Corona-Folge Tauben droht Hungertod – dürfen sie gefüttert werden?

Mettmann · Tierschützer fordern eine Lockerung des Fütterungsverbots. Denn derzeit finden die Tauben kaum noch etwas zum Aufpicken. Wir haben zwei Standpunkte in der Redaktion gegenübergestellt.

 Taube guckt in Kamera.

Taube guckt in Kamera.

Foto: Frank Rumpenhorst (dpa)

Mettmann (arue/von) Wegen der Kontaktsperre aufgrund der Corona-Pandemie sind zurzeit weniger Menschen auf den Straßen. Damit fällt auch weniger für die Tauben ab, die in den Straßen für gewöhnlich Essensreste aufpicken: Sie verhungern. Unter dem Motto „Auch ich will leben“ verteilen Taubenliebhaber daher auch in Mettmann Futter, so zum Beispiel am Markt. Doch in Mettmann herrscht Fütterungsverbot – auch jetzt noch, wie die Stadtverwaltung auf Nachfrage unserer Redaktion betont: „Diese Bestimmung greift auch in Zeiten der Corona-Pandemie, da keine Änderung der ordnungsbehördlichen Verordnung durch den Rat der Stadt erfolgt ist“, heißt es von einem Sprecher.

Es folgen zwei Standpunkte zur Frage, ob das Taubenfüttern in der Corona-Krise erlaubt sein sollte. RP-Redakteurin Alexandra Rüttgen findet: Ja.

     Alexandra Rüttgen

Alexandra Rüttgen

Foto: Köhlen, Stephan (teph)

Die Tierliebe des Menschen ist widersprüchlich. Ein Elefant, der im Zirkus Männchen macht, ist süß, für ein abgebranntes Affenhaus im Zoo werden Millionen gesammelt, um wieder neue Affen darin einsperren zu können, und während der Hund verwöhnt wird (dies schreibt eine ehemalige Hundehalterin), müssen Nutztiere wie Schweine und Hühner in Massenhaltung ein mitunter elendes Dasein fristen. Dass in Mettmann Tauben nicht gefüttert werden dürfen, hat einen Sinn, denn so will man die Taubenpopulation in Schach halten. Doch das Fütterungsverbot ist umstritten, gelten Tauben als standorttreu. Auch wenn sie kein Futter bekommen, brüten sie durch ihren vom Menschen angezüchteten Brutzwang weiter. Das Fütterungsverbot bewirkt in diesem Zusammenhang nichts. Die Tauben nun dem Hungertod zu überlassen und so en passent ein Problem lösen zu wollen, grenzt an Tierquälerei – die Verantwortung des Menschen ist größer, als er es wahr haben will. In Göttingen haben der dortige Taubenschutzverein und die Tierschutzorganisation Peta eine Ausnahmegenehmigung zur Notfütterung bei der Stadt erwirkt. Wenn diese Entscheidung in Mettmann tatsächlich dem Rat obliegt, dann kann das auch in der Kreisstadt gelingen. Nicht allerdings ohne eine von aktuellen Erkenntnissen gestützte kritische Diskussion, ob das Fütterungsverbot noch zeitgemäß ist, um die Population zu begrenzen, oder ob andere Maßnahmen (Eieraustausch, etc.) nicht doch besser sind.

Sollte das Fütterungsverbot bei Tauben in der Corona-Krise gelockert werden? Die Gegenposition von RP-Redakteurin Valeska von Dolega: Nein.

 Valeska von Dolega

Valeska von Dolega

Foto: Köhlen, Stephan (teph)

Einst waren sie, den Palmzweig im Schnabel, ein Friedenssymbol, dann das Lieblingshobby der Arbeiter im Pott und inzwischen nicht viel mehr als eine nervige Plage. Ihrer natürlichen Feinde wie Habicht oder Falke in den Städten beraubt, spazieren die gurrenden Flugobjekte ungestört umher, um Nahrung aufzupicken. Dabei würden diese Stadttauben auch ohne Zufütterung selbst im Winter, der Dank des Klimawandels mehr kalendarischer Eintrag als Realität ist, genug Nahrung finden. Sie können theoretisch problemlos kilometerweit fliegen, um Futter zu suchen. Wenn ihnen aber alles direkt vor den Schnabel geworfen wird, nutzen sie – natürlich – diese bequeme Variante. Kurzum: Wer Tauben nicht füttert, ermöglicht den Tieren einen Schritt zurück zu artgerechten Lebensbedingungen. Anders gesprochen: Nicht füttern ist im Sinne des Tierwohls. Auch deshalb, weil die Stadttaube, die selbst auf Futtersuche geht, beschäftigt ist – und nicht pausenlos brüten will. Die Population würde dann vielleicht auf ein erträgliches Maß reduziert werden – und die von den Vögeln produzierte Kotmenge gleich mit.

Wenn trotzdem der Kontakt zwischen Mensch und Stadttaube erhalten bleiben soll, wäre hier doch ein Taubenschlag als Taubenhaus die ideale Begegnungsstätte. Die Flattermänner bleiben unter ihresgleichen, haben gesicherte Nistplätze und ein feudales Leben. Tierschützer kümmern sich ums Wohlergehen und sammeln den Kot ein – und in der Stadt wäre wieder Platz für Spatzen.

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