Meerbusch Trauma nach Einbruch

Meerbusch · Jährlich werden in Meerbusch mehrere hundert Menschen Opfer eines Einbruchs. Mitunter brauchen sie lange, um eine solche Erfahrung zu verarbeiten. Die Polizei und ein Expertennetzwerk bieten ihnen Hilfestellungen.

 Spurensicherung an einem Einbruchs-Tatort. In Meerbusch wurden im vergangenen Jahr 94,7 Prozent der Einbrüche nicht aufgeklärt.

Spurensicherung an einem Einbruchs-Tatort. In Meerbusch wurden im vergangenen Jahr 94,7 Prozent der Einbrüche nicht aufgeklärt.

Foto: Polizeiberatung.de

Die Terrassentür steht offen, auf dem Teppich liegt Erde aus dem Garten. Die Schubladen der Kommode im Wohnzimmer sind aufgerissen worden. Auch drüben, im Schlafzimmer, ist alles durchwühlt, die Schmuckschatulle ist leer. Wer eine solche Szene einmal erlebt hat, ist nicht nur seiner Wertgegenstände beraubt worden, sondern meist auch des Gefühls, in den eigenen vier Wänden sicher sein zu können.

Franz-Josef Rytlewski fragt beim ersten Gespräch mit einem Einbruchsopfer deswegen immer, was die Person tut, damit es ihr besser geht. "Manchen hilft es, in einer Ecke zu weinen oder einen Spaziergang zu machen. Anderen bedeutet das Gespräch mit Freunden mehr", sagt der Kriminalhauptkommissar. Er ist für den Opferschutz bei der Polizei im Rhein-Kreis Neuss zuständig. Immer wieder hat er Fälle übernommen, bei denen die Selbstheilung, wie Rytlewski solche Reaktionen nennt, nicht funktioniert. Einbrüche können traumatisieren und die Opfer brauchen dann dringend Hilfe.

Die Zahl der traumatisierten Einbruchsopfer wird offiziell nicht erfasst. Bekannt sind aber die Einbruchsdelikte: Trotz intensiver Präventionsarbeit der Polizei wurden allein im vergangenen Jahr 207 Wohnungseinbrüche aus Meerbusch gemeldet, im Vorjahr lag die Zahl sogar bei 268. Hinzu kommen noch solche Fälle, bei denen die Bewohner des Hauses oder der Wohnung anwesend waren, als die Einbrecher kamen. Bei einer körperlichen Auseinandersetzung tauchen diese Fälle mitunter als Raub oder Körperverletzung in der Polizeistatistik auf. Sowohl im Jahr 2010 als auch 2011 kam das in Meerbusch jeweils zweimal vor. Alle vier Fälle konnte die Polizei aufklären.

Menschen, bei denen zu Hause eingebrochen wurde, haben nach dem Vorfall oft mit verschiedenen Symptomen zu kämpfen. Diese reichen vom allgemeinen Gefühl, im eigenen Zuhause nicht mehr sicher sein zu können, bis hin zu posttraumatischen Belastungsstörungen in ganz bestimmten Situationen.

Um den Opfern bei der Bewältigung dieser Symptome zu helfen, arbeitet Polizist Franz-Josef Rytlewski eng mit einem ganzen Netzwerk an Experten zusammen. Psychologen, die Trauma-Ambulanzen in Neuss und Krefeld und der Weiße Ring als Verein für Opferhilfe leisten zum Beispiel professionelle Unterstützung.

Robert Bering ist Chefarzt des Zentrums für Psychotraumatologie an der Alexianer-Klinik in Krefeld. Bei ihm suchen immer wieder Einbruchsopfer nach Hilfe. Für Bering steht fest: "Einbruchsopfer sind einem höheren Risiko ausgesetzt, durch die Tat traumatisiert zu werden, wenn sie dem Täter begegnet oder mit ihm in eine körperliche Auseinandersetzung verwickelt worden sind." Doch eine stationäre Behandlung sei nur in sehr wenigen Fällen medizinisch notwendig. "In der Regel können wir Einbruchsopfern mit zehn bis 20 Stunden Psychotherapie gut helfen."

Menschen im Umfeld der Opfer rät er dringend, den Einbruch nicht herunterzuspielen oder die Schuld dafür gar dem Opfer zu geben. "Sätze wie ,Hättest Du mal ein anderes Schloss eingebaut' können Selbstvorwürfe und Schuldgefühle der Opfer verstärken", sagt Bering. Wichtiger sei es, offen und feinfühlig zu sein und dem Opfer konkrete Unterstützung anzubieten.

(RP)
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