Meerbusch Zweites Umspannwerk für Osterath?

Meerbusch · Die Bundesnetzagentur hat bei der Expertenanhörung zum Konverter vor einer Gesetzesänderung gewarnt. Die Folge könne sein, dass in Osterath neben einem Konverter ein zweites Umspannwerk gebaut werden muss

Meerbusch: Zweites Umspannwerk für Osterath?
Foto: Heveling

Der Präsident der Bundesnetzagentur, Jochen Homann, hat bei der Expertenanhörung vor dem Wirtschaftsausschuss des Bundestages eindringlich vor einer vom Bundesrat geforderten Flexibilisierung der Netzverknüpfungspunkte gewarnt. Sonst komme es womöglich zu der Situation, dass in Osterath nicht nur ein Konverter, sondern auch noch ein zweites Umspannwerk gebaut werden müsse. Andere Experten sprachen sich hingegen deutlich für eine Änderung des Gesetzesentwurfes aus, der nächste Woche im Bundestag verabschiedet werden soll. Unsere Zeitung dokumentiert die Stellungnahmen der Sachverständigen im Wortlaut.

Meerbusch: Zweites Umspannwerk für Osterath?
Foto: Röse

Frage des energiepolitischen Sprechers der FDP-Bundestagsfraktion, Klaus Breil: Welche Möglichkeiten bestehen im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung, alternative Standorte für Konverteranlagen einzubringen?

 Das Umspannwerk von Amprion am Ingerweg in Osterath ist der viel diskutierte Netzverknüpfungspunkt. Jochen Homann, Präsident der Bundesnetzagentur, sprach sich noch einmal deutlich gegen eine Flexibilisierung aus.

Das Umspannwerk von Amprion am Ingerweg in Osterath ist der viel diskutierte Netzverknüpfungspunkt. Jochen Homann, Präsident der Bundesnetzagentur, sprach sich noch einmal deutlich gegen eine Flexibilisierung aus.

Foto: Boris Schmidt

Jochen Homann, Präsident der Bundesnetzagentur: Das Gesetz sieht die Flexibilität bei den Nebenanlagen vor. Deswegen ist die Diskussion in Meerbusch-Osterath ein Stück weit schief, weil der Konverter natürlich nicht grundstücksscharf feststeht. Die genaue Lage eines Konverters wird sich im weiteren Verfahren, am Ende im Planfeststellungsverfahren, herausstellen. Da kann man auch mit Stichleitungen etliche Kilometer — nicht nur die zehn Kilometer, die da gelegentlich im Gespräch sind — entfernt vom Umspannwerk den Konverter hinstellen. Wenn Sie an der Stelle weitergehen bei der Flexibilisierung, fürchte ich, werden wir am Ende zurück auf Null landen. Dann wird der Bedarf insgesamt in Frage gestellt, so dass man sich dann in Meerbusch-Osterath möglicherweise darüber unterhalten muss, ob man noch ein zweites Umspannwerk außer dem Konverter hinstellt, um die Flexibilisierung überhaupt hinzukriegen. Deshalb werbe ich sehr dafür, dass wir die Flexibilisierung da erhalten, wo sie notwendig ist: bei den Nebenanlagen. Und dass wir aber bei der Verbindlichkeit bleiben, wo diese auch notwendig ist: bei den Umspannanlagen, also bei den Netzverknüpfungspunkten.

Christoph Dörnemann, Amprion, Leiter Asset-Planung Auf den Gesetzesentwurfstext bezogen hat sich unser Unternehmen so geäußert, in der Begründung (des Gesetzes, die Red.) darzulegen, dass es eine Flexibilisierung im Hinblick auf den Ausbau direkt am konkreten Standort gibt. Das kann die Lösung sein, die Herr Homann gerade dargestellt hat. Wir haben rein aus technischer Sicht insofern argumentiert: Wenn wir den Konverter über zehn oder 15 Kilometer verschieben an einen anderen Standort mit zusätzlichen Stichleitungen, dann kann es ja durchaus sein, dass da an einem Punkt (ein anderer Netzverknüpfungspunkt näher liegt). Man kann die netztechnische Gleichwertigkeit nicht infrage stellen. In diesem Zusammenhang kann man dann über die Einbindung der Öffentlichkeit in den nachfolgenden Verfahrensschritten versuchen, einen Standort zu finden. Dass das nicht immer mit vollständiger Akzeptanz geht, das wissen wir aus anderen Leitungsbauvorhaben. Aber zumindest muss ein transparentes Verfahren vorliegen, um die Beteiligten einbinden zu können.

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Frage des energiepolitischen Sprechers der SPD-Bundestagsfraktion, Rolf Hempelmann: Wir alle verfolgen die Auseinandersetzung um den Doppel-Konverter in Osterath. Es gibt Forderungen nach einer Flexibilisierung...

