Meerbusch historisch So war das Leben auf dem Bauernhof

Lank-Latum · Für den Heimatkreis Lank berichtete dessen ehemaliger Baas, Franz-Josef Radmacher, über Veränderungen in der Landwirtschaft. Heute gibt es noch wenige Höfe. Im Vortrag war auch der Denkmalschutz der alten Gebäude Thema.

 So idyllisch wie um 1950 auf dem Ismerhof in Ilverich ging es in der Landwirtschaft selten zu. Wer hier lebte, musste mit anpacken.

So idyllisch wie um 1950 auf dem Ismerhof in Ilverich ging es in der Landwirtschaft selten zu. Wer hier lebte, musste mit anpacken.

Foto: Stadtarchiv Meerbusch/Repro Mike Kunze/Stadtarchiv Meerbusch

Zum Vortrag „Alte Bauernhöfe im Lanker Raum“ hatte der Heimatkreis Lank bereits im vergangenen Jahr eingeladen. Wie so viele Termine aber musste auch dieser verschoben werden. Jetzt aber war es endlich so weit. Und die Gelegenheit, live in der Teloy-Mühle dabei zu sein, wenn Franz-Josef Radmacher über die Typologie, Geschichte, Abhängigkeiten von Grundherren, geografische und historische Besonderheiten sowie über die Gefährdung der Erhaltung und Denkmalwürdigkeit berichten würde, ließen sich rund 50 Interessierte nicht entgehen. „Volles Haus“, stellte Georg Neuhausen als Leiter des Heimatkundlichen Arbeitskreises fest und begrüßte, dass der ehemalige „Baas“ des Heimatkreises sein umfassendes Wissen weitergibt.

Radmacher beleuchtete zum Start das veränderte Bild der Landwirtschaft: „Früher war die Hälfte der Bevölkerung dort tätig, heute sind es in Meerbusch keine zwei Prozent mehr.“ Er zeigte mit Unterstützung von Heimatkreis-Archivar Joachim Beeck anhand von Folien die unterschiedliche Typographie der Bauernhäuser, darunter das Niederrheinische Bauernhaus, und berichtete von der Anordnung in Straßen- und Haufendörfer: „Lank mit Besiedlung rund um die Kirche wäre ein Haufendorf.“ Radmacher – er betont, kein Landwirtschafts-Experte zu sein – erinnerte: „Von der Landwirtschaft allein wurde selten gelebt.“ Er selbst – ehemaliger Studienrat und gelernter Zimmermann – ist in Lank im Zimmermanns-Betrieb seiner Eltern so aufgewachsen. Das Wohnhaus eines Bauernhofs war oft relativ primitiv, wie der Overlackerhof in Lank als sogenanntes Sachsenhaus – größere Anwesen dagegen ein bisschen pompös, wie der Weilerhof in Bösinghoven: „Fränkische Vierkanthöfe, sie zeugten von einem gewissen Hochstand – Beispiel Haus Latum und der Ismerhof in Ilverich.“ Oft geschah alles unter einem Dach – wohnen, schlafen und Viehunterkunft. „Meist konnte man nur im Erdgeschoss wohnen, zweigeschossig war selten.“

Zur Säkularisierung wurden Höfe wegen der bevorstehenden Versteigerung beschrieben. Beispielsweise: „Der Seibthof in Nierst – die Gebäude befinden sich im schlechtmöglichsten Zustand.“ Tafeln mit Skizzen zeigten, wo sich die Vorfahren ansiedelten – in Lank-Latum, Ilverich, Strümp, Ossum, Langst-Kierst, Nierst und Bösinghoven. „Jeder kennt heute die Höfe, die ausgesiedelt wurden und in der Landschaft stehen – sie werden zehn oder zwanzig Jahre vom Bauern genutzt, dann ziehen meist Gewerbebetriebe dort ein.“ Eine Statistik von 1893 schlüsselte die Feldfrüchte auf. Der Weizen war auf 47 Hektar gesät und nahm damit die größte Fläche ein, während Buchweizen nur auf 0,5 Hektar zu finden war: „Später wurde die Fruchtwechselwirtschaft eingeführt. Ein guter Bauer musste sich damit auskennen.“ Heute sind die Landwirte in allen Ortsteilen zum großen Teil auf den Gemüseanbau ausgewichen. Interessant auch eine Aufschlüsselung der Viehhaltung: 1820 gab es 1152 Kühe, 1061 Schweine und 267 Pferde, 1930 waren es 2009 Kühe, 1808 Schweine und 600 Pferde. „Früher hatte jeder ein Schwein zuhause – zum Verwursten“, erklärt Franz-Josef Radmacher. Ein richtiger Bauer hatte Kühe, Schweine und Pferde. Je mehr Pferde da waren, über umso mehr Land verfügte der Bauer. „Mit sechs Pferden war er reich, denn er brauchte je Pferd zwei bis drei Hektar Land für den Futteranbau.“ Heute gibt es weder Kühe noch Schweine: „Pferde sind reichlich da – aber nicht zum Arbeiten, nur für den Freizeitbereich.“

Ab 1961 ging es mit der Anzahl der Höfe bergab – 1929 waren es 222 und 1979 nur noch 87: „Die Bauern muss man heute suchen. Wir sehen noch einige Höfe, aber sie werden meistens nicht mehr bewirtschaftet. Es wäre ein Verlust an Kulturlandschaft, wenn auch sie verschwinden würden.“ Radmacher befürchtet, dass es Höfe irgendwann nur noch in Museen und Schweine im Zoo geben wird: „Urlaub auf dem Bauernhof wird damit noch interessanter.“ Er sieht in die Zukunft: „Ein Haus, das nicht unter Denkmalschutz steht, wird früher oder später abgerissen. Das geschieht auch mit den Bauernhäusern, die keinen Schutz haben. Heute kann man sie noch ansehen und fotografieren.“ Denkmalschutz ist für Bauern ein rotes Tuch: „Sie wollen davon nichts wissen, wollen erhalten, was sie haben, aber selbst darüber bestimmen, und niemand sollte Vorschriften machen.“ Zudem sträubt sich die Stiftung, im Laufe der Jahrzehnte veränderten Höfe als Denkmal anzuerkennen. Franz-Josef Radmacher und Georg Neuhausen betonen: „Die Eigentümer wollen Geld, die Flächen werden heute als potentielles Bauland angesehen. Jeden Bauernhof, der nicht unter Schutz steht, müssen wir abschreiben.“

Mit der Unterschrift bei einer noch bis 31. Dezember laufenden Petition der Deutschen Stiftung Denkmalschutz kann zur Rettung des Denkmalschutzes beigetragen werden.

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