Erkrather Hammer-Prozess "Ich sah in den Augen, wenn er ausflippt"

Erkrath · Der Mann ist ein Januskopf. Willi K.* sagt selbst von sich, dass er ein Mensch mit zwei Gesichtern ist. Zwei Gesichter, die einen ganz unterschiedlichen Menschen zeichnen. Seit der heute 54-jährige Erkrather vor vier Jahren Vater von zwei Kindern wurde, kümmerte er sich rührend um die beiden.

"Er tat alles für die Kleinen", sagte selbst seine Schwester Juliane H.* zu der er bereits im gemeinsamen Elternhaus ein schwieriges Verhältnis pflegte. Doch sie kennt auch die andere Seite, die Aggressionen, die den Familienvater anscheinend immer wieder ausflippen ließen. "Ich hatte Angst vor ihm. Er ist eine tickende Zeitbombe", sagte die Schwester bei der Polizeivernehmung kurz nach der Tat ihres Bruders. Am 12. Dezember hatte Willi K. seine verfeindete Nachbarin an deren Arbeitsplatz, einer Bäckerei an der Erkrather Bahnstraße, aufgesucht und sie mit Hammerschlägen traktiert.

Am Montag vor Gericht mochte sie nicht mehr sprechen, zu sehr ängstigte sie die Nähe des einige Meter neben ihr sitzenden Angeklagten. Ihr eigener Bruder. Das Gericht verlas die Aussage aus der polizeilichen Vernehmung. "Wir haben zwar dieselben Eltern, aber sonst ist da nichts", sagte sie damals. "Ich war Erstgeborene und meine Eltern wollten eigentlich einen Sohn. Wir hatten also immer ein schlechtes Verhältnis, weil er von meinen Eltern erwünscht war." Auch sie sei schon von ihm geschlagen worden, "ich kenne niemanden, der mit ihm befreundet ist", sagte sie. "Ich sah in den Augen, wenn er ausflippt."

Die andere Seite von Willi K. beschrieb Irma L.* Die Lebensgefährtin seines Bruders hatte ihn bei gelegentlichen Familienfesten oder Wochenendtreffs nur ruhig, diszipliniert, als Familienmensch erlebt. "Ich hätte nie gedacht, dass das mal passiert." Doch der Streit zwischen Willi K. und den Nachbarn schien immer heftiger zu werden, erzählte Irma L. Das letzte halbe Jahr vor der Tat sei er sehr angespannt gewesen, weil er wohl fürchtete, dass seinen Kindern etwas angetan werden könnte, sagte sie. Während Irma L. erzählte, mit welcher Liebe er seine Kinder behandelte, wie glücklich er sich schätzte, im fortgeschrittenen Alter endlich eine Familie zu haben, weinte Willi K. in seiner Anklagebank. Er schluchzte und wischte sich immer wieder die Tränen aus den Augen. Derselbe Mann, der am 12. Dezember der verfeindeten Nachbarin in der Erkrather Bäckerei mit einem Hammer brutal auf den Kopf schlug. *Namen geändert

(RP/ac/EW)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort