Politik in Meerbusch Diese Frau macht Jugend Lust auf Politik

Meerbusch · Seit Jahren ermuntert Ulla Bundrock-Muhs von der Querkopf-Akademie Mädchen und Jungen, sich für ihre Interessen in Meerbusch einzusetzen. Einige sind mittlerweile in Parteien aktiv. Bekanntestes Projekt ist der Skaterpark in Strümp.

 Ulla Bundrock-Muhs im Garten ihres Hauses, in dem auch die Teilnehmer der Querkopf-Akademie ihre regelmäßigen Treffen veranstalten.

Ulla Bundrock-Muhs im Garten ihres Hauses, in dem auch die Teilnehmer der Querkopf-Akademie ihre regelmäßigen Treffen veranstalten.

Foto: ena

„Tablets für alle Meerbuscher Schüler.“ Diesen Wunsch formulierte ein 15-Jähriger anlässlich einer Aktion zum Weltkindertag in Meerbusch im Jahr 2015. Das Motto damals: „Meerbusch macht sich auf den Weg“. Heute, fünf Jahre später, realisiert die Stadt diese Idee. Auslöser war die Corona-Krise. Der damals 15-Jährige trat später in die SPD ein und kandidierte dieses Jahr für den Meerbuscher Stadtrat.

„Das Beispiel zeigt: Der Rohstoff unserer Gesellschaft ist in den Köpfen der Jugendlichen“, sagt Ulla Bundrock-Muhs. Die Osteratherin hat lange als Lehrerin gearbeitet, ist Mediatorin und Therapeutin und seit 2015 die Frontfrau der Querkopf-Akademie. Die gemeinnützige Unternehmensgesellschaft will junge Menschen stärker in Kommunalpolitik einbinden. Bundrock-Muhs: „Denn dort können sie wirklich etwas bewegen. Aber wir müssen sie auch machen lassen.“

Entstanden ist die Querkopf-Akademie bereits 2007, größtes Förderprojekt in Meerbusch ist „Meerbusch als Modellkommune für Partizipation von Kindern und Jugendlichen“. Auch die Aktion zum damaligen Weltkindertag hatte die Querkopf-Akademie organisiert. „Was ich in all den Jahren beobachtet habe“, erzählt Bundrock-Muhs: „Kinder denken bei ihren Plänen unbewusst immer auch an das Gemeinwohl.“ Deshalb ist es ihr großer Wunsch, ihren „Erfahrungsschatz der vergangenen Jahrzehnte der Meerbuscher Politik zur Verfügung stellen“. Sobald wie möglich möchte sie deshalb den neuen Bürgermeister Christian Bommers um ein Gespräch bitten mit dem Ziel, „Erfahrungen auszutauschen und uns gemeinsam auf den Weg zu machen und die Jugendlichen ins Boot zu holen“.

 Im September überreichte die damalige Bürgermeisterin Angelika Mielke-Westerlage die Baugenehmigung für den Skater- und Bikepark an Ulla Bundrock-Muhs (l.) sowie die Jugendlichen, die von Beginn an dabei waren. Landschaftsarchitekt Ralf Maier (2.v.r) hat den Entwurf erstellt.

Im September überreichte die damalige Bürgermeisterin Angelika Mielke-Westerlage die Baugenehmigung für den Skater- und Bikepark an Ulla Bundrock-Muhs (l.) sowie die Jugendlichen, die von Beginn an dabei waren. Landschaftsarchitekt Ralf Maier (2.v.r) hat den Entwurf erstellt.

Foto: Stadt Meerbusch

In diesem Zusammenhang war in der Vergangenheit auch immer mal wieder ein Jugendparlament für Meerbusch im Gespräch. Konkret geplant wurde ein solches Gremium aber letztlich nie. „Ein Jugendparlament ist eine gute Sache, hat aber in der bekannten Form Schwächen, da es oft keinen Querschnitt der Jugendlichen darstellt“, sagt Bundrock-Muhs. „Es ist mir letztlich zu statisch.“ Sie befürchtet, dass sich dort wieder nur „die ewig Selben“ beteiligen und andere Jugendliche eher abgeschreckt würden. „Ein Jugendparlament könnte aber in Kombination mit einem Round Table funktionieren“, schlägt sie vor. „So hätten bei einzelnen, konkreten Projekten auch die Jugendlichen Mitbestimmungsmöglichkeiten, die sich nicht dauerhaft in einem Parlament engagieren möchten. So würde sich die Zahl der politisch Interessierten deutlich erhöhen.“

