Meerbusch Wir haben keine Schmerzliste

Düsseldorf · Zum Jahreswechsel sind viele Verwaltungsstellen verwaist. Bürgermeister Dieter Spindler hält die Stellung , er nutzt die Lücke im Terminkalender, um endlich einmal alle Schriftstücke zu lesen, die übers Jahr liegen geblieben sind. Derweil werden sich sie Fraktionen jetzt mühsam in den neuen Haushalt einzulesen versuchen. RP-Redakteurin D. Schmidt-Elmendorff sprach mit dem Bürgermeister über das zurückliegende Jahr und kommende Herausforderungen.

RP: Was sind für Sie im Rückblick die Glanzlichter des Jahres 2006?

Spindler: Ein Glanzlicht, was wenig Außenwirkung erregt, ist, dass es uns gelungen ist, den ersten Haushalt im NKF-Verfahren aufzustellen. Erstmals wurde damit eine Bewertung des gesamten städtischen Vermögens vorgenommen. Das war eine tolle Leistung, denn das musste alles nebenbei gemacht werden. Neben den städtischen Flächen und öffentlichen Gebäuden musste ja auch das gesamte Inventar komplett aufgenommen werden.

Ansonsten freue ich mich, dass wir im Strümper Busch einen ordentlichen Schritt weiter gekommen sind. Wir erlebten, dass es angenommen wird, das war anfangs nicht sicher.

Ich freue mich auch, das wir in Osterath mit dem Ostara-Gelände weiterkommen, da die Industrie-Brache wahrlich keine Augenweide ist. Wir werden noch im einzelnen abstimmen müssen, was das an Geschäften hinkommt. Wir müssen einfach zusehen, dass Kaufkraft nicht weiter abfließt. Wenn die Chance besteht, dies mit einem Frischemarkt zu verhindern, sollte man das gutachterlich prüfen.

RP: Weniger als Glanzlicht wird die misslungene Wiederwahl Nowacks erscheinen. Warum verzichten Sie beider Stellenausschreibung auf eine Mindestqualifikation?

Spindler: Weil wir mit großer Mehrheit im Rat gesagt haben, dass wir nicht von vorneherein bestimmte Leute ausschließen sollten. Es geht ja um eine wichtige Weichenstellung. In der Ausschreibung wird allerdings eine ausreichende Erfahrung im technischen Bereich verlangt. Warum sollte ich mir die Chance nehmen, mir einen möglicherweise interessanten Kandidaten anzusehen, der aber nicht dem vorgefassten Bild entspricht?

RP: Die CDU hat mit Ihrer Budenstadt einen alten Traum von Ihnen aufgegriffen, den Dr.-Franz-Schütz-Platz zu beleben. Ist das auch mal mit der Werbe- und Interessengemeinschaft abgestimmt worden?

Spindler: Ich kann mir vorstellen, dass es gelingt, zu einer Belebung des Platzes zu kommen, wenn es gelingt, attraktive Anziehungspunkte zu finden, in Form eines Brauereiausschanks oder eines Cafes. Wenn es gelingt, die Aufenthaltsqualität zu verbessern und den Markt nach vorne zu bringen. Der ist zurzeit etwas unglücklich von Autos eingerahmt. Wir sehen das jetzt an der Winterwelt, das funktioniert sehr gut. Obwohl wir erstmals die Zufahrt von der Dorftstraße gesperrt haben, ist da regelmäßig etwas los. Aber sollten da auch Geschäfte geplant werden, werden wir das noch mit der Werbegemeinschaft besprechen.

RP: Wenn man die Rede des Kämmerers liest, bekommt man den Eindruck, Meerbusch ist eine Stadt im "Prekariat". Welche "Liste der Grausamkeiten" verbirgt sich hinter dem Satz "wird werden den Kurs der konsequenten Reduzierung des Ausgaben fortführen"?

Spindler: Wir haben keine Schmerzliste wie die Stadt Neuss. Mit Ausnahme von Düsseldorf stellen ja alle Städte mit NKF fest, dass sie in den kommenden Jahren Schwierigkeiten bekommen werden. Wir haben je schon in erheblichem Maße Einsparungen vorgenommen: Die Personalkosten sind seit 2004 stark heruntergefahren worden, auch jetzt haben wir eine halbe Million Euro weniger veranschlagt. Wir haben einen immer noch sehr guten Unterhaltungsstandard, was Gebäude, Grünflächen und Straßen angeht. Wir müssen sehen, ob wir den halten können und ob wir in der Verwaltung noch effizienter arbeiten können, indem wir Verwaltungsstellen zusammenfassen.

RP: Haben Sie auch in diesem Jahr pauschale Kürzungen geplant?

Spindler: Die von 2006 sind auch in diesem Jahr stehen geblieben. In einigen Bereichen haben sich die Kürzungen als nicht machbar erwiesen. Wie zum Beispiel bei den Energiekosten. Das kriegt man nicht hin, wenn einem die Preise davonlaufen.

RP: Was ist in Bezug auf Investitionen das "absolut Notwendige"?

Spindler: Der Großteil sind Straßen und Kanäle. Hier ist es auch vertretbar, Schulden aufzunehmen. Das sind rentierliche Schulden, weil sie durch Gebühren refinanziert werden. Anders, als wenn man eine Sportstätte baut, die dann nur noch Unterhalt kostet. Im Hochbau haben wir vor, die Feuerwehr in Bösinghoven auszubauen. Wenn man nur freiwillige Kräfte hat, muss man auch dafür sorgen, dass sie ordentliches Gerät und Gebäude haben, damit die Leute auch gern aktiv bleiben. Sonst müssten wir eine Berufsfeuerwehr einrichten. Das wäre auch unter Kostenaspekten nicht so wünschenswert. Und wir werden weiter in Schulen investieren. Die Offene Ganztagsschule ist ein Renner. Unsere Auffassung, das unsere Schulen das sofort anbieten müssten, hat sich als wahr herausgestellt. Ich gehe davon aus, dass wir insgesamt zu mehr Ganztagsunterricht kommen. Die Frage ist, ob es daher wirtschaftlich noch darstellbar bleibt, für den Nachmittag komplett einen neuen Arbeitplatz für die OGATA zu schaffen. Wir werden die Schulgebäude mittelfristig nicht in zwei völlig abgetrennte Bereiche aufteilen können.

(RP)
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