Mettmann Das Ende der Wallstraße

Mettmann · In den 60er Jahren wurden zahlreiche Häuser in der Innenstadt abgerissen. Mettmann verlor sein typisches Gesicht. Die Stadt kaufte viele Grundstücke. Die linke Seite der Mühlenstraße wurde für den Bau der Kreissparkasse geopfert. Große Widerstände gab es nicht.

 Die Wallstraße wurde komplett vernichtet. Sie bildete den äußeren Ring der Altstadt. Die Wallstraße begann an der Johannes-Flintrop-Straße und endete an der Neanderstraße. Die Anwohner verkauften Häuser und Grundstücke und zogen an die Peripherie.

Die Wallstraße wurde komplett vernichtet. Sie bildete den äußeren Ring der Altstadt. Die Wallstraße begann an der Johannes-Flintrop-Straße und endete an der Neanderstraße. Die Anwohner verkauften Häuser und Grundstücke und zogen an die Peripherie.

Foto: Stadtarchiv

Für viele — vor allem ältere Mettmanner — ist ihre Heimatstadt ein Stück Geborgenheit. Da werden Kindheitserinnerungen wach, Erinnerungen an die Schulzeit, Schützenfeste und Kirmesbesuche. Das erste Rendezvous in den kleinen Gassen der Wallstraße, der Mühlenstraße oder am Pfingstgarten. Mettmann, in seinem Kern, besaß bis in die 50er Jahre eine intakte Altstadt. Kriegszerstörungen gab es kaum. Zugegeben: Einige Häuser hatten viele Jahre, ja Jahrhunderte auf dem Buckel, stammten in ihrer Grundstruktur aus dem späten Mittelalter und mussten dringend saniert werden. Doch der Geist der Zeit hatte (besonders in Mettmann) noch wenig mit Denkmalschutz im Sinn, sondern setzte auf die Moderne, auf Wohnraum mit Zentralheizung, auf ein Bad mit fließend heißem Wasser. Zuschüsse für den Erhalt alter Bausubstanz gab es bereits Ende der 60er und Anfang der 70er Jahre. Ob Anträge von Mettmanner Seite gestellt wurden, ist unwahrscheinlich.

Wohnraum, so berichtet Helmut Kreil, Baas der Aulen Mettmanner, war knapp. Viele Vertriebene suchten und fanden eine neue Heimat in Mettmann. Auch die Menschen aus der Altstadt zogen an die Peripherie, an die Nordstraße, nach West und in die Gottfried-Wetzel-Straße. Dort fanden sie eine neue "Geborgenheit", streiften das Leben in den engen Gassen ab.

Die Verwaltungsspitze und auch die Kommunalpolitik setzten in den 60er Jahren auf ein "modernes Mettmann", das sich endlich vom kleinstädtischen Charakter verabschieden sollte. Es war der Berliner Baudezernent Kurt Schielicke, der "neue Akzente in Mettmann setzen wollte". Es war sein erklärtes Ziel, um "den historischen Marktplatz herum und entlang der Mühlenstraße so viele Häuser wie möglich zu erwerben, um eine einheitliche Stadtsanierung voranzutreiben", heißt es in einem Zeitungsartikel. Schielicke setzte dabei auf Abriss und nicht auf Erhaltung der historischen Bausubstanz. So kam es dann, dass die Häuser der gesamten rechten Mühlenstraße abgerissen wurden. Darunter befand sich auch das sogenannte "Steinenhaus". Es stand an der Stadtbleiche und wurde 1284 vom Ritter Ludewig von Medemen erbaut. Das kräftige Kellergewölbe und die meterdicken Mauern waren mit Bruchsteinen auf gewachsenem Feld errichtet. Es musste — so wie viele Häuser an der Mühlenstraße — dem Neubau der Kreissparkasse weichen. Doch damit nicht genug. Dem Abriss-Wahnsinn der damaligen Zeit fielen die gesamte Wallstraße und der Königshof zum Opfer. Um es klar zu sagen: Mettmann wurde damals seiner gewachsenen mittelalterlichen Struktur beraubt. Zumindest in großen Teilen. Und weil man mit historischem Bewusstsein aber auch gar nichts im Sinn hatte, kofferte man den Boden unter dem Bauernhaus, dem Königshof, aus und zerstörte somit sämtliche Bodendenkmäler aus fränkischer Zeit. Ein Stück Mettmanner "Geborgenheit" war unwiederbringlich verschwunden. (wird fortgesetzt)

(RP/jul)
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