An(ge)dacht Alle an einem Tisch

Mettmann · Auf seinem Bild „Das letzte Abendmahl“ platziert Leonardo da Vinci Jesus in die Mitte einer Tafel. Seine Jünger drängeln sich rechts und links neben ihn. Die Botschaft: Einer ist zentral in der Mitte und die übrigen Menschen sind ihm nah oder fern.

Pfarrer Klaus Schilling, Ev.Kirchengemeinde Mettmann

Foto: Evangelische Gemeinde Mettmann

Westliche Vorstellung spiegelt sich darin wider! – So oft ich im Orient mit anderen essen war oder in Familien zum Essen eingeladen war, haben wir nie so gesessen. Außerhalb der Hotels wurde nicht ge-“tafelt“, sondern im Kreis um einen runden Tisch herumgesessen, oder sogar auf dem Boden um eine runde Tischplatte herum. Von der Sitzordnung her betont auch der Gastgeber seine Vorrangstellung nicht. Was ihn als Gastgeber heraus hebt ist sein Tun: zuerst bedient er seine Gäste. Ihnen teilt er das Gute zuerst zu. So bezeugt er den Gästen seine Wertschätzung. Der Vorrang des Hausherrn ist sein Dienst.

Die Ehre der Gäste ist ihr Bedient-Werden; sie sind Empfangende und darin sind sie gleich!

Auch die kreisförmige Sitzordnung betont die Gleichheit. Da ist keiner, der einem anderen gegenüber bevorzugt wäre. Bei einer solchen „Tafel-Runde der Wertschätzung“ braucht sich niemand vor zu drängeln.

Wir Menschen leben seit unserer Geburt davon, dass wir Empfangende sind. Wir bekommen unser Leben geschenkt! Dennoch sind wir von der Angst getrieben: „Ich komme zu kurz“. Und schon errichten wir Tafeln anderen gegenüber, statt ihnen in einer Tafel-Runde zu begegnen. Nun sollte klar sein: Es geht nicht allein um Essen und Trinken. Begegnungen von Mensch zu Mensch bestimmt diese Angst ebenso, wie Diskussionen zwischen Menschen. – „Nur ja nicht zu kurz kommen!“ „Nur ja nicht klein beigeben!“ Wir alle kennen diese stillen Antreiber. Macht zu verlieren, davor haben wir Angst.

Das ist die Ursache dafür, dass das Unbekannte und dass die Unbekannten, uns fremd sind und fremd bleiben. Die persönliche Angst „Ich komme zu kurz“ macht den anderen zum Konkurrenten, den es zu beherrschen gilt. Aber der andere Mensch neben mir ist nicht der Fremde, er ist ein Mensch, wie ich. Nicht das Unbekannte oder Ungewohnte bereitet mir Unbehagen. Meine Angst, meine Macht zu verlieren, bereitet mir Unbehagen. Und darauf reagiere ich, z.B. mit Rechthaberei und Ausgrenzung. Auch Worte können verletzen!

Wollen wir unser Zusammenleben neu ordnen, müssen wir – davon bin ich überzeugt - mit unserem Denken, Reden, Tun und Lassen wieder an der „Tafel-Runde der Wertschätzung“ Platz nehmen. Oder wie es so schön heißt: „Wer der Größte unter euch sein will, sei euer aller Diener“.