Mettmann Ein Wirt, der seinen Job aus Liebe macht

Mettmann · Im Metzkausener Ratskeller bedient Udo Schmidt seit 37 Jahren seine Gäste. Seine älteste Kundin ist 93 Jahre alt.

 Udo Schmidt zapft seit 37 Jahren Bier Im Ratskeller.

Udo Schmidt zapft seit 37 Jahren Bier Im Ratskeller.

Foto: Dietrich Janicki

Gastfreundschaft ist für Udo Schmidt Beruf und Berufung. Seit 37 Jahren steht er im Ratskeller in Metzkausen hinter der Theke und ist damit einer der dienstältesten Wirte der Stadt. An den Ruhestand verschwendet er trotzdem noch keinen Gedanken. "Denn ich öffne immer noch jeden Tag gerne. Wenn ich den Job nicht mit Liebe machen würde, hätte ich schon längst aufgegeben." Besonders wichtig ist ihm der Kontakt zu den Menschen, die sich an seine Tische setzen. Dort serviert er ihnen selbst das kühle Bier und die Gerichte aus der gutbürgerlichen Küche. "Darauf lege ich viel Wert, denn wir sind kein klassisches Restaurant, sondern ein Gasthaus und pflegen die Kommunikation mit den Leuten."

Mit ihnen redet er über Gott und die Welt, das Wetter und die neusten Nachrichten. Von seinen Stammgästen erfährt er auch viel Privates. Sie schütten ihm ihr Herz aus, weil sie sich darauf verlassen können, dass er ihre Geschichte für sich behält. "Da fühle ich mich, ähnlich wie ein Pastor oder Arzt an eine Schweigepflicht gebunden. Diese Diskretion muss ich haben, sonst verliere ich das Vertrauen der Menschen", betont Udo Schmidt. Er gibt auch schon mal einen persönlichen Rat, ist aber vor allem ein guter Zuhörer. Viele seiner langjährigen Gäste haben ihren Partner verloren und suchen bei ihm für ein bis zwei Stunden am Tag die Geborgenheit und das Gespräch.

"Vor 30 Jahren hätte ich mir auch nicht träumen lassen, dass das mal mein Thema ist, doch das ist wohl der Lauf der Zeit." Viele seiner treuen Gäste sind mit ihm älter geworden. Einige kennt er schon von Anfang an, doch ihre Zahl schrumpft. "Viele habe ich schon auf ihrem letzten Weg begleitet", sagt Udo Schmidt. Seine älteste Kundin ist inzwischen 93 Jahre und kommt regelmäßig sonntagmorgens zum Stammtisch. "Darauf sind wir auch ein wenig stolz", betont Udo Schmidt. Für ihn ist es selbstverständlich, dass er die Dame ganz anders bedient als eine Familie mit Kindern. "Wir stellen uns auf jeden Gast ein. Dazu gehört auch ein gewisses Fingerspitzengefühl." Beruf, Bedeutung oder Kontostand spielen dabei für ihn keine Rolle. "Alle sind Menschen, da machen wir keine Unterschiede." Neben Kontinuität und Küche ist das für ihn eines seiner Erfolgsrezepte. Den Respekt hat er sich allerdings erst erarbeiten müssen. Als er mit 23 Jahren den Betrieb von seinen Eltern übernahm, haben ihn viele der Stammgäste kaum ernst genommen. "Sie wollten sich von mir nichts sagen lassen und mir fehlte die Erfahrung. Das war sehr schwierig."

Seine berufliche Laufbahn hatte sich Udo Schmidt eigentlich ganz anders vorgestellt. Er wollte Betriebswirt werden, anstatt die Familientradition weiterzuführen. Schon sein Großvater war Gastronom gewesen, doch er wünschte sich einen anderen Weg. Schließlich ging er aber doch bei den Eltern in die Lehre und hat seine Entscheidung nie bereut. "Es war richtig und heute kann ich mir nichts anderes mehr vorstellen."

Als einen der letzten Eingeborenen von Hassels, wie er sich selbst scherzhaft bezeichnet, kennt ihn in seiner Heimat fast jeder. Das ist für ihn Fluch und Segen zugleich. "Hier kann ich nirgends hingehen, ohne erkannt und angesprochen zu werden. Sogar im Urlaub auf Fuerteventura und in Dubai habe ich schon Gäste getroffen. Gleichzeitig weiß ich, wie die Menschen hier ticken und kann auf sie zugehen."

Diese Offenheit und die bodenständige Küche schätzen vor allem die vielen Niederländer, die zu ihm zum Essen kommen. "Sie sind ganz begeistert von den typisch deutschen Gerichten." Seine Kontinuität in einer sich scheinbar ständig beschleunigenden Zeit schätzen auch die Mitglieder des Bürgervereins Metzkausen und der St. Sebastianer Schützen, die den Ratskeller als Vereinslokal nutzen.

"Wir kennen ihn von zahlreichen Klönabenden und Vorstandssitzungen und haben ihn stets sehr persönlich und zuvorkommend erlebt. Es gab noch nie Beschwerden", sagt Alfons Rogowski, stellvertretender Vorsitzender des Bürgervereins Metzkausen. Trotz der Enge im hinteren Saal haben die Mitglieder sich bisher standhaft geweigert, woanders hin auszuweichen. "Lieber rücken sie enger zusammen."

Vieles hat sich im Verlauf von 37 Jahren verändert. Heute kann Udo Schmidt seine Türen deutlich früher schließen als damals. "In den Anfangsjahren ging es oft bis nachts um drei, heute ist in der Regel gegen 23 Uhr Feierabend." Wenn er etwas ändern könnte, wäre es das Rauchverbot, das ihm erhebliche Einbußen beschert hat, doch darauf hat er keinen Einfluss. "Also machen wir das Beste daraus." Mindestens zehn Jahre möchte der 58-Jährige den Ratskeller noch weiter führen. "Weil ich Spaß daran habe und das Haus ein Teil von mir ist", sagt der Wirt aus Leidenschaft. Denn sein Beruf ist für ihn auch Berufung.

(domi)
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