Das wohl bekannteste Projekt der Querkopf-Akademie ist der Skaterpark in Strümp. Den wird nun zwar die Stadt als Bauherr realisieren, weil es unter anderem coronabedingte Probleme mit der Finanzierung gab. Die 15 Jugendlichen aus der Skatergruppe aber, die jahrelang für die Anlage gekämpft hatten, sollen weiter beteiligt werden. Bundrock-Muhs: „Ich bin optimistisch, dass die Anlage bald gebaut werden kann. Sie wäre ein Symbol der Stadt Meerbusch dafür, was Jugendliche schaffen können.“

Zuletzt hat die Corona-Krise die Querkopf-Akademie ein wenig ausgebremst. „Unsere regelmäßigen Treffen, die wir ganz oldschool persönlich und in Echtzeit abhalten, sind ausgefallen und mussten digital ersetzt werden“, sagt Bundrock-Muhs. Trotzdem gibt es nun Neuigkeiten:

Ab Januar wird ein 16-jähriger Praktikant in der Querkopf-Akademie arbeiten. Sein Projekt wird eine Art Denkfabrik sein, die sich mit den Fragen beschäftigt: „Wie wollen wir unsere Gesellschaft gestalten? Wie wollen wir in Meerbusch gemeinsam leben?“ In einer rund zweiwöchigen Startphase werden Mitstreiter gesucht und Treffen arrangiert. Später sollen sich die Mitdenker beispielsweise mit Themen wie Mobilität, Wohnformen, Familie und Beruf oder mit dem Zusammenleben von Alt und Jung beschäftigen.

„Ich habe den Eindruck, dass junge Leute durchaus etwas gestalten möchten. Aber sie werden inaktiv, wenn sie nicht wissen, was genau sie tun können.“ Ulla Bundrock-Muhs ist fest davon überzeugt: Auch in Meerbusch würden Jugendliche politisch etwas machen, wenn man sie dazu ermuntern würde. „Aber wir Erwachsenen müssen den Jugendlichen zeigen, was geht und was möglich ist.“ Dann würden sie auch am Ball bleiben, so ihre Erfahrung. Von den ersten Teilnehmern der Querkopf-Akademie etwa sind mittlerweile einige in Parteien aktiv, andere engagieren sich in verschiedenen Projekten oder sind Schüler- und Stufensprecher. Und zuletzt hat ein Querkopf-Team vor der Kommunalwahl ein Rededuell der Bürgermeisterkandidaten organisiert, das im Netz mehr als 8000 Mal aufgerufen wurde und ein Riesenerfolg war. „Das hat mich total gefreut“, so Bundrock-Muhs. „Weil die Kommunalpolitik normalerweise eher stiefmütterlich behandelt wird.“

Seit 1986 lebt die gebürtige Düsseldorferin Ulla Bundrock-Muhs in Meerbusch. „Ich liebe diese Stadt, weil sie so viele Facetten hat, aber alles überschaubar ist.“ Das wüssten auch die Jugendlichen zu schätzen, die aber beispielsweise zum Shoppen lieber nach Düsseldorf fahren würden. Vor einigen Jahren hat die Querkopf-Akademie zum Thema eine Umfrage unter Kindern und Jugendlichen gemacht. Dabei kam heraus, dass das Taschengeld der Meerbuscher Schüler eine enorme Wirtschaftskraft ist. Bundrock-Muhs: „Das ist eine irre Kaufkraft, die der Stadt da flöten geht.“ Dabei würden sich die Jugendlichen durchaus wünschen, in Meerbusch einzukaufen oder ins Fitnessstudio zu gehen. „Aber es gibt nichts.“ Ulla Bundrock-Muhs könnte sich vorstellen, dass die Wirtschaftsförderung das Thema aufgreift. „Es gibt auch hierzu viele Ideen, die aber bislang zu oft versandet sind.“ Dazu gehört auch eine Busverbindung, der Meerbusch-Express, oder ein fester monatlicher Termin, an dem sich ein Meerbuscher Politiker und junge Leute ungezwungen treffen und austauschen können.

Zuletzt hat Bundrock-Muhs eine Umfrage in einer Düsseldorfer Schule zum Thema Corona-Krise gemacht. Der Rücklauf habe bei hundert Prozent gelegen, berichtet sie stolz. Und die Antworten waren sehr aufschlussreich. So hätten etwa viele geschrieben, dass sie die Zeit mit der Familie während des Lockdowns im Frühjahr genossen hätten. Bundrock-Muhs: „So eine Umfrage würde ich auch gerne in Meerbuscher Schulen machen.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort