Erkrath Man sollte den Moment genießen

Erkrath · Der Erkrather Sozialpsychologe und Entspannungspädagoge Christian Mörsch beschäftigt sich mit Zeitmanagement. Mit Entspannungsübungen gewinnt man Zeit dazu.

 Die Zeit und wie man sie wahrnimmt: ein Thema für Autor Christian Mörsch. Die Stunden vergehen schneller, wenn der Mensch eine Aufgabe hat, die ihn herausfordert.

Die Zeit und wie man sie wahrnimmt: ein Thema für Autor Christian Mörsch. Die Stunden vergehen schneller, wenn der Mensch eine Aufgabe hat, die ihn herausfordert.

Foto: Dietrich Janicki

"Time is money — Zeit ist Geld", einer der häufigsten Sprüche, die man in der heutigen Zeit beim Thema "Umgang mit der Zeit" zu hören bekommt. Während damit für viele der Aspekt im Vordergrund steht, in einer vorgegebenen Zeitspanne möglichst viele Aktivitäten unterzubringen, steht für den Erkrather Christian Mörsch, Dipl.-Sozialpsychologe und Leiter der Stress-Management-School, hingegen ein ganz anderer Aspekt im Vordergrund: "Wie sollte man mit der Zeit umgehen, damit sie möglichst lange zur Verfügung steht?

"Schließlich lässt sich der Takt der Zeit nicht verändern, aber jeder nimmt Zeit anders wahr. Mörsch macht es an einem Beispiel deutlich, das auf Albert Einsteins Relativitätstheorie zurückgeht. Wenn man mit einem netten Mädchen zwei Stunden zusammen ist, hat man das Gefühl, es seien zwei Minuten. Wenn man zwei Minuten auf einem heißen Ofen sitzt, hat man das Gefühl, es seien zwei Stunden.

Im Zuge seiner Anti-Stress-Kurse hat das Zeitmanagement einen wichtigen Stellenwert, berichtet Mörsch. Häufig bekommt er zu hören: Ich habe bei meinem dichten Terminkalender gar nicht die Zeit für Entspannungsübungen.

Dies sei jedoch ein Trugschluss. "Ich sage, man verliert dadurch keine Zeit, sondern man gewinnt durch die Übungen vielmehr Zeit, weil man anschließend wieder viel konzentrierter und leistungsfähiger ist." Gibt es also die Möglichkeit, die immer gleich schnell vergehende Zeit für sich besser zu nutzen, somit die schönen Stunden des Lebens für sich zu verlängern? "Man sollte den Moment genießen, jeden einzelnen Tag bewusster leben", rät Mörsch.

Keinen Stress in der Freizeit

Und das gelte nicht nur für die schönen Zeiten wie den Urlaub oder das Wochenende, jeder Tag habe seine schönen Seiten und Zeiten. "Wenn ich die ersten Tage meines Urlaubs bereits intensiv genieße, kommen sie mir viel länger vor, als wenn ich gleich zu Anfang schon dauernd an den Rückflug denke." Doch auch die Freizeitphasen dürfe man nicht völlig überfrachten, sonst sei es mit der Entspannung schnell vorbei.

Viele kommen aus dem Büro und arbeiten dann direkt mehrere Freizeittermine ab. Das gelte übrigens nicht nur für Erwachsene, auch bei Kindern sei dieser Freizeitstress schon zu beobachten, weiß Christian Mörsch. Schließlich gibt er auch regelmäßig Entspannungskurse für Schüler zur Vorbereitung auf die Abiturprüfungen. "Die Förderung von Kindern ist ganz wichtig, aber man darf es auch nicht übertreiben", betont er.

Die Kehrseite der Medaille gibt es ebenfalls, da kommt es einem vor, als schleiche die Zeit nur so dahin. Die Zeit vergeht nämlich scheinbar schneller, wenn der Mensch eine Aufgabe hat, die ihn herausfordert, ihm geistige Anstrengung abverlangt. Muss er hingegen vermeintlich unnötige Wartezeiten überbrücken, etwa weil er längere Zeit im Stau steht, dann macht sich bei ihm Langeweile breit.

"Das Schlimmste wäre in dem Moment, sich nur darüber zu ärgern, wenn man die Situation ohnehin nicht ändern kann. Man sollte diese Zeit vielmehr ebenfalls sinnvoll nutzen", rät Mörsch. Zum Beispiel zu kurzen Entspannungsübungen. Oder ein Hörbuch genießen, das für solche Augenblicke vorsorglich im Handschuhfach deponiert wurde. Oder einfach nur der Musik aus dem Autoradio lauschen. Es gibt viele Möglichkeiten.

Besonders gut nutze der Mensch die ihm zur Verfügung stehende Zeit während des Flow-Erlebens, berichtet Mörsch in seinen Kursen. Die von dem Psychologen Mihaly Csikszentmihalyi erkannte Flow-Theorie geht davon aus, dass bei Aufgaben, in denen man völlig aufgeht, also weder unter- noch überfordert ist, die Zeit für den Betroffenen keine Rolle mehr spielt. Sie scheint dann fast stehen zu bleiben.

(mue)
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