Kreis Mettmann Sie steht Frauen in Notlagen zur Seite

Kreis Mettman · Kerstin Winkelmann übernimmt seit mehr als 20 Jahren ehrenamtlich die Rufbereitschaft für die Notfallnummer des Frauenhauses.

Wenn jemand auf dieser Nummer anruft, ist es ernst. Dann schaltet Kerstin Winkelmann von Alltag auf Notfall. Geht sie ans Telefon, gibt es zwei Szenarien: Entweder ist es die Polizei, die für ein Opfer häuslicher Gewalt einen Platz im Frauen- und Kinderschutzhaus sucht. Oder die Frau schafft es, selbst anzurufen.

Was danach kommt, ist immer gleich: Kerstin Winkelmann gibt einen Treffpunkt durch und ruft im Frauenhaus an. „Von dort macht sich jemand auf den Weg, um die Frau am vereinbarten Ort abzuholen“, sagt die 48-Jährige. Vor über 20 Jahren hat die Ehrenamtlerin beim SKFM damit begonnen, die Rufbereitschaft für die Notfallnummer des Frauenhauses zu übernehmen. Einmal in der Woche, anfangs noch ohne Handy und für diese Zeit ans Haus gebunden.

„Ich hatte in der Zeitung gelesen, dass man dafür jemanden sucht“, erinnert sie sich an ihren ersten Telefondienst. Der mittlerweile erwachsene Sohn sei damals im Kindergartenalter gewesen und sie selbst habe in ihrer freien Zeit etwas Sinnvolles tun wollen.

Gleich in den ersten Wochen rief eine Frau an, die mit ihrem Baby in Not war. Kerstin Winkelmann nannte der Frau den Treffpunkt, zu dem sie mit ihrem Kind kommen sollte. Jemand aus dem Frauenhaus hätte sie abholen sollen – aber dort ging niemand ans Telefon. Später stellte sich heraus: Der Dauerbesetztton war ein Fehler in der Leitung. „Die Frau stand nun mitten in der Nacht mit ihrem Baby am Treffpunkt und niemand kam, um sie abzuholen“, erinnert sich Kerstin Winkelmann an einen Schreckmoment, in dem sie beinahe ihre Grenzen überschritten hätte.

Denn selbst zum Treffpunkt fahren darf sie nicht. Irgendwann ging der Ruf im Frauenhaus dann durch und die Sache klärte sich. Die Frauen direkt ins Frauenhaus schicken? Auch das geht nicht. Wo dieser Schutzraum für misshandelte Frauen ist, weiß kaum jemand. Anders geht es nicht, um aufgebrachte, spionierende Männer von diesem Ort fernzuhalten.

Ist es die Frau selbst, die bei ihr um Hilfe bittet, so sind die ersten Fragen diese: „Sind Sie sicher? Sind ihre Kinder sicher? Ist ihr Partner noch in der Nähe?“ Viel Zeit für langatmige Erklärungen bleibe ohnehin nicht. „Ich werde dann ganz ruhig und merke an der Tonlage, wie es den Frauen geht“, erzählt Kerstin Winkelmann. Manchmal müsse sie die Frauen dazu drängen, schnell ihre Unterlagen zusammenzupacken und aus der Wohnung zu gehen. Die Polizei ist da schon auf dem Weg.

Einmal habe sie eine Frau angerufen, die unüberhörbar von ihrem Partner bedroht worden sei. Geschrei im Hintergrund – und dann war plötzlich das Gespräch weg. Es sei ein anonymer Anruf und ein Rückruf nicht möglich gewesen. Sie habe noch nicht mal gewusst, aus welcher Stadt die Frau angerufen habe. Ein Augenblick, der ihr besonders nahe ging.

In den meisten Fällen allerdings kann sie den Frauen helfen. In akuten Notsituationen alarmiert sie die Polizei und sorgt für die Aufnahme im Frauenhaus. Ratsuchenden Frauen vermittelt sie Kontakte zum SKFM-Netzwerk. Sie gehört eben zu denjenigen, die dafür sorgen, dass auch nachts immer jemand erreichbar ist.

Ob es Tage gibt, an denen besonders viele Frauen anrufen? Zu Weihnachten oder in der Urlaubszeit? Das hat Kerstin Winkelmann in all den Jahren nicht wirklich feststellen können. Dann erzählt sie noch von einer Doktorarbeit, die sich mit dem Zusammenhang von häuslicher Gewalt und Fußball befasst habe. Verliert der eigene Verein, lassen Männer ihren Frust an ihrer Frau aus: Eine ebenso kuriose wie traurige Verbindung.

Manchmal gebe es mehrere Anrufe an einem Abend, dann sei wieder wochenlang nichts. Hin und wieder komme es auch vor, dass sich Frauen bei ihr melden, die nicht akut bedroht, aber mit der Situation überfordert sind. Die verweist sie dann an ein gut vernetztes Hilfesystem. Vor Frauen, die sich aus Gewaltbeziehungen lösen, habe sie großen Respekt. „Ganz woanders nochmal neu anzufangen: Das ist nicht leicht.“

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