Meerbusch Wohnungen in Minuten überflutet

Düsseldorf · Starkregen-Bilanz: Die Meerbuscher Wehr erlebte am Freitag eine harte Bewährungsprobe und fuhr 140 Einsätze. In Bovert lief ein Regenrückhaltebecken über, Wasser flutete knietief in Wohnungen. Anwohner erheben schwere Vorwürfe gegen die Stadt.

3. Juli: Unwetter in NRW
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Irmtraud Moewert saß gemütlich beim abendlichen Fernsehprogramm in ihrer Erdgeschosswohnung, als ihre Katze unruhig wurde. Dann hörte sie ein Gurgeln. Sekunden später schoss auch schon das erste Wasser unter dem Türspalt hervor — und stieg rasant.

Als die Osteratherin nachsehen wollte, ließ sich die Wohnungstür bereits nicht mehr öffnen. Der Wasserdruck war zu stark. "Ich bin dann durchs Fenster geflüchtet", sagt die Mieterin sichtlich erschüttert. Ihre Katze konnte sie retten und den Strom abstellen. Die Wohnungseinrichtung wurde binnen Minuten von einer braunen Brühe ruiniert.

Seinen Ursprung hatte das Unglück im benachbarten Rückhaltebecken Am Mühlenbach. Das ist eigentlich dafür ausgelegt, das Regenwasser der kompletten Nachbarschaft aufzunehmen. Doch zwei Starkregen mit bis 50 Liter pro Quadratmeter kurz hintereinander konnte das Becken am Freitag nicht verkraften.

Es lief gegen 18.30 Uhr über. Binnen Minuten ergossen sich zehntausende Liter Wasser in die benachbarten Häuser, Garagen und Gärten. Der Schaden dürfte in die zehntausende Euro gehen. In der Nachbarschaft regt sich Wut auf die Stadt. Denn das Überlauf-Risiko ist in der Verwaltung bekannt. Bereits im August 2006 hatte das Becken die Regenmengen nicht verkraften können, und die Flut schwappte in die angrenzenden Gebäude.

Irmtraud Moewert erhielt damals "nach viel hin und her eine kleine Zahlung der Versicherung", musste ihre Mietwohnung renovieren lassen, kaufte neue Möbel. Jetzt kam das Wasser wieder. Diesmal höher.

Da die Feuerwehr überlastet war, griffen die Nachbarn zur Selbsthilfe. Schnell sind Pumpen angeworfen, die das lauwarme Wasser aber nur in Gartenschlauch-Geschwindigkeit auf die Straße befördern. Immer noch besser als gar nichts tun, meint Familie Keysers, deren Garten nun einem riesigen Teich gleicht.

Die Hilfsbereitschaft der Nachbarn erweist sich als wichtiger Rückhalt. Anwohner helfen den Betroffenen zu retten, was noch zu retten ist. Fotoalben, Pappkartons mit Urkunden werden tropfend aus knietief gefluteten Wohnungen und Garagen getragen und in Sicherheit gebracht. Die braune Brühe darf nicht auch noch die Erinnerungen vernichten. Auch Kinder und Jugendliche packen mit an.

Um 20.37 Uhr, gut zwei Stunden nach dem Überlaufen, trifft das erste Fahrzeug der Osterather Feuerwehr ein, ein weiteres folgt bald. Angesichts hunderter Notrufe machen die Geschädigten den Feuerwehrleuten keinen Vorwurf. Die Helfer verlegen gleich armdicke Schläuche, bereiten Pumpen vor.

Doch wohin mit den Wassermassen? Der Kanal ist voll. Vorsichtig lässt die Wehr das abgepumpte Nass daraufhin den Rinnstein der Straße hinunterfließen — man will ja nicht noch weitere Flutschäden riskieren. Es wird eine Arbeit von Stunden.

Die Anwohner stehen in kleinen Gruppen beisammen und sprechen über das Unglück. Immer wieder macht die Frage die Runde: Warum hat die Stadt nicht einen Teil des Wassers in den nahen Meerbuscher Wald abgelassen? Warum ist nach dem letzten Überlauf offenbar nichts passiert? Und wie lange wird es diesmal dauern, bis die Versicherung zahlt?

Irmtraud Moewert will nicht mehr hinsehen. Sie fährt erstmal mit ihrer Katze weg. Ins Trockene.

(RP)
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