Liebhaber-Fahrzeug in die Kreisstadt geholt Mit Oldtimer von Mettmann nach England

Mettmann · In Zeiten des Brexit brachten die Redcliffes einen 66er Citroën DS 19 Cabriolet von der Kreisstadt auf die Insel.

 Robin Redcliffe (70) mit seinem Sohn Robert (41) mit dem 66er Citroën DS 19 Cabriolet.

Robin Redcliffe (70) mit seinem Sohn Robert (41) mit dem 66er Citroën DS 19 Cabriolet.

Foto: Sabine Maguire

Noch vor Mitternacht waren sie in Christchurch in der Grafschaft Dorset losgefahren, um mit dem Autozug durch den Tunnel nach Calais zu kommen. Von dort ging es ohne Zwischenstopp, dafür aber bei Sturm und Schneeregen weiter nach Mettmann, wo sie neun Stunden später ankamen. „Ich bin mittlerweile zu alt für so etwas“, stöhnte Robin Redcliffe (70), aber seine Augen strahlten. Denn vor ihm ist das Objekt seiner Begierde und der Grund für diese aufregende Nachtfahrt: ein 66er Citroën DS 19 in schokoladenlila, als ganz seltenes Cabriolet mit schokoladenbraunem Dach.

Lange hatte der Frankreich-Liebhaber in ganz Europa nach einem solchen Auto gesucht, leider findet man die wirklich nicht an jeder Straßenecke. Vor Weihnachten wurde er über eine Anzeige bei Michael Fröhlich und seinen „Fantastischen Fahrzeugen“ fündig.

Stapelweise wechselten Fotos und technische Unterlagen über den Kanal, während schon der Brexit drohte und dann auch noch ein Amerikaner in Konkurrenz auftrat.

Dann ein kurzer Entschluss in der vergangenen Woche: Herüberkommen zur Prüfung und bei Gefallen das Traummobil gleich auf den Trailer - bevor die Verträge mit der EU unter Dach und Fach sind, hieß es seitens des Verkäufers. Danach könnte der Import durch höhere Steuern belastet werden, und lange Schlangen an der Grenze, pingelige Kontrollen und der zu erwartende Papierkram könnten ihm den Spaß verderben. Für den renommierten Gartenarchitekten, der europaweit geplant hat, ist der Brexit eine ausgemachte Dummheit – da verlässt ihn für einen Moment die britische Höflichkeit für eine deftige Schimpfkanonade.

Schon jetzt wäre die Überweisung der Kaufsumme ein zeitraubender Ringkampf gewesen - also packte Robin Redcliffe die Geldscheine in einen Koffer, sein Sohn und Copilot Robert (41) spielte den Leibwächter. Und was sagte an der Grenze der Zoll? Leises Pfeifen und deutliches Desinteresse lassen diese Frage unbeantwortet. Viel lieber spricht er über seine Citroën-Sammlung und sein Haus in der Nähe von Bordeaux, wo er im Wechsel mit Christchurch seinen Ruhestand verbringt. Verträumt macht er das Verdeck auf und wieder zu, schmiegt sich grinsend an die Kopfstützen mit den Ausmaßen eines Federbettes, fährt die Hydraulik der Höhenverstellung rauf und wieder runter und feiert auf seine Weise Weihnachten.

„Michael, this is my car!“ freut er sich und verrät Oldtimer-Händler, dass er sich schon diverse andere Exemplare angeschaut hat und dieses hier von allerfeinster Qualität sei. Vor der Abfahrt durfte Sohn Robert das Cabrio noch schnell in einem luxuriösen Trailer verzurren, mit dem der normalerweise sein Formel-Ford-Rennauto zu den Rennen transportiert - und das schon seit 20 Jahren. Mehr als autoverrückt ist die Familie, aber die Engländer pflegen eben ihre Traditionen. Und dann ging es auch schon wieder auf die Rückfahrt - nonstop, mit leerem Geldkoffer, aber dafür mit vollem Trailer.

An den Redcliffes nagte indessen die Ungewissheit. Einmal, ob der Schneefall heftiger wird und vor allem plagt sie die Frage, was der englische Zoll jetzt wohl mit der Beute machen wird. Die Zeiten, in denen ein DinA4-Blatt zum Import innerhalb der EU reichte, scheinen wohl schon vorbei zu sein – aber Verbindliches wollte oder konnte ihm die Behörde vorher auch nicht sagen. „Nur Chaos“ ärgert sich Robin Redcliffe.

Er hofft nun auf die Höflichkeit seiner Landsleute an der Grenze und dass sie ihm den Spaß an seiner Neuerwerbung nicht verderben. Vielleicht wäre es günstiger gewesen, das lila Auto mit braunem Dach als Schokoladen-Riegel zu deklarieren.

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