Bundestagswahl im Kreis Mettmann Handwerk prüft Mundwerk: Kandidatencheck

Mettmann · Die Kreishandwerkerschaft Mettmann diskutiert mit Bundestagskandidaten über Klima und Wirtschaft. Manche Politiker-Floskeln entlarven die Zuhörer als „uralt“.

 Auf dem Grill der Kreishandwerkerschaft: die Bundestagskandidaten zahlreicher Parteien.

Auf dem Grill der Kreishandwerkerschaft: die Bundestagskandidaten zahlreicher Parteien.

Foto: Dirk Neubauer

Ganz in der Ecke steht das Motto des Abends: „Bei uns zählt nicht, wo man herkommt. Sondern wo man hinwill.“ Für die Damen und Herrn vorn im Saal ist das geklärt: Berlin, Bundestag – denn von CDU bis AfD hat die Kreishandwerkerschaft Mettmann am Mittwoch sämtliche Bundestagskandidaten aus dem Kreis Mettmann eingeladen. Manche, so wie CDU-Nord-Grande Peter Beyer, können nicht kommen, weil parallel der Bundestag über wichtige Themen entscheidet. Anderen ist die AfD ein Grund zur Absage. Für die Anwesenden gilt: Handwerk prüft Mundwerk.

Dabei bekommt CDU-Mann Klaus Wiener zu hören, dass die Meister und Gesellen manche Floskeln schon nicht mehr hören können: „Seit 30 Jahren reden Sie von Bürokratieabbau – die CDU ist doch an der Regierung.“ Digitalisierung, Klimaschutz – hätte man alles schon machen können. Der heimliche Shooting-Star im Südkreis, Bäcker Roland Schüren, hingegen weiß, was er den Zünften schuldig ist: „Sie werden sehen, grüne Wirtschaftspolitik ist gar nicht so schlimm wie Sie denken,.“

Die beiden FDP-Kandidatinnen Nicole Burda (Süd) und Jessica Denné-Weiß (Nord) müssen erklären, wie sich die FDP eine Rentenreform vorstellt: „Zwei Prozent des Jahreseinkommens sollen in einen staatliche gemanagten Aktienfond eingezahlt werden – so wie in Schweden.“ Wichtig sei ein flexibles Renteneintrittsalter. Da nicken einige Dachdecker im Saal, die nicht wissen, wie sie es mit 70 noch hinauf zum First schaffen sollen. SPD-Kandidat Christian Steinacker hat sich durch eine ganze Reihe von Praktika vorbereitet und streut Häppchen aus der Praxis ein. AFD-Frau Jessica Malisch tut alles, um beim Handwerk zu punkten, und überzieht mit der Ankündigung, die Gewerbesteuer solle abgeschafft werden. Zwischenruf: „Dann nehmen sie den Kommunen doch eine wichtige Einnahmequelle.“

Thema des Abends ist der Klimaschutz. „Dafür müssen Geld in die Hand nehmen“, sagt Ophelia Nick (Grüne, Nordkreis). „Ja das Geld der anderen, Steuergeld“, ätzt CDU-Kandidat Wiener. Das wollen die Grünen nicht auf sich sitzen lassen. Nick verweist darauf, dass der Gesellschaft allein durch das Hochwasser 30 Milliarden Euro an Wiederaufbaukosten entstehen. Und Roland Schüren hat die CDU als Klima-Ignoranten ausgemacht: Ob bei der geknebelten Photovoltaik, beim Abstandsgebot für Windräder oder durch die Änderungen an der Abgabe für erneuerbare Energien – an zahlreichen Stellen habe die CDU dafür gesorgt, dass es eben nicht optimal läuft.

Das wiederum ärgert den Christdemokraten Wiener. Bei Steuern und Bürokratie müssten Unternehmen und Wirtschaft entfesselt werden. Rot-Rot-Grün hingegen wolle immer neue Belastungen. „Wir müssen die Unternehmensteuern senken und Regeln abbauen“, sagt Wiener und viele Zuhörer rollen mit den Augen. Es ist eben die ganz alte Platte.

Einigkeit herrscht darin, dass man das Image des Handwerks heben muss. Meisterbrief statt Studium. Die Mettmanner Realschullehrerin Nicole Burda beklagt, dass nun auch hier die Realschule abgeschafft werden soll: „Dadurch endet auch die sehr gute Vorbereitung auf die Berufswelt, die wir machen.“ Mehr Praktika, mehr und bessere Kontakte zum Handwerk sollen helfen, den Fachkräftemangel zu mildern.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort