Erkrath Hitlerjunge Salomon

Düsseldorf · Gymnasium am Neandertal will Schule ohne Rassismus werden. Der aus Israel angereiste Sally Perel (84) erläutert den Schülern am Beispiel der eigenen Biografie die Mechanismen der Verführung in der Nazi-Zeit.

Gebannt und voller Respekt lauschen die Schüler des Gymnasiums am Neandertal den dramatischen Schilderungen eines der letzten Zeitzeugen des Holocaust. Immer wieder reist Sally Perel (84), der Autor des autobiografischen Buchs "Ich war Hitlerjunge Salomon" aus Israel nach Deutschland. An seinem eigenen Beispiel erläutert er Schülern die Mechanismen der Verführung in der Nazizeit und ermahnt sie zu Wachsamkeit und selbstständigem Denken.

"Ihr seid nicht verantwortlich für das, was damals passiert ist, aber ihr seid verantwortlich dafür, dass die Wahrheit über die Nazizeit weitergetragen wird und Neonazis keine Chance haben." Gerade die aberwitzigen Erlebnisse seiner Jugendjahre, die ihn zur Tarnung seiner Identität in die Rolle des Hitlerjungen zwangen, führen jungen Menschen plastisch vor Augen, wie selbst er — als erklärter Feind und Opfer des Regimes — die Verlockungen und Gräuel der Zeit erlebte.

Kein Vorwurf an Kameraden

"Die Indoktrinierungen waren wie ein Gift, das langsam das Gehirn überschwemmt." Seinen ehemaligen Kameraden bei der Hitlerjugend macht Perel heute für ihre damalige Überzeugung keinen Vorwurf. Allerdings habe das Schweigen aus Scham und Schuldgefühlen nach dem Krieg dazu geführt, dass Neonazis heute wieder Lügen über den Tod von 55 Millionen Menschen, darunter 6 Millionen Juden, verbreiten könnten.

Sally Perel war bereits mehrfach am Gymnasium Hochdahl zu Gast und kam nun erstmals auch nach Alt-Erkrath. "Der authentische Bericht eines Zeitzeugen bewirkt manchmal mehr als ein halbes Jahr Geschichtsunterricht", räumt Sozialwissenschaftslehrer Herbert Griesmann ein. Mit viel Engagement bewerben sich die Schüler und Lehrer des Gymnasiums am Neandertal um den Titel "Schule ohne Rassismus — Schule mit Courage". Der Besuch Sally Perels war für die Schüler der 10. — 12. Jahrgangsstufe der Höhepunkt eines einwöchigen Schulprojekts. In allen möglichen Fächern, auch beispielsweise im Sprachunterricht, war das Thema Rassismus behandelt worden. Die jüngeren Jahrgänge werden das Thema in einer Klassenlehrerstunde behandeln. "Die Anregung für das Projekt kam von den Schülern selbst", erzählt Verbindungslehrer Jörg Fromme.

Schülervertreter Yannic Arnold und Jan Pfeifer (11. Jahrgangsstufe) haben viel Energie in die Organisation des Projekts gesteckt. Wenn 70 Prozent aller Schüler, Lehrer und des Verwaltungspersonals die Selbstverpflichtung unterschreiben, sich gegen Rassismus und Ausgrenzung zu wehren, kann der Titel "Schule ohne Rassismus —Schule mit Courage" beantragt werden.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort