wird“, führt Uebber aus. Die Polizei könne eine solche Demo nicht noch im Vorfeld bewerben. Es habe ansonsten die Gefahr bestanden, dass es zu Ausschreitungen gekommen wäre. Um auf der sicheren Seite zu sein, habe die Polizei weitere Kräfte aus Wuppertal und Düsseldorf angefordert.

Wer waren die Demonstranten? Offenbar keine Mettmanner. Die Polizei hat sie gefilmt, um zu prüfen, ob sie gegen Auflagen des Uniformverbotes verstoßen haben. Außerdem wurden ihre Personalien registriert. Nach Angaben der Behörde sind die Neonazis aus ganz Deutschland nach Mettmann gekommen. Ein Reisebus sei von Weimar aus gestartet.

Es gibt das Gerücht, dass sich die Demonstranten in einem Lokal in Mettmann getroffen und dort eine Ortsgruppe gegründet haben. Stimmt das? Das bestätigt die Polizei so nicht. “Wir standen die ganze Zeit vor diesem Lokal. Während unseres Einsatzes war da niemand.“ Vielmehr hätten sich nach der Demo Mitglieder des „III. Weg“ in einem Lokal in Leverkusen getroffen. Auf seiner Internetseite teilt der „III. Weg“ mit, dass die Mitglieder noch in den frühen Abendstunden des Samstags den „III. Weg“-Stützpunkt „Rheinland“ gegründet hätten. Dieser umfasse den Großraum Düsseldorf / Köln. Die Demonstration habe den „Europawahlkampf unserer nationalrevolutionären Bewegung eröffnet, zu welcher wir erstmalig deutschlandweit antreten“, heißt es weiter

Wer steckt hinter den Akteuren? Wie ein Mitarbeiter des Staatsschutzes gegenüber unserer Zeitung auf Anfrage mitteilt, soll der Antragsteller der Demonstration aus dem Sauerland stammen. Dort ist die Neonazi-Partei bereits in Olpe und Siegen mit Demos und Infoständen in die Öffentlichkeit getreten. Warum der „III.Weg“ Mettmnn als Veranstaltungsort gewählt habe, sei noch nicht klar. „Vermutlich wegen der Nähe zu Köln und Düsseldorf, wo sich der Dritte Weg etablieren will“, heißt es vom Staatsschutz. Eine eigene Neonazi-Szene, wie sie vor zehn Jahren in der Kreisstadt existierte, gebe es nicht. Ob der „III. Weg“ noch einmal nach Mettmann komme, sei indes nicht ausgeschlossen.

Wie sind die Reaktionen? Nach einer Stellungnahme des FDP-Fraktionschefs und den Grünen reagieren in einer Pressemitteilung von heute, Montag (18.3.), auch die SPD in einer Pressemitteilung: „Wir wenden uns entschlossen gegen jede rechtsradikale Aktivität in Mettmann. Mettmann ist bunt statt braun!“, fasst der Fraktionsvorsitzende Florian Peters den Standpunkt der SPD zusammen. „Am Koburg-Mahnmal, das an die in der Koburg misshandelten und getöteten Gefangenen erinnert – welch ein Affront, an der Freiheitstrasse, welch eine Ironie, dem Kirchplatz und auf dem Jubiläumsplatz haben diese ewig Gestrigen ihre öffentliche Bühne bekommen können; dies hinterlässt eine zunehmend auch öffentlich artikulierte Irritation in der Bevölkerung und bei den von ihnen gewählten politischen Vertretern im Rat unserer Stadt“, schreibt Klein bestürzt. Auch Klein wirft dem Bürgermeister vor, es unterlassen zu haben, Politik und Bürger von der Demo zu informieren. „Ein koordinierter Protest und der vom Grundgesetz in der Versammlungsfreiheit mitgedachte und erwünschte Meinungsaustausch  im Rahmen einer öffentlichen Versammlung wurden dadurch vereitelt“, schreibt Klein. Es sei schlimm, dass Nazis mit einem Aufmarsch für ihre unsägliche Ideologie lautstark in Mettmann demonstrieren konnten.

Was sagt die Katholische Kirche dazu?

Pfarrer Herbert Ullmann von der katholischen Kirche bedauert sehr, dass auch er im Vorfeld nicht von Bürgermeister Dinkelmann  informiert wurde. Immerhin gehört der Markt der Kirche und die Neonazis demonstrierten vor St. Lambertus.  Ullmann war zum Zeitpunkt des Aufmarsches bei einer Klausurtagung in Haan. „Wenn ich in Mettmann gewesen wäre, hätte ich protestiert und die Glocken läuten lassen“, sagt er gestern.  Er hab es auch sehr sonderbar gefunden, dass Gemeindemitgliedern, die gegen die Neonazis protestiert hätten, von der Polizei gefragt wurden, ob sie als Demo angemeldet worden seien.

Wie reagiert der Bürgermeister? Er hat seine Stellungnahme am Montag um 16.14 Uhr veröffentlicht. Darin heißt es: „Die Demonstration der rechten Kleinstpartei „Der III. Weg“ am vergangenen Samstag in Mettmann hat in der Bevölkerung zu Protesten geführt. Als Bürgermeister unserer Kreisstadt distanziere ich mich ausdrücklich von allen politischen Gruppierungen und Bewegungen, die fremdenfeindliches und rassistisches Gedankengut propagieren. Der Aufmarsch am Samstag hat wie bei vielen Bürgerinnen und Bürgern unserer Stadt ebenso bei mir Zorn und Wut hervorgerufen.

Unsere Stadt ist und bleibt tolerant, vielfältig und weltoffen. In Mettmann ist kein Platz für rechtsextreme Gruppen. Die Veranstaltung war kurzfristig für 30 Teilnehmer bei der Kreispolizeibehörde angezeigt und unter Sicherheitsauflagen dort am Freitag genehmigt worden. Darüber hat die Kreispolizeibehörde die Stadtverwaltung informiert.

Aus Gründen der Sicherheit haben wir uns dazu entschieden, nicht auf die Demonstration hinzuweisen. Damit wurde verhindert, dass durch breit gestreute Informationen noch weitere rechte Sympathisanten, oder aber auch gewaltbereite Gegendemonstranten nach Mettmann anreisen und es zu eskalierenden Auseinandersetzungen kommt, so wie es in anderen Städten schon gesehen ist. Unsere Stadt darf dafür keine Bühne bieten.

Letztendlich habe ich mich nach Abwägung aller Aspekte gegen eine Verbreitung der Veranstaltung entschieden, auch wenn es gute Gründe für eine andere Position geben mag. Am Ende verlief die Veranstaltung ohne Gewalt und mit so wenig Aufmerksamkeit für diese rechte Gruppe wie möglich.“

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