Amoklauf endet in Gocher Pizzeria 21-jährige Zwillinge retten Mutter das Leben

Goch/Erkrath · Ein Streit mit Renata P., deren 21-jährige Zwillingstöchter am Freitag Yanquing T. in der Pizzeria ihrer Mutter überwältigten, war der Ausgangspunkts des mörderischen Rachefeldzugs, der am Wochenende ein drittes Todesopfer forderte.

Gastronomin Renata P. mit ihren beiden 21-jährigen Zwillingstöchtern R. und K. Die beiden jungen Frauen wurden bei der Attacke verletzt.

Gastronomin Renata P. mit ihren beiden 21-jährigen Zwillingstöchtern R. und K. Die beiden jungen Frauen wurden bei der Attacke verletzt.

Foto: Facebook

Auch zwei Tage nach dem blutigen Ende des Amoklaufs sprechen die Anwohner an der Gocher Mühlenstraße vor der Pizzeria über nichts anderes. "Das sind Bilder, die bekommt man nicht mehr so schnell aus dem Kopf", sagt der Nachbar, der am Freitag mit zwei Passanten zu Hilfe geeilt war, nachdem er laute Schreie gehört hatte. Inzwischen steht fest: Der mörderische Amoklauf des geständigen Yanquing T. (48) endete nicht nur in der Pizzeria, sondern war auch sein Ausgangspunkt. 2011 hatte T. dort als Koch gearbeitet und Inhaberin Renata P. so schwer geschlagen, dass er dafür zu 90 Tagessätzen und zur Zahlung eines Schmerzensgelds verurteilt worden war.

Renata P. stammt aus Polen, studierte an der Technischen Universität in Breslau und soll eigentlich Architektin sein. Seit einigen Jahren leitete sie aber die Pizzeria in Goch. Inzwischen sind die Ermittler davon überzeugt, dass der Ex-Koch sich an seiner früheren Chefin ebenso rächen wollte wie an den Kanzleien in Düsseldorf und Erkrath, von denen er sich gegen Renata P. nicht gut genug vertreten sah.

Wäre es den beiden Zwillingstöchtern von Renata P. nicht gemeinsam mit Passanten gelungen, den Angreifer zu überwältigen, hätte Yanquing T. wohl auch seine frühere Chefin getötet. Zeugen schildern, dass die beiden 21-jährigen Zwillinge R. und K. nach dem Angriff stark geblutet hätten. Eine von ihnen musste über das Wochenende im Krankenhaus bleiben.

Die beiden jungen Frauen meldeten sich inzwischen im Internet zu Wort und bedanken sich für die große Unterstützung, die sie in Form von hunderten Nachrichten erhalten hätten: "Soweit ist alles ok. Wir können leider nicht allen schreiben. Danke danke danke!!" Freunde und Bekannte schrieben, wie stolz sie auf die Zwillinge seien.

Yanquing T. brachte am Freitagmorgen zunächst seine kleine Tochter zur Kita, bevor er sich auf den Weg zu der Düsseldorfer Anwaltskanzlei machte, die er für seine juristische Niederlage gegen Renata P. verantwortlich machte. Seine Frau telefonierte noch mit ihm, ihr soll nichts aufgefallen sein. T. war mit einer scharfen belgischen Taschenpistole Kaliber 6,35 mm, einer Reizgaspistole, einem Küchenmesser und einem Klappmesser bewaffnet; die scharfe Pistole versagte sowohl bei dem Überfall in Düsseldorf wie auch später in der Gocher Pizzeria.

Sowohl in der Düsseldorfer als auch in der Erkrather Kanzlei, von der T. sich vergeblich ein Berufungsverfahren in seinem Streit mit Renata P. erhoffte, trat der Ex-Koch bereits vor seinem Rachefeldzug aggressiv auf. In Düsseldorf erschien er mehrfach persönlich, die Erkrather Kanzlei überzog er mit Telefonterror. Bis zum Freitag erschien er den Anwälten jedoch nicht als gefährlich.

Der Erkrather Rechtsanwalt Guido Wacker (43) hat es einem Zufall zu verdanken, dass er noch lebt. Er ist der Inhaber der Kanzlei in Erkrath, in der der Täter die Anwaltsgehilfin Regina H. erschoss und zwei weitere Männer mit Schüssen verletzte. "Ich wäre zu dem Zeitpunkt eigentlich in der Kanzlei gewesen", berichtet Wacker, "und hätte zu Mittag gegessen." Weil aber seine Frau und seine Tochter ein Problem mit ihm besprechen wollten, ist Wacker spontan nach Hause gefahren — kurz darauf drang Yanquing T. in die Räume am Neuenhausplatz ein.

Wacker kümmert sich seitdem rund um die Uhr um die Angehörigen, die Betroffenen und die Schäden. "Ich bin noch nicht einen Moment zum Nachdenken gekommen", sagt er, "daher kann ich gar nicht sagen, wie es mir geht — das kommt wahrscheinlich später." Seinem Kompagnon, der im Rollstuhl sitzt, gehe es inzwischen wieder besser. Ihm hatte der Täter mit den Worten "Dich töte ich nicht, weil du schon behindert bist" in den Bauch geschossen.

(RP)
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