100. Geburtstag in Mettmann „Ich würde immer wieder Gärtner werden“

Mettmann · Das nachhaltige Gärtnern schützt die Natur, schont Ressourcen, vermeidet Müll und fördert die Artenvielfalt. „Was wir heute zurückholen, war damals total normal“, sagt Gärtnermeister Gotthold Strümpfel, der jetzt seinen 100. Geburtstag feiert.

Der nachhaltige Gärtner Gotthold Strümpfel ist 100 Jahre.

Der nachhaltige Gärtner Gotthold Strümpfel ist 100 Jahre.

Foto: Valeska von Dolega

Wie Pflanzen neben- und miteinander wachsen und gedeihen und warum beispielsweise die Zwiebel neben der Möhre und die Petersilie nie am ewig gleichen Standort gepflanzt werden soll, all das weiß Gotthold Strümpfel. „Was wir uns heute zurückholen, war zu meiner Zeit vollkommen normal“, sagt er über nachhaltige Landwirtschaft. Als „streitbarer Gärtner“, der einst um jeden Baum kämpfte und vor allem gegen die Begradigung der Itter („was für ein Wahnsinn!“) war, schrieb er im Kreis Mettmann Geschichte. Nun feierte der Mann, der laut Eigenaussage „immer wieder Gärtner werden würde“, seinen hundertsten Geburtstag. „Viel zu viel Rummel“ war ihm das an seinem Jubeltag. Zu den Gratulanten gehörten die Kinder Jörg, Helga, Prinska, Johannes und Dietrich ebenso wie Schwester Luise, diverse Cousinen und Nichten.

Auf ein „abwechslungsreiches und bewegtes Leben“ blickt der rüstige Senior zurück, der als Soldat drei Kopfschüsse überlebte und auch sonst offensichtlich vom Glück gesegnet einen Engel an seiner Seite hatte. „Eigentlich wollte ich Mathematik und Chemie studieren“, durch einen Freund kam er zum Gärtnern – eine lebenslängliche Liebe. Als Obstbaugartenmeister vermittelte er im eigenen Betrieb unzähligen Lehrlingen das kleine Einmaleins der Pflanzenkunde. Speziell in den Blickpunkt rückte er den Erbacher Mostapfelbaum und alles was grünte und blühte. „Wir waren eine fernsehfreie Familie, anstelle dessen wurde botanisiert“, erinnert sich Sohn Dietrich an das „Faszinosum Wildpflanzenbestimmung“. Inmitten von Bäumen, einem Paradies, wie Gotthold Strümpfel über seinen Betrieb sagt, wurde beispielsweise im Familienverbund aus reifen Äpfeln Most hergestellt und nach dem sogenannten Schweizer Verfahren haltbar gemacht. Mit vergorenem Most machten die Kinder – unerlaubt – Erfahrungen und tranken sich den ersten Rausch an, erinnert er sich.

Eine seiner schönsten Erinnerungen ist an den „Geruch, der in einem Gewächshaus ist“. Dort veredelte er in seiner Berufszeit Wildpflanzen, zog Sorten heran. Dort wurden außerdem Aussaaten aufbewahrt oder es wurde in der kalten Jahreszeit genutzt, um zarte Pflänzchen überwintern zu lassen. Nachhaltigkeit war für ihn Trumpf, zur Nachhaltigkeit gehörte parallel die Selbstversorgung. „Möhren, Sellerie oder Rote Bete wurden für den Winter im Keller eingelagert“ – auf einem offenen Sandboden. Unvergesslich auch Pfirsiche, Pflaumenmus oder Apfelkompott, ebenso aus der eigenen Herstellung wie der Johannisbeersaft. Hier hatte Gotthold Unterstützung in Ehefrau Dietlinde, „sie war das Herz der Familie“ und lebenslustiger Mittelpunkt. Jetzt freut sich der Hundertjährige über Stauden und Pflanzen. Von seinem Balkon am Königshof schaut er auf „tolle Pflanzungen. Das hat die Stadt schön gemacht!“

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