Mettmann Mit Kulis auf Stimmenfang

Mettmann · Die Parteien werben mit kleinen Aufmerksamkeiten in der Mettmanner Fußgängerzone. Die Passanten lassen sich durch Gummibärchen, Kugelschreiber und Flaschenöffner kaum beeinflussen, wen sie am Sonntag, 13. Mai, wählen.

 Allerhand kleine Geschenke und Informationen können die Besucher der Mettmanner Innenstadt, wie hier Peter Schulz, an den Wahlständen der Parteien mitnehmen.

Allerhand kleine Geschenke und Informationen können die Besucher der Mettmanner Innenstadt, wie hier Peter Schulz, an den Wahlständen der Parteien mitnehmen.

Foto: Dietrich Janicki

Seit sieben Wochen stehen sie nun wieder in der Mettmanner Fußgängerzone, machen Werbung für ihre jeweilige Partei und verteilen kleine Geschenke an die Passanten: die Mitglieder der Ortsverbände und -vereine. Am Samstag war das bei kühlen Temperaturen und Dauerregen wahrlich kein Zuckerschlecken. Doch was hält die Zielgruppe, der Wähler, eigentlich vom Straßenwahlkampf mittels Kuli und Einkaufschip? "Gar nichts", sagt ein 77-jähriger Mettmanner am Stand der SPD vor der Commerzbank klipp und klar. "Das ist unnötig ausgegebenes Geld, genau so wie die Diätenerhöhung für die Landtagsabgeordneten vor kurzem. Und geht letztlich auf unsere Kosten." In seiner Wahlentscheidung lässt sich der Passant erklärtermaßen nicht von den kleinen Geschenken beeinflussen.

Genau so wenig wie Christine Marotta: "Die sollen lieber sagen, was ihre politischen Ziele sind als hier Geschenke zu verteilen, die man gar nicht braucht." Das sieht der Hamburger Manfred Kreft (69) genauso, der wegen eines runden Geburtstags in der Verwandtschaft die Kreisstadt besucht: "Ob im Norden oder hier in NRW, die reden alle gleich vor der Wahl. Aber es passiert nichts. Das Geld für die Geschenke sollte besser in die Bildung investiert werden."

Peter Mohr von der SPD ist einer der "Geschenkeverteiler". "Eigentlich ist das total belämmert, hier Kulis zu verteilen", sagt er. Aber darum geht es dem 58-Jährigen letztendlich auch nicht. "Ein Kuli wird keinen davon überzeugen, die SPD oder eine andere Partei zu wählen", sagt er.

Mohr steht nach eigener Aussage in der Fußgängerzone, "weil ich die Leute dazu bringen will, überhaupt von ihrem Wahlrecht Gebrauch zu machen." Dafür nimmt er auch Pöbeleien in Kauf. Sogar mit Tätlichkeiten hat man ihm schon gedroht. "Die Leute müssen begreifen, was es heißt, in einer Demokratie zu leben. Es ist doch übel, dass fast die Hälfte nicht mehr zur Wahl geht."

"Viele wollen unsere kleinen Geschenke gar nicht mehr", räumt Ottokar Iven von der CDU am Stand vor der Bäckerei Wegener ein. Er sieht das als Indiz für eine "allgemeine Politikverdrossenheit."

Dass die Kulis, Luftballons, Chips und Flyer keineswegs aus Partei- oder gar Landestöpfen finanziert werden, darauf weist CDU-Landtagskandidat Harald Giebels hin. "Das Material kostet fünfstellige Beträge, und die müssen wir CDU-Kandidaten selbst finanzieren." Überdies sei es ziemlich viel Arbeit, die Flyer zu texten und zu layouten, das Format festzulegen und am Ende auch noch jeden Chip selbst einzutüten. Doch das interessiert das Mettmanner Ehepaar im Rentenalter, das sich am Stand der FDP eindeckt, offenbar wenig. "Die Stifte brauchen wir für die Kreuzworträtsel im Urlaub."

Bei den Grünen unterm Waschbrett gibt es aus ökologischen und aus Kostengründen auch gar keine Kulis mehr. "Das Meiste stammt vom letzten Wahlkampf", sagt Christoph Hütten.

Die Piratenpartei nebenan versucht es dagegen mit Luftballons. Und der Linken-Kandidat verteilt einsam, aber tapfer kleine Rosen an die weiblichen Passanten.

"Man müsste ja eigentlich vor allem versuchen, die jungen Leute anzusprechen, damit sie wählen gehen", meint der Mettmanner Peter Schulz (59). "Denn von denen zeigen ja viele gar kein Interesse. Aber ob das mit Kulis geht? Vielleicht sollte man einfach mehr mit ihnen reden."

(ch)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort