Erkrath Der Rektor schließt nach 30 Jahren ab

Erkrath · Der 19. Juli ist der letzte Schultag an der Albert-Schweitzer-Schule. Sie hat zu wenig Anmeldungen. Schulleiter Gerhard Barthel geht mit Wehmut.

Aufbruchstimmung in der Albert-Schweitzer-Schule: In den Fluren und im Lehrerzimmer stapeln sich die Kartons mit Utensilien, die sich in über 30 Schuljahren angesammelt haben. Vor drei Jahren entschieden die Eltern über das Schicksal der einst so beliebten Hauptschule. Als es nur noch 14 Anmeldungen fürs neue Schuljahr gab, war das Ende eingeläutet. "Für eine Eingangsklasse braucht man 18. Die Hauptschule ist eben ein Auslaufmodell", sagt Schulleiter Gerhard Barthel.

 Was nach der Schließung aus dem Gebäude an der Freiheitstraße wird, steht bisher noch in den Sternen.

Was nach der Schließung aus dem Gebäude an der Freiheitstraße wird, steht bisher noch in den Sternen.

Foto: achu

Mittlerweile sind die Schüler von 450 um die Jahrtausendwende auf 103 geschrumpft. Zum Lehrerkollegium gehören noch elf Pädagogen. In Hochzeiten waren es 38. "Am Anfang habe ich noch gedacht, ich wickle einfach ganz professionell eine Schule ab", sagt Barthel, "doch dann machte sich Wehmut breit, bei jedem Teil, das ich einpackte."

Die Erinnerung an 30 Jahre wurde wach, an den Kampf um Sponsoren für die ersten Computer, an die ausrangierten Firmen-Büroschränke, die Barthel für "seine" Schule besorgte, an spannende Kämpfe mit anderen Schulen und um die Abwehr einer Gesamtschule in Erkrath. Barthel war der Kümmerer für viele Tausend Schüler, die vor ihm saßen und Deutsch, Englisch und Geschichte lernten.

Die Albert-Schweitzer-Schule dominierte das Leben des Pädagogen, der gerne zugibt: "Außer der Schule gab es nicht viel für mich, sie war mein Hobby und meine Leidenschaft. Ich bin jeden Tag gerne zur Arbeit gegangen." 1983 kam Barthel als Lehrer aus Hochdahl an die Hauptschule in At-Erkrath. "Sie war eine der ersten Ganztagsschulen", erzählt er, "der Aufbau hat mich gereizt." 1989 wurde Barthel Konrektor und 1995 Rektor. Das Kollegium ist während der Jahrzehnte fast zu einer Familie zusammengewachsen. "Wir hatten eine ganz geringe Fluktuation", sagt er stolz. Die meisten Kollegen müssen, wie er selbst, meist nur noch eine kurze Zeit an eine andere Schule wechseln, bis sie in den Ruhestand gehen. Auch sie wären gerne geblieben: Jetzt müssen sie Tag für Tag mit ansehen, wie ihre Schule leer geräumt wird.

Bis 19. Juli läuft der Unterricht noch ganz normal. Die 35 Jungen und Mädchen der letzten Abschlussklasse werden im "intimen Rahmen" mit rund 100 Gästen verabschiedet. "Früher haben wir immer ganz groß in der Stadthalle mit 350 Leuten gefeiert. Diesmal wird es ganz klein ablaufen, aber sehr sehr schön", weiß Barthel schon jetzt. Sozusagen eine kleine Hommage an das Gebäude an der Freiheitstraße, von dem noch niemand weiß, was daraus wird. Immerhin war die Schule auch Zuhause für die Awo, die VHS, für Sportvereine und die Ercroder Jonges.

"Ich könnte nach dem 19. Juli eigentlich einfach zuschließen und gehen", sagt Barthel. Doch das liegt ihm nicht. Er verabschiedet sich nur beruhigt, wenn er weiß, dass alles, was er mit so viel Mühe für seine Schüler ergattert hat, nach der Schließung in guten Händen ist. "Ich habe alle Schulen zu uns eingeladen und ihnen gegeben, was sie brauchen konnten", sagt er.

Offizielle Abschiede hasst der lockere, sportliche Lehrer. Deshalb haben er und sein Kollegium ihr persönliches Fest schon hinter sich. "Meine Kollegen haben mir einen schönen Tag in Düsseldorf geschenkt. Da haben wir wunderbar gegessen und alte Zeiten aufleben lassen", sagt er.

Ein bisschen freut er sich auch auf die letzten Monate nach den Sommerferien in einer Haaner Schule. "Aber auch danach werde ich auf keinen Fall in ein tiefes Loch fallen", versichert er, "ich werde viel reisen und endlich mal Romane lesen können — statt immer nur Gesetzestexte."

(RP)
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