Wülfrath Ein Abschied für immer

Wülfrath · In diesem Jahr sagten nicht nur die zukünftigen Erstklässler "Tschüss": Der evangelische Kindergarten in Düssel gehört der Vergangenheit an. Die Leiterin war entsetzt, dass Politik und Ämter die Einrichtung nicht retteten.

 Leiterin Ingeborg Marquardt und die Kinder des Kindergartens verabschieden sich aus Düssel.

Leiterin Ingeborg Marquardt und die Kinder des Kindergartens verabschieden sich aus Düssel.

Foto: Janicki

Generationen von Kindern haben in den verwinkelten Räumen des denkmalgeschützten Fachwerkhauses und in dem idyllischen Garten gespielt, gelacht und gelernt. Die letzte Gruppe muss nun Abschied nehmen, der evangelische Kindergarten Düssel ist Vergangenheit. Der langjährigen Leiterin Ingeborg Marquardt fällt die Trennung sichtlich schwer. Sie entlässt nicht nur die Kinder in eine ungewisse Zukunft, auch ihr eigener Weg hat noch kein konkretes Ziel. "Ich hoffe, dass ich nach den Sommerferien wieder eine Stelle habe", sagt die engagierte Erzieherin. Sie hat die Einrichtung in Düssel 24 Jahre lang geleitet und kann noch immer nicht richtig fassen, dass diese Zeit endgültig vorbei ist.

Nicht vor den Kindern gehen

"Das hier aufzugeben, schmerzt. Es steckt so viel Herzblut in allem. Es tut mir leid, dieses Paradies nicht für die Kinder erhalten zu können." Bis zum letzten Tag begleitet und betreut sie die Kinder. Ihre Kollegin Kornelia Hann arbeitet bereits seit April in einem Kindergarten in Velbert, Ingeborg Marquardt ist geblieben. "Mir war klar, dass ich bis zum Schluss bleibe, denn ich kann mir nicht vorstellen, vor den Kindern zu gehen. Ich habe eine Beziehung zu ihnen und trage Verantwortung." Von den Plänen, den Kindergarten zu schließen, hörte die Leiterin erstmals vor fünf Jahren.

"Das war ein Schock"

"Das war ein Schock" erinnert sie sich. Gemeinsam mit Kollegen, Eltern und der ganzen Gemeinde ergriff sie die Initiative und organisierte einen Protestmarsch, Diskussionen und Petitionen – ohne Erfolg. "Wir hatten immer die Hoffnung, dass es weiter geht. Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, dass Politiker so unnachgiebig und so wenig bereit sind, sich an einen Tisch zu setzen, um Lösungen zu finden." Es ging vor allem um die Kinder aus Wuppertal, für die Wülfrath von der Nachbarstadt einen Zuschuss forderte. Darüber gab es jedoch keinerlei Verhandlungsbereitschaft.

"Besonders erschreckt hat mich der Standpunkt des Ministeriums, es sei den Eltern durchaus zuzumuten mit öffentlichen Verkehrsmitteln zum Kindergarten zu fahren. Dabei blieb völlig außer Acht, was wir hier geleistet haben. Es ging nur ums Geld", sagt Ingeborg Marquardt bitter. Sie bekam viel Unterstützung vom Förderverein, der Projekte wie die Lernwerkstatt und die Installation der Regenwasserpumpe im Garten ermöglicht hat. "Das restliche Geld haben wir in das Abschiedsgeschenk für die Kinder investiert, die jeder eine Trommel bekommen haben." Die Instrumente haben sie beim letzten gemeinsamen Gottesdienst erstmals gespielt. Für Marquardt stirbt mit der Schließung des Kindergartens auch ein lebendiger Teil der Gemeinde. "Wir haben uns an Festen und Gottesdiensten beteiligt und viele, die selbst hier groß geworden sind, trauern." Es ist aber auch ein großer Teil ihres eigenen Lebens, den sie aufgeben muss.

(domi)
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