An(ge-)dacht Ein einfaches Sprachwunder

Mettmann · Die Urlaubszeit steht vor der Tür, und schon jetzt ranken sich viele Gespräche darum: "Was macht Ihr? Wo fahrt Ihr hin?" In solch einem Gespräch hörte ich neulich: "Ich fahre nur noch in Länder, deren Sprache ich beherrsche." Ca. 6500 Sprachen gibt es auf der Welt, Dialekte nicht mitgerechnet, und selbst die Tatsache, dass ungefähr die Hälfte der Menschheit eine der zehn Hauptsprachen spricht, schränkt die Zielfindung für den Urlaub unter Sprachaspekten erheblich ein.

 Michael Anhut, Diakon in St. Maximin, Wülfrath

Michael Anhut, Diakon in St. Maximin, Wülfrath

Foto: aH

Kommunikation, verstanden werden und sich verständlich machen, ist ein Grundbedürfnis, und das nicht nur im Urlaub. Oft habe ich auch hier bei uns das Gefühl, das wir verschiedene Sprachen sprechen, das wir aneinander vorbeireden, uns nicht verständlich machen können und nicht verstanden werden.

Viele Berufsgruppen haben eine eigene Fachsprache entwickelt und benutzen sie auch gegenüber Laien. Der Arzt, der die Diagnose mitteilt, als wäre er auf einem Mediziner-Kongress, der Jurist, der mir die Chancen einer gerichtlichen Auseinandersetzung aufzeigt, als hätte er einen Kollegen vor sich, der Computerspezialist, der mir die Macken meines PC erklärt, als hätte ich vier Semester Informatik studiert...

Die Liste lässt sich beliebig erweitern, und natürlich gilt das auch für uns Theologen.

Gender-Sprache und Anglizismen blähen Sätze zu kryptischen Gebilden auf, und bei manchen Vorträgen oder Ansprachen habe ich das Gefühl, das die dort verwendete Sprache zum Nachweis der eigenen Bildung herhalten muss: Bei der intendierten Realisierung der linguistischen Simplifizierung des regionalen Idioms resultiert die Evidenz der Opportunität extrem apparent, den elaborierten und quantitativ opulenten Usus nicht assimilierter Xenologien konsequent zu eliminieren!

Dieser Satz lautet - einfach ausgedrückt: Zur Vereinfachung der Muttersprache erscheint es sehr sinnvoll, nicht so viele schwierige Fremdwörter zu benutzen.

In einfachen Geschichten, die sich in der Lebenswirklichkeit der Zuhörer abspielen, erzählt Jesus vom Reich Gottes. In einfachen Bildern wie Taube, Feuer, Sturm wird uns eine Vorstellung von der Kraft Gottes, dem Heiligen Geist vermittelt, der am Pfingsttag auf die Apostel herabkam. In ihrer Einfachheit gehen die Apostel hinaus in die Welt und werden, vielleicht gerade, weil sie einfache Leute sind, die eine einfache Sprache sprechen, von allen Menschen verstanden.

Vielleicht ist ein Sprachwunder ja ganz einfach?

Ein frohes Pfingstfest wünscht

Michael Anhut, Diakon in St. Maximin, Wülfrath

(RP)
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