Mettmann Die wechselhafte Geschichte der Winkelsmühle

Mettmann · Vor mehr als 200 Jahren geriet die Winkelsmühle unter den Hammer. Schuld waren Mann und Schwiegersohn der Witwe Schorn.

 Im Jahre 1387 ist die Winkelsmühle in der Liste der Zehntabgaben an das Stift Kaiserswerth erstmals urkundlich erwähnt. 300 Jahre später soll das Wohngebäude in Kriegswirren abgebrannt sein.

Im Jahre 1387 ist die Winkelsmühle in der Liste der Zehntabgaben an das Stift Kaiserswerth erstmals urkundlich erwähnt. 300 Jahre später soll das Wohngebäude in Kriegswirren abgebrannt sein.

Foto: Album Familie Gerhards

Es war ein zähes Ringen um die Winkelsmühle, damals, vor mehr als 200 Jahren. Ein ums andere Mal mag die Witwe Schorn, der Haus und Hof gehörte, die Männer verflucht haben. Der eigene Gatte starb früh und war offenbar auch schon zu Lebzeiten keine rechte Hilfe. "Weltfremd und wenig arbeitsfreudig" soll er gewesen sein. Ein Müßiggänger eben. So steht es zumindest in den Akten, die mittlerweile im Düsseldorfer Hauptstaatsarchiv lagern.

Und was dort auf mehr als 150 Seiten zu lesen ist, fühlt sich nicht nur nach finanzieller, sondern auch nach menschlicher Krise und Tragödie an. Mittendrin: Die Witwe Schorn, die über Jahrzehnte hinweg nichts als Ärger am Hals hatte. Eine schlaflose Nacht folgte auf die nächste, die Schulden für Haus und Hof machten das Leben zur Qual. "Die vermögensrechtliche Lage machte sie kopflos", bescheinigte auch Chronist Gustav Kuhs der leidgeprüften Frau einen labilen Seelenzustand. Und dann kam auch noch dieses unsägliche Gerichtsverfahren.

Wie so oft ging es wieder mal das liebe Geld, als sich die Churfürstliche Hofkammer zu Düsseldorf anschickte, über ein ganzes Jahrzehnt hinweg einen Prozess zu führen, der nicht nur die Nachbarschaft, sondern auch den Herzog von Berg beschäftigte. Ob der gute Herr Schorn nun ein Feingeist gewesen sein mag oder einfach nur ein Faulpelz, wir werden es nicht mehr in Erfahrung bringen können.

Jedenfalls hatte seine Witwe auch schon zu Lebzeiten die ganze Arbeitslast allein geschultert und ihr Geschick bei Verhandlungen mit Behörden und Gläubigern bewiesen. Und nach dem Tode des Gatten wurde es nicht besser. Denn zu allem Unglück schlug auch noch der Schwiegersohn in die gleiche Kerbe und verpfändete heimlich für eine Geldanleihe den Familienbesitz. Was in aller Welt hat den Mann nur geritten, als er sich an einem frühherbstlichen Septembertag im Jahre 1795 in das Haus des Bevollmächtigten Hersler schlich, um dort hinter dem Rücken seiner Lieben einen Kredit aufzunehmen und die Winkelsmühle als Unterpfand eintragen zu lassen?

Wie so oft in solchen Fällen, blieb die Ratenzahlung für die Kredite aus und die Bank besann sich auf die Immobilie, die ihr als Sicherheit übereignet worden war. So kam es schließlich, wie es kommen musste: Die Winkelsmühle wurde versteigert. Zuvor hatte sich erneut die Witwe Schorn zu Wort gemeldet. Sie hatte sich auf den Weg ins nahegelegene Schöller gemacht, um dem zuständigen Richter ins Gewissen zu reden. Keinesfalls wollte sie, dass Haus und Hof versteigert werden. Vergebens, wie sich schon bald herausstellen sollte. Nachdem die örtliche Presse dazu eingeladen hatte, traf man sich an einem kühlen Januarmorgen des Jahres 1802 im "Becker Hauß auf der Wasser-Kaul", wo die alte Mühle schließlich unter den Hammer kam.

Benninghofen, Birschel, Kemperdik - auf der Liste der Bieter standen keine Unbekannten. Schlussendlich ging der Zuschlag für 10 300 Reichstaler an Adolf Köttgen. "Der ahnte jedoch nicht, welchen Ärger er sich damit ins Haus holen sollte", lässt Chronist Kuhs seine Leser wissen. Denn mit der Versteigerung begann das nächste Kapitel einer unrühmlichen Geschichte um die Winkelsmühle.

Hatte doch lasterhafte Schwiegersohn der Witwe Schorn die Mühle nicht nur als Sicherheit verpfändet, sondern auch noch klammheimlich an den damaligen Müller der Aprather Mühle in Wülfrath verkauft. Nun gab es zu allem Überfluss auch noch zwei Besitzer, die für die gleiche Sache bezahlt hatten. Damit begann eine juristische Papierschlacht, die sich über Jahrzehnte hinziehen sollte und sogar auf dem Schreibtisch des Kaisers landete. Sogar Napoleon soll zwischenzeitlich mit der leidigen Angelegenheit befasst gewesen sein. Schlussendlich wurde die Winkelsmühle Adolf Köttgen zugesprochen, der sie ja bereits ersteigert hatte.

So war also nicht nur die Familie Schorn, sondern auch der Aprather Müller finanziell ruiniert. Und alle hatten Nerven gelassen, weil zwei Männer der Familie Schorn dem Müßiggang frönten und zumindest einem davon auch noch das Geld zu locker in den Taschen saß. Die Witwe selbst war übrigens längst ausgezogen. Vermutlich hatte sie bei dem ganzen Hin und Her die Nerven verloren. Ob sie auch genug von den Männern hatte, ist nicht überliefert.

(magu)
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