Asyl in Deutschland Mettmann erhöht Steuer wegen Flüchtlingen

Düsseldorf/Mettmann · Als Grund für die Anhebung der Grundsteuer nennt die Stadt Mettmann in einem Schreiben die gestiegenen Ausgaben für Asylbewerber. Dafür gibt es Kritik. Aber tatsächlich fehlen den Städten Millionen für die Flüchtlingsversorgung.

Kosten für Flüchtlinge: Die wichtigsten Antworten
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Foto: dpa, rwe lof

Als Hausbesitzer Michael Hartmann vor wenigen Tagen den Grundsteuerbescheid von der Stadt Mettmann erhielt, ärgerte er sich nicht über die neuerliche Erhöhung, sondern über die Begründung dafür. "Die Finanzsituation der Stadt hat sich nicht verbessert. Es sind weitere Belastungen auf die Stadt zugekommen. Die Aufwendungen für Asylbewerber steigen zum Beispiel weiter deutlich an. Inzwischen bezuschusst die Stadt diese Aufgabe mit rund 1,5 Millionen Euro", stand wörtlich in dem Amtsschreiben, das unserer Zeitung vorliegt. Damit würden Ressentiments und Ausländerfeindlichkeit geschürt, so Hartmann.

Der 48 Jahre alte Hauseigentümer ist längst nicht der Einzige, der sich an der Formulierung der Stadtverwaltung stört. Die Entrüstung in der Mettmanner Bevölkerung ist enorm. Lokalpolitik und Bündnisse gegen Rechtsextremismus üben ebenfalls massive Kritik. Das liefere den Rechtspopulisten weitere Argumente und stifte sozialen Unfrieden, klagte etwa die Grünen-Politikerin Hanne Steffin-Özlük in dieser Woche.

NRW: Hier kommen die Flüchtlinge als erstes an
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Foto: dpa, ude htf bwe

Die Stadt ruderte umgehend zurück und entschuldigte sich. Das sei unglücklich gelaufen, erklärte Mettmanns Kämmerer Reinhold Salewski. In der offiziellen Stellungnahme der Stadt heißt es: "Die Verwaltung räumt ein, dass es besser und besonnener gewesen wäre, auf detaillierte Begründungen im Begleitbrief zur neuen Steuerfestsetzung zu verzichten."

Der Kern der Aussage bleibt trotz des Entschuldigungsschreibens aber bestehen: "Wir haben zu wenig Geld, um den stetig wachsenden Anforderungen der Flüchtlingsunterbringungen zu genügen", hieß es aus Kreisen der Mettmanner Stadtverwaltung. "Wenn es noch lange so weitergeht, wissen wir irgendwann nicht mehr, wo wir die Menschen kurzfristig unterbringen sollen."

So verteilen sich Flüchtlinge auf Europa
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Foto: Köhlen, Stephan (TEPH)

Eine Problematik, der sich aktuell fast alle 396 Kommunen in NRW gegenüber sehen, wie ein Sprecher von Innenminister Ralf Jäger (SPD) bestätigte. "Die Städte stehen derzeit unter einer enormen Belastung. Das muss man deutlich sagen." Kein anderes Bundesland muss so viele Asylsuchende aufnehmen wie NRW. "Wir tragen die Hauptlast. Mit 22 Prozent kommt fast ein Viertel aller nach Deutschland strömenden Flüchtlinge nach NRW", so der Sprecher weiter.

"Die Kommunen bekommen für die Unterbringung der Flüchtlinge jedoch zu wenig Geld", sagt ein Sprecher des Städte- und Gemeindebundes NRW. Ein Hauptproblem sei die sogenannte Stichtagsregelung. So erhalten die Städte jedes Jahr eine pauschalierte Landeszuweisung, die sich jedoch nur nach dem Bestand der Flüchtlinge zum 1. Januar des Vorjahres errechnet, also nie den wirklichen Flüchtlingszahlen entspricht, was zu einer erheblichen finanziellen Unterversorgung führt.

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So sieht der Landeshaushalt für 2015 insgesamt 215 Millionen Euro für die Unterbringung von Flüchtlingen vor. Dieser Betrag reicht aber eigentlich nur für die Versorgung von 28.380 Personen aus (Stand der Flüchtlinge am 1. Januar 2014). Aber allein zu Jahresbeginn 2015 waren es tatsächlich schon mehr als 58.000 Asylbewerber in NRW, die versorgt werden mussten. "Die Zahlen zeigen die eklatanten Schwächen der Landesfinanzierung kommunaler Flüchtlingskosten in Nordrhein-Westfalen. Die Pauschalerstattung ist unauskömmlich", kritisierte der stellvertretende Vorsitzende der CDU-Landtagsfraktion, André Kuper.

Zusätzlich verschärft wird die prekäre Finanzlage der Städte durch die sogenannten "geduldeten Flüchtlinge". Dabei handelt es sich um ausreisepflichtige Ausländer, deren Abschiebung vorübergehend ausgesetzt ist. Die Kosten für ihre Unterbringung und Versorgung tragen allein die Kommunen. "Das sind im Jahr 500 Millionen Euro, die die Städte zusätzlich aufbringen müssen", betont der Sprecher des Städte- und Gemeindebundes.

Stephan Articus, Geschäftsführer des NRW-Städtetages, sagte unserer Zeitung darüber hinaus, dass Menschen, deren Anträge mit hoher Wahrscheinlichkeit abgelehnt werden würden, bis zum schnelleren Abschluss ihrer Verfahren in den Erstaufnahmeeinrichtungen der Länder verbleiben sollten. "So könnten sich die Städte stärker um die Menschen kümmern, die lange hierbleiben und ihnen mit gezielten Integrationshilfen eine Perspektive eröffnen", sagte Articus.

(RP)
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