Gernot Schiller, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, Partner der Sozietät "Redeker, Sellner, Dahs": Meiner Meinung nach ist eine Flexibilisierung sinnvoll. Alle sind sich einig, dass die Anfangs- und Endpunkte (der geplanten Stromautobahnen, die Red.) zurzeit verbindlich sind. Ebenso unstreitig ist aber auch, dass es keine parzellenscharfe Standort-Festlegung für die Anfangs- und Endpunkte gibt. Die Frage ist: Kann man einen Netzverknüpfungspunkt kleinräumig verlagern, zum Beispiel in Nachbargemeinden? Das kann ja doch mal erforderlich sein, weil der Netzbetreiber keine geeignete Fläche findet in der Gemeinde, die als Netzverknüpfungspunkt genannt wird. Die Bundesnetzagentur sagt: Gleichwohl könne man eine Stichleitung beim Doppel-Konverter bauen. Da ist im Einzelfall dann doch eine Flexibilität möglich. Da muss man dann doch mal einen Blick in die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Bedarfsplan für Straßen werfen. Da gab es mal eine Entscheidung zum Frankenschnellweg, wo genau das Problem aufgetaucht ist: Der Anfangs- und Endpunkt waren festgelegt, aber die konkrete Trasse im Planfeststellungsverfahren ist abgewichen von der zeichnerischen Darstellung im Bundesbedarfsplan. Und da hat das Bundesverwaltungsgericht gleichwohl gesagt: Nein, das ist das gleiche Vorhaben. Und deshalb ist die Bindungswirkung der Planfeststellung nicht entfallen. Das Bundesverwaltungsgericht hat das ausdrücklich damit begründet, dass Anfangs- und Endpunkt gleich geblieben sind. Das heißt aber: Wenn wir jetzt räumliche Änderungen haben, dann besteht die Gefahr, dass die gesetzliche Bedarfsfestlegung entfällt und wir im Planfeststellungsverfahren wieder von vorne anfangen. Deshalb halte ich es für sinnvoll, dass das klargestellt wird durch den Gesetzgeber: dass eine Verlagerung des Netzverknüpfungspunktes sinnvoll ist, wenn die gleiche Netzfunktion erhalten bleibt. Das sollte im Gesetzentwurf nachgebessert werden. Es ist sinnvoller, das im Gesetzestext als in der Gesetzesbegründung zu machen.

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Frage des energiepolitischen Sprechers der SPD-Bundestagsfraktion, Rolf Hempelmann: Können Sie uns mal exemplarisch am Beispiel Osterath darstellen, wie der berechtigte Wunsch der Öffentlichkeit nach Transparenz und Beteiligung erfüllt wird und wie sichergestellt wird, dass es eine offene Standortsuche gibt. Und: Welche Relevanz hat das Suchkriterium "Nähe beziehungsweise Ferne zur Wohnbebauung"?

Christoph Dörnemann, Amprion, Leiter Asset-Planung Sie haben mich nach dem "Exempel Osterath" gefragt. Osterath ist kein Exempel. Osterath ist eines von vielen Projekten, es ist aufgrund durch von meinem Unternehmen auch eingestandenen Kommunikationsfehler sicherlich in eine Diskussion geraten, in die es so nicht gehört. Denn Konverterstandorte werden nicht nur für Osterath, sondern auch für andere Standorte diskutiert. Beispielsweise plant Amprion eine Leitung Richtung Belgien, und in einem anderen Bereich ist dort sehr offen mit dem Stadtrat, mit der kommunalen Verwaltung die Frage eines solchen Standortes diskutiert worden. Wir haben in Osterath das auch so gehandhabt. Wir sind in der jetzigen Diskussion mit allen Ebenen unterwegs zu diskutieren. Nur darf man eines nicht vergessen: In der zeitlichen Abfolge des Bundesbedarfsplans kann man die kommenden Schritte, bei denen es dann auch um Artenschutz oder Emissionsschutz geht, nicht alle vordiskutieren. Die weiteren Diskussionen kommen jetzt erst. Und da ist eine ganze Menge an Aufklärung noch erforderlich. Beispielsweise das Wort Doppel-Konverter ist insofern schon irreführend, dass es nie einer wird. Das ist ein einfacher. Diese Kommunikationsproblematiken müssen wir jetzt aufarbeiten. Das Abwägungskriterium "Nähe Wohnbebauung" ist eines von vielen, wobei am Ende die Entscheidung, was gebaut werden darf und wo das gebaut werden darf, ja nicht die Entscheidung des Unternehmens ist, sondern der verfahrensführenden Behörde.

(RP/ila)
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