Jubilar aus Meerbusch 90 Jahre zuhause in Osterath

Osterath · Willi Hußmann feiert am Sonntag seinen runden Geburtstag. Noch immer lebt er in seinem Geburtshaus am Hoterheideweg. Gefeiert wird im Vereinsheim des OSV.

 Willi Hußmann ist gerne in seinem Garten. Den Rasen mäht er aber mittlerweile nicht mehr selbst.

Willi Hußmann ist gerne in seinem Garten. Den Rasen mäht er aber mittlerweile nicht mehr selbst.

Foto: Bretz, Andreas (abr)

England, Frankreich, sogar Japan. Willi Hußmann ist beruflich ganz schön herumgekommen in der Welt. „Aus Japan habe ich damals ein Kofferradio mitgebracht, das war eine Sensation.“ Als Elektriker war der Meerbuscher regelmäßig monatelang im Ausland auf Montage. Aber seine Heimat ist immer Osterath geblieben. „Weil ich mich hier wohl fühle und hier meine Wurzeln habe“, sagt der 89-Jährige. In dem Haus am Hoterheideweg ist er geboren und aufgewachsen, dort lebt er heute noch gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin Anneliese Zöllner. Am Sonntag feiert Willi Hußmann seinen 90. Geburtstag. „Ohne Krawatte, der Hals muss frei sein“, sagt der agile Senior und lacht.

Zum rheinischen Buffet mit Flöns, Mett und Braten hat die Familie eingeladen - dazu gehören neben seiner Partnerin Anneliese seine 86-jährige „kleine“ Schwester Anne, sein Sohn Heinz-Dieter und die Tochter Dorothee, außerdem deren Ehepartner sowie drei Enkelkinder. Gefeiert wird im Vereinsheim des OSV am Krähenacker, rund 40 Gäste werden kommen. „Bis zuletzt war unsicher, ob und wie groß wir überhaupt feiern können“, erzählt der Jubilar. Innerhalb von zwei Wochen wurde die Party dann geplant. „Nach der langen Corona-Durststrecke wollen wir es krachen lassen.“ Schließlich hat sich der Senior während des Lockdowns komplett zurückgezogen.

Dass Willi Hußmann im Vereinsheim des OSV Meerbusch feiert, ist nur logisch: Sein Vater Heinrich hat den Verein im Jahr 1918 mitgegründet, Willi selbst ist seit 1941 Mitglied im OSV und mittlerweile längst Ehrenmitglied. Ihm verdankt der Verein auch das traditionelle Hasenhexen am Neujahrsmorgen, das er als Mitglied im Festausschuss mit initiiert hat. „Das war immer eine wichtige Einnahmequelle für den Verein“, erklärt er. Als junger Mann war Willi Hußmann ein begeisterter Fußballer - „immer im Sturm“ - und Teil der Mannschaft, die es 1958 sogar bis in die Landesliga geschafft hat. „Das war die erfolgreichste Zeit des OSV“, betont er. Mit 28 Jahren hat er das Fußball spielen dann aber sein lassen, weil er bei einer Verletzung seinen Beruf nicht mehr hätte ausüben können. „Das Risiko war einfach zu groß.“ Heute schaut er sich aber immer noch die Kreisligaspiele der OSV-Mannschaft an, sogar alle Auswärtsspiele. „Einen Lieblingsverein in der Bundesliga habe ich nicht“, meint er. „Ich mag einfach alle guten Spiele.“ Und die EM-Auftritte der Deutschen verfolgt er natürlich auch. Gerne erinnert er sich dabei an seinen Besuch beim WM-Spiel 1966 in Birmingham. „Ich war in England auf Montage und habe noch spontan am Schalter Karten für Deutschland gegen Spanien bekommen“, erzählt er. Damals hat Deutschland gewonnen. „Das Tor von Emmerich ist legendär.“

Willi Hußmann, der nicht mehr so gut hören kann, sonst aber fit ist, hat noch im Alter einen neuen Lieblingssport gefunden: Seit 2005 spielen er und seine Partnerin Shuffleboard. Dabei wird eine Scheibe mit einem Stock über eine glatte Fläche geschoben. Kategorien wie Alte und Junge, Männer und Frauen gibt es dort nicht. Allein die Technik zählt. „Mein Vater nimmt noch zweimal im Jahr an Turnieren teil und war bei neun Deutschen Meisterschaften dabei“, erzählt Sohn Heinz-Dieter Hußmann. Sowieso: Sein Vater sei immer sehr gesellig gewesen, mag Urlaub in Deutschland, hat mit Freunden gleich mehrfach den Rotweinwanderweg „durchgearbeitet“ und oft und viel Karneval gefeiert. Und auch mit 89 Jahren darf der regelmäßige Besuch im Chinarestaurant Mikado nicht fehlen.

Wer wie Willi Hußmann seit 90 Jahren lebt, der hat auch viel überlebt. Seine alten Freunde sind längst tot, seine Ehefrau starb vor 28 Jahren. Und dann war da natürlich der Krieg, den er als Kind erlebt hat. Fliegeralarm, Bombenangriffe, Kinderlandverschickung. Doch selbst aus dieser Zeit versucht der 89-Jährige, die schönen Dinge in Erinnerung zu halten. „Unterricht gab es in dieser Zeit selten. Wir mussten stattdessen bei der Ernte helfen und haben für ein paar Pfennige Kartoffelkäfer gesucht“, erzählt er. Und das Abschlusszeugnis nach acht Jahren Volksschule - die war übrigens im heutigen VHS-Gebäude - ist bei einem Bombenangriff verloren gegangen. „Ich hatte das beste Zeugnis“, sagt Hußmamnn und zwinkert. Mit seiner Enkeltochter Alina, die inzwischen als Lehrerin in Seattle lebt, hat der Großvater viel über die Kriegsjahre geredet und sagt: „Trotz Krieg hatten wir Kinder auch Spaß.“

Ob er es nun, als 90-Jähriger, ruhiger angehen lassen will? Vor kurzem ist Hußmann noch aufs Garagendach geklettert, um die Rinne zu säubern. Damit soll jetzt Schluss sein, wie sein Sohn betont. „Langsam wird mein Vater vernünftig.“

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