Erkrath Kindergarten ohne Spielzeug

Erkrath · Das Projekt läuft bereits zum vierten Mal. Womit die Kinder bis Ende Mai spielen? Mit Kartons und Trittbrettern, Tüchern und Decken. "Sie sollen überlegen, was sie mit den Gegenständen machen", sagt die Leiterin.

Ein Kindergarten ohne Spielzeug? Das ist doch ein Widerspruch in sich! Oder doch nicht? Der Kindergarten Kattendahl am Drachental führt in diesem Jahr schon zum vierten Mal das Projekt "Spielzeugfreier Kindergarten" durch. Puppenhäuser, Spielzeugautos oder Brettspiele sind seit vergangenem Donnerstag und noch bis zum 31. Mai vergeblich zu suchen. Aber womit spielen die Kleinen denn dann?

"Wir haben sowohl in den Gruppenräumen, als auch im großen Flur Kartons, Tücher, Decken, Trittbretter und Ähnliches verteilt", sagt Lieselotte Sperling, Leiterin des Kindergartens. Bei diesen Gegenständen handele es sich um "wertfreie Gegenstände" – also um Dinge, denen die Kinder selbst eine Bedeutung zumessen müssen. "Die Kinder sollen überlegen, was sie mit den Gegenständen machen wollen. Dabei kommen die unterschiedlichsten Ideen zutage", sagt Sperling, gerade als Viktoria und Leonie versuchen, gemeinsam auf Trittbrettern eine Rampe runter zu rutschen. "Für das Vorhaben von Viktoria und Leonie ist zum Beispiel Kommunikation sehr wichtig", sagt Sperling. Die werde mit Hilfe des Projekts ebenfalls gefördert. Darüber hinaus sollen soziale und emotionale Kompetenzen erweitert werden.

Natürlich gibt es Momente, in denen die 50 Kinder im Alter von einigen Monaten bis zur Einschulung ihre geliebten Spielsachen vermissen und absolut keine Lust mehr haben, sich Spiele mit Papierrollen auszudenken. "Aber dann appellieren wir wieder an ihre Kreativität und fragen sie, ob sie mit den vorhandenen Sachen nicht etwas genauso tolles machen könnten", sagt Sperling.

Die kleine Alexandra und ihre Freundin Soukaina gehen mit einer selbst gebastelten Kochmütze den Flur entlang und bleiben vor der Erzieherin stehen. "Wir können dir was kochen", sagt sie begeistert. Sie holt einen Papier-Kochtopf und diverse Zutaten aus bunten Papierschnipseln hervor. "Heute morgen gab es Kartoffelsuppe mit Brokkoli", sagt die Dreijährige lächelnd. Auf die Idee mit dem selbst gebasteltem Kochtopf muss Alexandra gekommen sein, als sie sich überlegen musste, was sie ohne ihre Puppenstube machen soll.

Das Projekt kommt bei jeder Altersgruppe sehr gut an. Die Null- bis Dreijährigen beschäftigen sich mit Papierrollen sowie Kissen und Flaschen anstatt mit Bauklötzen. Die Drei- bis Sechsjährigen toben liebend gerne auf dem Flur, schieben Stühle hin und her und erfinden Spiele mit ihren Freunden. Insgesamt ist es ein Projekt, das viel mehr bei den Kindern anspricht, als es zunächst den Anschein hat. "Alle Ebenen der Entwicklung, von Sprach- und Kommunikationsförderung, über das Austesten der eigenen Grenzen bis hin zu diversen Schlüsselkompetenzen werden durch das Projekt gefördert", resümiert Sperling.

(mego)
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