Geistliches Wort aus Mettmann „Im Anfang war das Wort“ – und dann?

Mettmann · Der „tweet der Woche“ lief am Montag um die Welt und kam vom Präsidenten der USA. Der Wortlaut (ins Deutsche übersetzt) lautete: „Wenn die Türkei irgendetwas unternimmt, was ich in meiner großartigen und unvergleichlichen Weisheit für tabu halte, werde ich die türkische Wirtschaft vollständig zerstören und auslöschen.“ Über Twitter ist die Öffentlichkeit ja schon manches von diesseits oder jenseits des Atlantik gewöhnt, erreicht aber mit dieser Botschaft eines Staatsführers eine neue erschreckende Qualität.

 Pfarrer Herbert Ullmann will sensibel machen für einen angemessenen Umgang mit dem Wort.

Pfarrer Herbert Ullmann will sensibel machen für einen angemessenen Umgang mit dem Wort.

Foto: Dietrich Janicki/Janicki, Dietrich (jd-)

„Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott“, so heißt es am Beginn des Johannesevangeliums. Dieser eindrucksvolle Text wird am Weihnachtsfest gelesen. Das WORT hat vom Ursprung her göttliche Qualität. Der Mensch, Ebenbild seines Schöpfers, hat die Verantwortung bekommen, mit Sprache, mit dem Wort als wertvolle Gabe umzugehen. Das hebt den Menschen heraus aus der Masse der Geschöpfe. Und was für beeindruckende Zeugnisse des Umgangs mit Worten, kunstvoller Vermittlung von Erfahrung, Überzeugung, Wegweisung und Meinungsbildung schafft die Weltliteratur.

Bei der jetzt beginnenden Frankfurter Buchmesse werden die Verlage vieler Länder ihre neuesten Werke präsentieren. Das geschriebene und gesprochene Wort (Hörbücher) hat nichts an Attraktivität und Faszination eingebüßt, wenn es „wahr“ ist. Das Wort, mündlich wie schriftlich, kann Gewaltiges bewirken, Gutes wie Schlechtes, Aufbauendes oder Zerstörendes. Es kann verbinden oder trennen, es kann heilende oder auch krank machende Folgen haben. Mit Worten behutsam umzugehen ist eine manchmal sehr anspruchsvolle Aufgabe, vor allem für Choleriker. „Wer sich in seinen Worten nicht verfehlt, ist ein vollkommener Mensch…“ formuliert der Jakobusbrief des Neuen Testamentes.

Immer wieder treffe ich in der Seelsorge auf Menschen, die seelisch belastet sind durch zerstörerische Worte (auch fake-news) die man ihnen „um die Ohren geknallt“ hat, oder die sie auch selbst ausgesprochen haben, und deren Folgen nicht mehr zurückzunehmen sind. Wer die Gabe des differenzierten Zuhörens hat und auch die Geduld dazu, der geht in der Regel sorgfältiger mit Worten, mit Sprache um.

Der geistliche Schriftsteller Paul Weismantel bringt es in einem Gebet auf den Punkt: „Mit der Wahl meiner Worte will ich gewaltfrei angehen … gegen üble Nachrede und Lüge … will ich eintreten für eine bewohnbare Sprache, in der Menschen miteinander befreiend und heilend zu Wort kommen, … dass darin anklingt, wodurch das Herz auflebt, … dass meine Worte nicht wie Steine und Waffen, sondern wie Brot und Rosen wirken.“

(RP)
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