Mettmann Kirche muss missionarisch einladen

Mettmann · Herr Hennes, herzlichen Glückwunsch zu Ihrem neuen Amt. Was genau wird Ihre neue Aufgabe sein?

 Pfarrer Ulrich Hennes aus Hilden ist neuer Kreisdechant. Er will Gott wieder mehr in das Bewusstsein der Menschen bringen.

Pfarrer Ulrich Hennes aus Hilden ist neuer Kreisdechant. Er will Gott wieder mehr in das Bewusstsein der Menschen bringen.

Foto: Anja Tinter

Herr Hennes, herzlichen Glückwunsch zu Ihrem neuen Amt. Was genau wird Ihre neue Aufgabe sein?

Hennes Der Kreisdechant vertritt das Erzbistum im Kreisdekanat nach innen und nach außen. Nach außen bedeutet gegenüber dem Kreis Mettmann. Nach innen ist der Kreisdechant für die Kommunikation zwischen den Pfarreien auf der unteren Ebene und dem Erzbistum auf der oberen Ebene verantwortlich. Er lädt beispielsweise die 15 leitenden Pfarrer im Kreisdekanat alle zwei bis drei Monate zu einer Konferenz ein.

Wie viele Kreisdechanten gibt es im Erzbistum Köln?

Hennes Im Bistum gibt 15 Stadt- oder Kreisdechanten. Sie kommen regelmäßig mit dem Erzbischof und seinen Mitarbeitern in der Bistumsleitung zusammen. Das ist eine der strategisch wichtigsten Konferenzen im Bistum. Diese Aufgabe finde ich besonders reizvoll.

Welche Themen sehen Sie dort auf der Tagesordnung?

Hennes Alle wichtigen Fragen, die die Gegenwart und Zukunft der Kirche unseres Erzbistums betreffen in pastoraler wie struktureller Hinsicht. Aktuell sollten wir dort über das Dekret der Deutschen Bischofskonferenz zum Kirchenaustritt sprechen, zu dem ein Brief gehört, der an alle Ausgetretenen verschickt werden muss. Dass es dazu aus Sicht der Pfarrer vor Ort Gesprächsbedarf gibt, war ja kürzlich bereits in der Presse zu lesen.

Die Kirche ist eine Minderheit geworden. Wo sehen Sie denn die wichtigsten "Baustellen"?

Hennes Minderheit? Immerhin gehören noch zwei Drittel der deutschen Bevölkerung einer christlichen Kirche an. Auch wenn der Gottesdienstbesuch bei vielen nicht zu ihrem christlichen Selbstverständnis gehört, haben die Menschen offenbar gute Gründe, nicht aus der Kirche auszutreten. Die Kirche nimmt ja viele wichtige soziale Aufgaben wahr. Ich stelle auch immer wieder fest, dass viele froh sind, an wichtigen Punkten ihres Lebens von der Kirche begleitet werden. Das gilt besonders beim Todesfall. Die Begleitung der Menschen in Sterben, Trauer und Tod gehört zu unseren ganz wesentlichen Aufgaben.

Und wo hakt es?

Hennes Ich würde lieber von Herausforderungen sprechen. Beispielsweise bei der Glaubensverkündigung. Wir Theologen sprechen zu oft "Kirchisch", eine Fachsprache, wie es sie auch in vielen anderen Berufen gibt. Wir müssen aber eine Sprache sprechen, die die Menschen verstehen. Wenn zum Beispiel jemand nach langer Krankheit verstorben ist, sagen seine Angehörigen häufig, der Tod sei für ihn eine Erlösung gewesen. Da wird der theologische Begriff "Erlösung" dann plötzlich sehr anschaulich. Was und wie wir verkünden, muss für die Menschen plausibel sein und Anknüpfungspunkte an ihre Lebenssituation aufzeigen.

Was liegt Ihnen besonders am Herzen?

Hennes Unsere Gottesdienste müssen die Menschen berühren, sie ansprechen, ohne den Kopf auszuschalten. "Das hat mit mir zu tun" muss erfahrbar, Sinn erschlossen werden.

Kümmert sich die Kirche genug um die Menschen in der Gesellschaft, denen es schlecht geht?

Hennes Wir müssen wir unser soziales Engagement, unser Einstehen für Menschen, die auf unterschiedliche Weise benachteiligt sind, unermüdlich fortsetzen. Das gehört wesentlich zu unserer Sendung als Kirche. Und wir müssen missionarisch sein: einladend für Menschen und interessiert an Menschen, die noch nicht zu uns gehören, und zwar zunächst einmal ohne "Geschäftsinteressen". Letztlich geht es darum, dass Gott in unserer Gesellschaft auch weiterhin zu Wort und ins Wort kommt und nicht aus dem Bewusstsein der Menschen schwindet.

Werden Sie als Kreisdechant weniger in Hilden präsent sein?

Hennes Die neue Aufgabe wird Zeit in Anspruch nehmen. Ich kann noch nicht sagen, wie viel. In unserer Hildener Gemeinde arbeiten viele ehrenamtlich Engagierte. Ich weiß, dass sie mir den Rücken freihalten werden. Ihnen bin ich zu großem Dank verpflichtet.

Wie sieht Ihr Arbeitstag aus?

Hennes Ich stehe kurz vor sechs auf. Um 6.30 Uhr bin ich in der Kirche zum persönlichen Gebet. Um sieben Uhr wird daraus ein gemeinsames Gebet mit anderen Gläubigen. Gegen 7.30 Uhr beginnt mein Arbeitstag, der häufig mit unterschiedlichen Terminen, mit Gremienarbeit und Sitzungen bis 22 Uhr dauert. Danach gibt es manchmal zu Hause noch was zu tun, dann schalte ich noch etwas ab und gehe spätestens gegen Mitternacht ins Bett.

Wie halten Sie dieses Arbeitspensum durch?

Hennes Bislang ganz gut. Ich muss gestehen: Ich halte 30 Minuten Mittagsschlaf. Der ist mir wirklich heilig. Montags ist - in der Regel - mein freier Tag. Da schlafe ich etwas länger. Im Laufe des Jahres tue ich noch zu wenig, um mich körperlich fit zu halten, lediglich wandern. Nur im Urlaub finde ich Zeit zum Schwimmen, Wandern, Skifahren oder Radfahren.

Wie viel Urlaub haben Sie?

Hennes Fünf Wochen im Jahr. Er bemisst sich nach dem Lebensalter. Darüber hinaus kann ich noch eine Woche Exerzitien (geistliche Übungen, beispielsweise in einem Kloster) und eine Woche Fortbildung in Anspruch nehmen.

Christoph Schmidt führte das Gespräch

(RP)
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