Lebensalltag in der Corona-Epidemie Das Leben trotz Corona genießen

Mettmann · Die neue Normalität beinhaltet das unabsehbar lange Leben mit der Pandemie. Bisher Ungewohntes wie der verpflichtende Schutz für Nase und Mund verschwindet nicht schnell. Die meisten tragen es mit Fassung.

 Sigrid Hass (aus Mettmann) freut sich darüber, dass die Eisdielen wieder geöffnet haben.

Sigrid Hass (aus Mettmann) freut sich darüber, dass die Eisdielen wieder geöffnet haben.

Foto: "Köhlen, Stephan (teph)"/Köhlen, Stephan (teph)

Das Leben mit Mund-Nase-Bedecker ist ungewohnt. Brillenträger klagen, dass die Gläser beschlagen. Wer eine der begehrten FFP2-Masken ergattern konnte klagt, wie schlecht sich dahinter Luft holen lässt. Doch auch, wenn das Utensil die meisten Leute nervt, wird es anstandslos getragen.

Beispielsweise beim Friseurbesuch. Nach sechs Wochen Zwangsverwilderung stürmen die Leute die Friseurläden. „Ich bin ein Glückspilz“, freut sich Mirjam Götz darüber, einen Termin ergattert zu haben. Neuerdings ist das Drumherum beim Friseurbesuch – nicht nur wegen der Maske – anders. „Zunächst habe ich mir die Hände desinfiziert“, beschreibt sie das typische Prozedere, „dann in eine Liste eingetragen und wurde dann zu einem Platz geführt.“ In den typischen Sound von Föhn und Scherengeklapper kommt nun „durchgängiges Telefongeklingel“, über das sich die Friseurmeister freuen. Hinter vorgehaltener Hand aber wird geschimpft, denn ineinandner verzahntes Arbeiten ist wegen der Hygiene- und Abstandsregeln unmöglich – was sich in der Bilanz zeigen wird. „Ich fand es komisch ohne Kaffee“, erinnert sich Mirjam Götz. „Und ich konnte auch nicht lesen, was bei Königs los ist“, denn Illustrierte sind derzeit tabu. „aber es ist wie es ist und da hilft kein Jammern“, sagt die Mettmannerin. „Ich bin froh, dass ich jetzt wieder eine vorzeigbare Frisur habe.“

Ob Einkauf im Supermarkt, Gang zum Geldautomaten bei der Bank oder Schlange stehen vorm Stoffgeschäft: in vielen Farben und Ausformungen prägen Gesichtsschützer das Bild. Der Corona-Blues ist spürbar im Wonnemonat Mai, eigentlich der Zeitpunkt für Hochzeitswillige.

„Auch heute findet eine Trauung statt“, wie Franca Calvano aus dem Büro der Wülfrather Bürgermeisterin berichtet. Allerdings ist das fast ein Alleinstellungsmerkmal: In der Corona-Krise haben zwei Paare ihren Termin komplett abgesagt, zwei Paare haben den Termin ins Jahr 2021 verschoben, drei Paare haben den Termin auf spätere Monate diesen Jahres verschoben, zitiert sie die Bilanz. Die Trauungen finden zur Zeit nur im Trauzimmer des Rathauses statt und nicht in den Außenstellen – hier ist genug Platz für das Brautpaar und maximal vier Gäste. Gratuliert wird mit einem herzlichen Lächeln. Die Trauung wird wie immer zelebriert, dauert 20 bis 25 Minuten und behält damit ihre Individualität., mit einer Einschränkung: „Nur Sektempfänge gibt es im Moment nicht“, sagt Franca Calvano.

Endlich wieder ein bisschen sportliche Betätigung, freuen sich Erkraths Boule-Spieler – und werfen im Bavierpark nun wieder ihre Kugeln in den Sand. Abstand halten ist bei dieser beliebten Breitensportart nun wirklich kein Problem, daher fühlt sich das für die Spieler schon fast wieder wie Vor-Corona-Alltag an. Aber für einige Erkrather bleibt der Alltag trotz der Lockerungen schwierig, wie Erkraths Behindertenbeauftragte Marion Kremerius berichtet, die selbst an Multipler Sklerose erkrankt ist und seit 15 Jahren eine Selbsthilfegruppe führt. „Wir sind rund 50 Mitglieder, die seit dem Lockdown in einer WhatsApp-Gruppe zusammen geschlossen sind. Jeden Vormittag schicken mir alle ein ‚Daumen-Hoch‘-Emoji, damit ich weiß, dass es ihnen gut geht.“ Wenn jemand das mal vergisst, ruft sie an und fragt nach.

Eine Gruppe, die besonders von der Pflicht betroffen sind, Nase und Mund in Geschäften oder beim Arztbesuch zu bedecken, sind Menschen mit Höreinschränkungen. „Sie können nicht mehr von den Lippen ablesen. Selbst Menschen, die ‚nur‘ schwerhörig und nicht vollständig gehörlos sind, haben Probleme durch die von Masken gedämpfte Aussprache.“

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