Sanitäter haben viel zu tun Eine Silvesternacht im Rettungswagen

Mettmann · Die Notfall-Sanitäter arbeiten professionell und helfen zahlreichen Menschen, die verletzt worden sind.

 Dienstgruppenleiter Peer Polanz (rechts) mit Disponent Dennis Rehag arbeiten in der zentralen Leitstelle der Feuerwehr Mettmann und koordinieren die Einsätze.

Dienstgruppenleiter Peer Polanz (rechts) mit Disponent Dennis Rehag arbeiten in der zentralen Leitstelle der Feuerwehr Mettmann und koordinieren die Einsätze.

Foto: Daniele Funke

Eigentlich wollte die alte Dame nur das neue Jahr bei einem Gläschen Sekt im Kreise anderer Senioren begrüßen, doch dann kommt alles ganz anders: Um 23.53 Uhr geht bei der zentralen Leitstelle der Feuerwehr Kreis Mettmann der Notruf ein: Die 81jährige Frau ist auf dem Gang zur Toilette gestürzt, kann sich kaum noch bewegen. Während draußen zunehmend Raketen in den Himmels schießen,  die Menschen sich auf den Straßen versammeln, startet der RTW 1 (Rettungswagen 1)  mit Blaulicht in die Nacht. Nur drei Minuten später sind die Notfallsanitäter Wolfgang Götz (47) und Malte Stein (26) im Altenheim eingetroffen, Pfleger haben die verletzte Frau in einen Stuhl gehievt, ihr Gesicht ist verzerrt vor Schmerzen. Zeitgleich in der Leitstelle: Insgesamt sieben Disponenten nehmen jetzt die verstärkt eingehenden Anrufe aus dem ganzen Kreisgebiet entgegen. „Hier ist der Notruf der Feuerwehr, aus welcher Stadt rufen sie an?“, spricht Dennis Rehag in sein Headset. Sehr ruhig, mit klaren deutlichen Worten, gibt er dem Anrufer genaue Anweisung darüber, was er jetzt wissen muss. „Was genau ist passiert?“, „Sind Personen verletzt?“ Zeitgleich tippt er die Informationen in das Zentralsystem: Hilden KZW, das bedeutet: in Hilden brennt es, KZW steht für Keller/Zimmer/Wohnung, Ausmaß noch unbekannt,  dazu Adresse und Name des Anrufers.

Dienstgruppeleiter Peer Polanz  hat derweil eine Rückmeldung eines gerade im Einsatz befindlichen Rettungsteams aus Heilgenhaus erhalten: ein Schwerverletzter aufgenommen, chirurgisch, 35, männlich. Auf einem Monitor kann Polenz nun sehen, welche Klinik gerade freie intensivmedizinische Kapazitäten meldet. Per Funk informiert er das Team: „Fahrt das EVK an“. Um Punkt Mitternacht heben Wolfgang Götz und seine Kollege Malte Stein vorsichtig und behutsam die alte Dame für den Transport ins Krankenhaus in den Krankenstuhl. Die fürsorglichen Worte der Helfer beruhigen sie, nun kann sie trotz großer Schmerzen auch wieder ein wenig lächeln, mit ihrer Ruhe und Souveränität strahlen die  Rettungssanitäter eine wichtige Botschaft aus: Wir sind jetzt hier und wir tun alles, damit Ihnen geholfen wird.  „Für uns“,  erklärt Wolfgang Götz während der kurzen Fahrt zum Krankenhaus, „ist das ein Bagatelleinsatz, für die Patientin bricht gerade die Welt zusammen. Das sehen wir und mit diesen Gefühlen gehen wir sorgsam um.“

Am Straßenrand stehen nach wie vor viele Feierfreudige, manchmal muss Götz Glasscherben auf der Straße ausweichen, das Blaulicht reflektiert sich auf den nassen Straßen, Jugendliche prosten dem Einsatzfahrzeug ausgelassen zu. „Manchmal kommen wir kaum durch an Silvester, gerade wenn es nebelig ist, sehen wir kaum etwas und die Leute stehen auf den Straßen“, weiß der erfahrene Sanitäter,  während er den RTW in der Ambulanzanfahrt parkt und die Patienten dem Team vor Ort übergibt.

Es ist 0.40 Uhr, ein weiterer Notruf geht ein. Auf dem Piepser erscheint die Kurzinfo: Gesichtsverletzung, Einsatzort: Jubiläumsplatz. Vor Ort sind bereits mehrere Polizisten: Ein unbekannter Passant soll einen jungen Mann im Vorbeirennen ins Gesicht geboxt haben und dann geflüchtet sein, eine Augenzeugin wird vernommen.  Ganz offensichtlich hat er den Verletzten massiv erwischt, die linke Gesichtshälfte ist eingedrückt, das Auge zugeschwollen.

Die Entscheidung ist schnell gefallen: Der junge Mann muss sofort in die Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie der Uniklinik Düsseldorf gebracht werden. „Die Gesellschaft verändert sich zunehmend in die falsche Richtung“, weiß Wolfgang Götz aus jahrzehntelanger Erfahrung und biegt auf die A46 ab, „was wir täglich erleben an Gewalt unter den Menschen, wie hier in diesem Fall oder auch gegen uns, das ist nicht mehr zu fassen. Wenn wir Glück haben werden wir nur beschimpft, aber zunehmend werden wir auch getreten oder angegriffen. Und: Die Patienten werden immer jünger. Gegen 22 Uhr haben wir heute  zwei bewusstlose 13-Jährige in die Kinderklinik nach Velbert bringen müssen. Ursache: Komasaufen mit Wodka. 13! Das muss man sich mal vorstellen.“

Vor der Zentralambulanz stehen mehrere Rettungswagen, zwei Angestellte eines Securitydienstes achten darauf, dass niemand Unbefugtes den hochprofessionellen Ablauf stört. Im Schockraum kämpft zeitgleich gerade ein Team um das Leben eines Schwerstverletzten. Um 2.48 Uhr kehrt der RTW 1 in „seinen Stall“  zurück.

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