Mettmann Falken im Sturzflug

Mettmann · Vier Jungvögel hat ein Pärchen auf dem Kirchturm von St. Lambertus ausgebrütet. Bei ihren ersten Flugversuchen sorgen sie für Aufsehen.

 Pfingstsonntag hoben morgens um sieben Uhr drei Jungfalken zu Flugversuchen ab.

Pfingstsonntag hoben morgens um sieben Uhr drei Jungfalken zu Flugversuchen ab.

Foto: Mikko Schümmelfeder/MIKKOO

Im letzten Jahr waren es Nilgänse. Diesmal hat sich ein tollkühner Falke von St. Lambertus gestürzt. Jung, nur halbflügge – und dann war da auch noch diese Windböe. Jedenfalls lag der verschreckte kleine Kerl plötzlich flugunfähig und verhuscht an der Kirchenmauer. Erst hatte ihn ein angeleinter Pudel entdeckt, und dann kam Berthold Schulze hinzugeeilt. „Mein Sohn beobachtet die Falken schon seit Wochen“, erzählt der Marktbewohner von den ornithologischen Studien. Die reichen in diesem Falle übrigens bis zur „Zeugungsgeschichte“ zurück – quasi als Aufklärungsminute auf dem Dach der katholischen Kirche.

Im Falkenhorst am Kirchturm waren die Gefiederten damals noch zu zweit eingezogen, mit wunderbarem Weitblick über den Marktplatz. Romantische Turtelstündchen waren also garantiert – und jetzt sind sie dort oben zu sechst. Rein in den Kirchturm, raus aus dem Kirchturm: Die Eltern hatten ordentlich zu tun, um vier hungrige Schnäbel zu stopfen. Ob den Nestflüchtling dann der Übermut nach unten getrieben hat oder einfach nur eine der Windböen am Pfingstfreitag?

Ganz genau weiß das niemand. Jedenfalls kam die Sache zur Unzeit. Freitagabend, das Pfingstwochenende vor der Türe: Die Chancen, den kleinen Kerl irgendwo als Notfall unterzubringen, standen schlecht. Mit in die Wohnung nehmen und mal eben den Speiseplan von Jungfalken googeln: Puh, eher suboptimal.

Und dann fügten sich die Dinge dennoch auf eine wunderbare Weise. Berthold Schulze kramte die Telefonnummer von Detlef Regulski heraus. Der Uhu-Experte wohnt am Kaldenberg und als dort – schon im Dämmer – das Telefon klingelte, nahm Regulski den Hörer ab. Es dauerte keine halbe Stunde, bis er den Nestflüchtling in Augenschein nehmen konnte.

Mit Berthold Schulze machte sich der Landschaftswart noch am gleichen Abend auf den Weg zur Aufnahmestation in Sprockhövel. Von dort war später zu hören, dass alles nochmal gutgegangen ist. Der junge Falke war zwar im Stress und wegen des Trubels sein Kreislauf auf 180, aber sonst war der kleine Kerl gut beieinander. Er soll schon bald wieder einziehen im Kirchendomizil. Bis dahin haben die Falkeneltern nun einen Schnabel weniger zu stopfen.

Damit ist Falken-Geschichte an ihrem Ende angelangt? Ach woher denn, der Sonntag war doch ein wunderbarer Tag für einen sonnigen Pfingstausflug – und Berthold Schulze stand in den frühen Morgenstunden schon wieder auf dem Marktplatz. Diesmal war der Rest der gefiederten Truppe dort unterwegs, allesamt hinter dem Stadtgeschichtshaus.

Nein, ein Museumsbesuch bei den Aulen hatte die gefiederte Familie nicht geplant – stattdessen hatten zornige Elstern die jungen Falken nach unten gedrückt. Einer auf einem Aschenbecher, der andere hinter einem Weidenkorb: Es war nicht wirklich komfortabel. Allerdings scheinen zwei Tage im Falkenleben eine lange Zeit zu sein, denn die Drei konnten doch tatsächlich schon fliegen.

Obendrüber hatten die Helikopter-Eltern den Elstern längst den Garaus gemacht und sie verjagt. Und die gefiederten Jungspunde dürften danach so einiges zu erzählen gehabt haben unterm heimeligen Kirchturmdach.

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